Vor dem Hintergrund des Krieges in Israel und Gaza hinterfragen FDP und Grüne die staatliche Zusammenarbeit mit dem Islamverband Ditib. Zuvor hatte bereits der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, den Bundesländern ein Komplettversagen im Umgang mit islamischen Organisationen bescheinigt.
Es könne kein "Weiter so" in der Zusammenarbeit mit Ditib geben, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Denn der größte Islamverband in Deutschland habe sich mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel zum wiederholten Mal nicht klar und eindeutig positioniert. "Da darf es keine Bedenken und Abwägungen geben", erklärte Kaddor, "schon gar nicht von muslimischen Organisationen, die umgekehrt immer wieder von anderen deutlich Solidarität und Beistand im Kampf gegen Islamfeindlichkeit einfordern."
Forderung an Ditib, sich klar zu positionieren
Auch die religionspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sandra Bubendorfer-Licht, übt Kritik. "Wir erwarten eine klare und unmissverständliche Positionierung und Kommunikation der Ditib nach innen sowie nach außen, dass jegliche antisemitische Tendenzen oder Äußerungen, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, nicht geduldet werden", sagte sie der Mediengruppe Bayern. Die Ditib habe sich bisher weder von der anti-israelischen Rhetorik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan noch von antisemitischen Aussagen des Präsidenten der türkischen Religionsbehörde distanziert.
Ditib ist eng mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet verbunden. Der Islamverband habe in vielen Bundesländern Einfluss auf den Islamunterricht, fügte die FDP-Politikerin hinzu. Die Länder sollten diese Vereinbarungen überprüfen: "Wer Terror nicht klar benennt, kann kein Ansprechpartner in der deutschen Bildungspolitik sein."
Beck: "Islampolitik aller 16 Bundesländer ist gescheitert"
Bereits vor wenigen Tagen hat der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, den Bundesländern ein Komplettversagen im Umgang mit islamischen Organisationen attestiert und dabei unter anderem Ditib angesprochen. "Die Islampolitik aller 16 Bundesländer ist gescheitert", sagte der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" in Würzburg. Man dürfe sich nicht länger mit "abgepressten Lippenbekenntnissen" und "wohlfeilen Gesten" der Verbände zum Terrorangriff der Hamas auf Israel zufriedengeben.
Beck sagte, er vermisse bei den Islam-Verbänden in Deutschland "eine aktive Respektierung von Israels Existenz" und die "Bejahung seines Selbstverteidigungsrechtes". Auf die Organisationen müsse mehr Druck ausgeübt werden. Der Moscheen-Dachverband Ditib sei von Ankara gesteuert. Das sei spätestens seit 2016 bekannt, aber nichts sei passiert. "Die Religionspolitik aller Parteien schaut bei solchen Problemfällen um des lieben Friedens willen gern weg."
Als eine weitere "Problemgruppe" nannte Beck die Organisation Samidoun aus dem marxistisch-leninistischen Spektrum der Terrororganisation PFLP. Dazu kämen Gruppen aus dem sunnitischen Spektrum um die Terrororganisation Hamas und "fundamentalistische Gruppen der Hizb ut-Tahrir wie Generation Islam oder Realität Islam".
Am Donnerstag gab Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekannt, dass die Aktivitäten der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und das Netzwerk Samidoun in Deutschland verboten werden. Der deutsche Ableger der propalästinensischen Samidoun werde zudem aufgelöst.
Zentralratspräsident Schuster kritisiert Schweigen von Islamverbänden
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, übte bereits Kritik an der abwartenden Haltung vieler muslimischer Verbände nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel. "Ich hätte mir gewünscht, dass die muslimischen Verbände Hamas ganz klar verurteilt hätten", sagte Schuster der Nachrichtenagentur dpa. "Von da haben wir leider sehr, sehr wenig gehört."
Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in seinem viel beachteten Social-Media-Video. Darin erwähnte er Islamverbände und auch die Umweltbewegung, die sich nicht ausreichend von Judenfeindlichkeit in ihren Reihen distanzieren würden.
Wie Muslime in Bayern organisiert sind
BR24 hat in einem Artikel dargelegt, wie Muslime in Bayern organisiert sind: Die größten drei Verbände sind die Islamische Gemeinschaft "Millî Görüş" (IGMG), der Landesverband der Islamischen Kulturzentren Bayern (VIKZ) und der größte Verband, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz "Ditib". 153 der rund 350 Moscheen in Bayern gehören Ditib an.
Der größte Moscheeverband Bayerns untersteht institutionell der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara. Personalentscheidungen wie etwa die Besetzung der Imame in den Ditib-Moscheen in Deutschland werden in der Türkei gefällt. Der deutsche Ditib-Dachverband sitzt in Köln. Zusätzlich zum Dachverband organisieren sich in Ditib auf bayerischer Ebene auch ein Landesjugendverband, ein Landesfrauenverband und ein Landeselternverband.
Mit Informationen von epd, KNA und dpa
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