Der Gesundheitsausschuss des Bundestags hat sich in einer Expertenanhörung mit den Anträgen für eine Corona-Impfpflicht auseinandergesetzt.
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In wenigen Wochen soll der Bundestag über eine Corona-Impfpflicht abstimmen. Am Vormittag gab es dazu eine Expertenanhörung.

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Ist die Corona-Impfpflicht mit den Freiheitsrechten vereinbar?

Ist die Corona-Impfpflicht mit den Freiheitsrechten vereinbar?

Der Bundestag debattiert, ob eine Corona-Impfpflicht eingeführt werden soll. Eine zentrale Frage: Sind die vorgelegten Gesetzesentwürfe verfassungskonform? In einer Expertenanhörung im Bundestag prallten unterschiedliche Meinungen aufeinander.

Über dieses Thema berichtet: Infoblock am .

Kann der Bundestag jetzt eine Corona-Impfpflicht einführen, um womöglich gefährlichen Infektionswellen im Herbst vorzubeugen? Diese Frage stand im Zentrum der Expertenanhörung im Bundestag. Jurist Josef Franz Lindner von der Uni Augsburg spricht von einer "Impfpflicht auf Vorrat ins Blaue hinein" und hält das für verfassungsrechtlich problematisch. Man wisse nicht, "ob und inwieweit im Herbst eine gefährlichere Welle" komme.

Dem pflichtet Robert Seegmüller vom Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen bei. Er findet, dass die vorliegenden Gesetzentwürfe nicht ausreichend begründen, warum eine allgemeine Impfpflicht nötig ist.

Impfpflicht verfassungsgemäß oder problematisch?

Hauptargument der Befürworter ist, dass ohne eine Impfpflicht eine Überlastung des Gesundheitswesens drohe, zum Beispiel im Herbst, wenn viele Experten mit neuen Corona-Wellen rechnen. "Da fehlt es an der Begründung, warum das drohen soll," entgegnet Seegmüller. Die abstrakte Möglichkeit einer Gefahr reiche für einen Grundrechtseingriff nicht aus.

Es ist ein Dilemma: Niemand kann mit Sicherheit wissen, mit welchen Coronavirus-Varianten es Deutschland im Herbst zu tun bekommt - wie gefährlich das Virus sein wird, wie stark die Welle. Gleichzeitig müsste die Bundesregierung jetzt handeln, um bis zum Herbst die Impfquote und damit den Schutz der Bevölkerung zu verbessern.

Kompletter Impfschutz erst nach vier Monaten

Denn eine umfassende Immunisierung dauert vier Monate, erklärt Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und rechnet es vor: Die zweite Impfung kommt vier Wochen nach der ersten, die dritte drei Monate danach. Die Daten zeigten, dass die Menschen mit drei Impfungen einen sehr guten Schutz vor schweren Erkrankungen hätten, sagt Falk: "Wenn man zu spät beginnt, dann läuft die Zeit davon."

Brinkmann: gefährlichere Corona-Variante nicht ausgeschlossen

Melanie Brinkmann, Virologin an der Technischen Universität Braunschweig, warnt, es sei sehr unwahrscheinlich, dass die jetzige Omikronvariante die letzte Variante sei und ergänzt: "Das ist kein Naturgesetz, dass Viren milder werden und sich abschwächen." Noch lasse sich nicht abschätzen, ob wieder eine gefährlichere Form des Coronavirus komme. Sie appelliert, die Impflücken zu schließen.

Verfassungsrechtler: auch andere Grundrechte beachten

Mit Blick auf mögliche, heftige Corona-Wellen im Herbst hält deshalb Hinnerk Wißmann, Verfassungsrechtler an der Universität Münster, den Gesetzentwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahren sehr wohl für verfassungsgemäß. Die Pflicht sei zwar ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte, der begründet werden müsse. Aber das sieht Wißmann mit Blick auf eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems gegeben.

Die Impfpflicht schütze auch andere Grundrechte, sagt Wißmann. "Natürlich kann man, um die Impfpflicht zu vermeiden, das Land auf Jahre weiter lahmlegen," sagt Wißmann. Das sei aber nicht verhältnismäßig. Ältere Menschen könnten das vielleicht verkraften, aber für einen 15-Jährigen sei jedes Jahr, in dem Bund und Länder zum Beispiel Kontaktbeschränkungen beschließen "ein Anschlag auf die Lebensplanung".

Impfpflicht ab 50 als Kompromiss?

Würde aber statt einer Impfpflicht für alle ab 18 Jahren eine Impfpflicht ab 50 ausreichen, wie es der Vorschlag der Gruppe um den Abgeordneten Andrew Ullmann vorsieht? Auch darüber diskutierten die Experten. Der Gesetzentwurf plant zuerst ein verpflichtendes Beratungsgespräch. Wenn dadurch die Impfquote nicht verbessert wird, soll im zweiten Schritt eine Impfpflicht ab 50 Jahren greifen.

Der Jurist Stephan Rixen von der Uni Bayreuth sieht in diesem Entwurf "großes verfassungsrechtliches Fingerspitzengefühl", weil zuerst ein milderes Werkzeug gewählt wird, um die Impfquote nach oben zu bringen. Nämlich die Beratungspflicht. Wißmann von der Uni Münster warnt hingegen, dass diese Beratungspflicht die Verwaltung stark belasten würde. Er fragt: "Wer soll das machen?"

Uneinigkeit unter Ampelfraktionen

Fünf verschiedene Vorschläge, wie der Bundestag mit einer Impfpflicht gegen das Coronavirus verfahren soll, liegen auf dem Tisch. Es herrscht große Uneinigkeit, auch unter den Fraktionen der Ampelkoalition. Bisher zeichnet sich keine Mehrheit ab. Ob und in welcher Form eine Impfpflicht kommt, ist nach wie vor offen.

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