Flüchtlinge gehen über ein Gelände einer Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber
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Flüchtlinge gehen über ein Gelände einer Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (Symbolbild)

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Ist die Flüchtlingsverteilung in Deutschland unfair?

Ist die Flüchtlingsverteilung in Deutschland unfair?

Dass in Europa Geflüchtete unterschiedlich stark verteilt sind, ist bekannt. Aber das gilt auch für die Verteilung innerhalb Deutschlands. Was es mit dem "Königsteiner Schlüssel" auf sich hat – und wie sich Bayern dazu positioniert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Je mehr Flüchtlinge kommen, desto größer scheint die Belastung der Kommunen zu sein. Daher fordern besonders Stadtstaaten wie Bremen oder Berlin regelmäßig einen neuen Verteilschlüssel innerhalb Deutschlands. Ihr Argument: Auf dem Land sei mehr Platz als in der Stadt.

  • Zum Datenüberblick: Geflüchtete - Wie ist die Lage in Bayern?

Die Krux mit dem Königsteiner Schlüssel

In Bayern aber wehrt sich Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gegen den Vorwurf am Verteilmechanismus – den Königsteiner Schlüssel. Dieser regelt die Verteilung der Migranten in Deutschland und gewichtet dabei die Bundesländer nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl: "Wenn Bremen zuhauf Geld bekommt aus dem Länderfinanzausgleich aus Bayern, dann finden sie den Schlüssel überhaupt nicht unangemessen", sagt Herrmann im BR24-Interview.

Seit Jahren kommen aber auch wissenschaftliche Untersuchungen zum Schluss, dass der Königsteiner Schlüssel ein in Teilen unfaires System ist. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung beispielsweise kritisiert in einer Studie, dass es eigentlich keine Rechtfertigung mehr gebe, den in die Jahre gekommenen Verteilungsmechanismus weiter zu verwenden.

Wer trägt welche Last?

Zwar liegt Bayern mit rund 35.500 gestellten Asylanträgen von Januar bis September dieses Jahres auf Platz zwei aller Bundesländer – nur in Nordrhein-Westfalen wurden mehr Anträge gestellt, wie Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zeigen. Es gilt aber zu bedenken: Bayern ist das größte Bundesland, mit der zweitgrößten Bevölkerung.

Grafik: Wie viele Asylanträge werden aktuell in Bayern gestellt?

Gemessen an der Einwohnerzahl jedoch lebten Ende vergangenen Jahres die meisten Schutzsuchenden – also Asylbewerber im Verfahren aber auch abgelehnte Asylbewerber – in den Stadtstaaten Bremen (6,3 Prozent), Hamburg und Berlin (beide 4,8 Prozent). Zum Vergleich: In Bayern und auch Brandenburg war der Anteil mit 2,8 Prozent deutschlandweit am geringsten. Auf BR24-Anfrage heißt es hierzu vom Statistischen Bundesamt: "Für die räumliche Verteilung von Schutzsuchenden ist der Königsteiner Schlüssel also eher kurzfristig bedeutsam."

Flüchtlinge beispielsweise nach Kriterien wie verfügbarem Wohnraum, Wirtschaftskraft oder freie Arbeitsplätze innerhalb Deutschlands zu verteilen, böten jedoch "zusätzliche Sprengsätze", so der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Uwe Brandl, der selbst aus Bayern stammt. Deswegen halten auch die Ministerpräsidenten am Königsteiner Schlüssel fest.

Bayern: "Brauchen Senkung der Flüchtlingszahlen"

Für den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) führt die Diskussion um die Verteilung innerhalb Deutschlands ohnehin nicht weiter: "Wir brauchen keinen anderen Verteilschlüssel, sondern eine Senkung des Neuzugangs von Flüchtlingen", sagt er. Herrmann fordert unter anderem, die irreguläre Migration mit Grenzkontrollen auch an den EU-Außengrenzen zu senken, ebenso Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber zu reduzieren.

Für die anstehende Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Thema Migration kommende Woche sind die Erwartungen daher groß. Es brauche keine neuen Arbeitskreise oder Beratungsgremien, meint Herrmann: "Der Bundeskanzler hat in den letzten zwei Wochen große Ankündigungen gemacht, dass man neue Entscheidungen braucht, dass deutlich mehr abgelehnte Flüchtlinge Deutschland wieder verlassen müssen. Das sind alles nur Ankündigungen." Die Bundesländer würden jetzt konkrete Entscheidungen und Vereinbarungen erwarten – denn die derzeitige Situation in allen Kommunen sei bundesweit mehr als angespannt.

Grafik: Wie viele Asyl-Erstanträge wurden 2023 in den Bundesländern gestellt?

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