Zur Bundestagswahl am 26. September gilt das neue Wahlrecht. Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Eilantrag der Bundestagsfraktionen von FDP, Linken und Grünen gegen die im Herbst 2020 beschlossene Neuregelung der Sitzverteilung ab, wie es in Karlsruhe mitteilte. Das Gericht will aber die Reform im Hauptverfahren genau prüfen. Die Richterinnen und Richter sehen möglicherweise problematische Punkte (Az. 2 BvF 1/21).
Streit über angewachsenen Bundestag
Zwischen den Parteien herrscht im Grunde Einigkeit, dass der auf 709 Sitze angewachsene Bundestag wieder kleiner werden muss. Ein großes Parlament kostet den Steuerzahler nicht nur mehr Geld, es ist auch weniger arbeitsfähig. Aber über den richtigen Weg dorthin wird seit Jahren gestritten. Eine Kompromisslösung, die alle Parteien mittragen wollten, war in zwei Wahlperioden nicht zustande gekommen.
Opposition sieht sich durch Wahlrecht im Nachteil
Union und SPD setzten im vergangenen Oktober ihre Reform durch: Zur Wahl 2025 soll es weniger Wahlkreise geben. Und: Mandate werden ab sofort in einem komplizierten Verfahren miteinander verrechnet, bis zu drei Überhangmandate werden nicht mehr ausgeglichen.
Linke, Grüne und FDP sehen sich benachteiligt. Große Parteien würden bevorzugt, kritisierte der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns in der Bundestagsdebatte. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann warf der Koalition Wählertäuschung vor. Für den FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle gibt die Reform keine Antwort auf das drängende Problem eines XXL-Bundestags.
FDP, Linke und Grüne hatten gemeinsam einen Alternativentwurf vorgelegt, der nur 250 Wahlkreise vorsah, sich damit aber nicht durchsetzen können. Anschließend hatten sie sich zusammengetan, um in Karlsruhe einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle einzureichen.
- Zum Artikel: "Bundestagswahl 2021 - Auch sie wollen ins Parlament"
Auf die Stimmabgabe der Bürgerinnen und Bürger hat das Karlsruher Verfahren und die nun veröffentlichte Eilentscheidung vom 20. Juli keine unmittelbaren Auswirkungen.
Wahlrechtsexperte verlangt langfristige Lösung
Laut dem Wahlrechtsexperten Robert Vehrkamp lässt der jetzige Gesetzestext viele Fragen offen. So sei nicht klar, ob die bis zu drei unausgeglichenen Überhangmandate insgesamt gemeint seien oder pro Bundesland oder pro Partei. Vehrkamp fordert: "Dazu sollte es als Mindestbedingung eine Klarstellung geben." Überhangmandate haben nach Meinung des Wahlrechtsexperten in einem Viel-Parteien-System nichts mehr zu suchen. Sie könnten Mehrheiten verzerren und im Extremfall regierungsfähige Mehrheiten verhindern.
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