Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat Engpässe beim Impfstoff für Babys gegen das Respiratorische Synzytial-Virus beklagt. Eine frühzeitige und flächendeckende Impfung aller gefährdeten Säuglinge hätten Krankenkassen und Politik gemeinsam "schlicht verschlafen", sagte der Sprecher des BVKJ Nordrhein, Axel Gerschlauer, der "Rheinischen Post".
Lieferengpässe bei RSV-Impfstoff – auch in Bayern
Der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, bestätigte Lieferengpässe. Die Immunisierungskampagne für Babys laufe deshalb leider nur sehr stockend an, sagte er der Zeitung. Die Wartelisten für den Antikörper Nirsevimab, für den die Ständige Impfkommission seit diesem Sommer eine einmalige Injektion für Neugeborene und Säuglinge empfiehlt, seien lang. Der Hersteller Sanofi bemühe sich deshalb um Ware aus Frankreich, Spanien und den USA.
Auch in Bayern herrscht derzeit ein Mangel an Impfstoff gegen das RS-Virus, das besonders für Babys und Kleinkinder gefährlich werden kann. Das teilte das bayerische Gesundheitsministerium auf BR24-Anfrage mit. Der Bund habe Ende September einen Versorgungsmangel entsprechender Arzneimittel bekannt gegeben. Einzeldaten zur konkreten Versorgungssituation in Bayern gebe es nicht.
Bayerns Gesundheitsministerium "mittelfristig" zuversichtlich
Das bayerische Gesundheitsministerium betont, dass Bundesländer nach Bekanntgabe eines Versorgungsmangels selbst tätig werden können. Man habe deshalb bereits Ende September bzw. Anfang Oktober Allgemeinverfügungen erlassen, "die es Apotheken ermöglichen, Nirsevimab-haltige Arzneimittel, die nicht in Deutschland zugelassen, aber in anderen Staaten verkehrsfähig sind, einzuführen".
Das Ministerium ist deshalb nach eigenen Angaben zuversichtlich, dass die Nachfrage auch durch Importe zumindest mittelfristig gedeckt werden kann. "Das Robert Koch-Institut hat zudem für den Fall einer eingeschränkten Lieferfähigkeit des Arzneimittels die Empfehlung gegeben, Säuglinge, die zu einer Risikogruppe für eine schwere RSV-assoziierte Erkrankung gehören, prioritär zu impfen." Darüber hinaus setze sich die Staatsregierung "vehement für eine Verbesserung der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln auf Bundes- und EU-Ebene ein".
RSV-Welle in Bayern im Winter 2023/2024
An dem RS-Virus kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem für Säuglinge und Kleinkinder gilt es als gefährlich. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich.
Im vergangenen Winter hatten sich bereits Fälle der Atemwegsinfektion in Bayern gehäuft, die Lage in einigen Kliniken war wegen des RS-Virus angespannt, vor allem in Kinderkliniken in München und Aschaffenburg. Viele Kinder mussten auf weiter entfernte Krankenhäuser verteilt werden.
Kinderärzte warnen vor überlasteten Kinderklinken
Auch in diesem Winter erwarten Kinderärzte überlastete Kinderkliniken. "Da wird noch einiges auf uns zukommen", betonte Gerschlauer, der selbst Kinderarzt in Bonn ist. Strukturell habe sich sowohl bei der Medikamentenversorgung als auch bei der Klinikauslastung "überhaupt nichts getan".
Angesichts der erwarteten Engpässe plädierte Gerschlauer dafür, bei der vom Bundestag beschlossenen Krankenhausreform keine weiteren Kinderbetten zu streichen. "Die Versorgung kranker Kinder und vor allem von Säuglingen war in der vergangenen Saison selbst in den großen Städten schon nicht mehr ausreichend gewährleistet. Eine Verschlechterung mag man sich für den ländlichen Raum gar nicht vorstellen", betonte er.
Mit Informationen von dpa und AFP
Dieser Artikel ist erstmals am 4.11.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
Im Video: RSV-Impfung für Babys
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