Ein Junge kauert sich auf seinem Bett zusammen
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Kindesmissbrauch: Was Erwachsene dagegen tun können

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Kindesmissbrauch: Was Erwachsene dagegen tun können

Auch in Bayern haben die Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder zugenommen. Viele Eltern fragen sich, wie man seine Kinder schützen kann. Wichtig sei es, Kinder stark zu machen, raten Experten. In erster Linie müssten aber Erwachsene aktiv werden.

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Kein Kind kann sich alleine schützen: Das ist der Leitsatz von AMYNA e.V. Der Verein zur Prävention von sexuellem Missbrauch setzt daher ausschließlich bei Erwachsenen an. Sie sollen lernen, Kinder vor sexueller Gewalt besser zu schützen. Manuela Soller, Sozialpädagogin bei AMYNA e.V., setzt vor allem auf Prävention: "Wenn wir präventiv denken, also sowohl als Fachkräfte als auch als Eltern, können wir Kinder vor Missbrauch schützen. Dann kommt es gar nicht zu Missbrauch, und es braucht weniger Intervention und Beratung."

Es sei zwar auch wichtig, Kinder selbstbewusst und stark zu machen, aber das alleine reiche nicht aus. Kinder könnten die Strategien von Tätern und Täterinnen gar nicht durchschauen. Daher sei es Aufgabe von Erwachsenen, gute präventive Strukturen einzuführen.

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Kitas können sich Regeln geben zum Schutz der Kinder

So könnten sich beispielsweise Fachkräfte in Kitas mit Situationen besonderer Nähe beschäftigen: Wo wird gewickelt? Ist das von außen einsehbar? Werden Kosenamen benutzt oder nicht? Dazu könnten sich Kitas Regeln geben, um dann darauf hinzuweisen, wenn Leute dagegen verstoßen.

Für Eltern sei es wichtig, sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen, auch wenn es schwerfalle, sich vorzustellen, dass vielleicht der Patenonkel oder die Tagesmutter Missbrauch begehen könnten. Eltern sollten sich informieren: Wie sehen Strategien von Tätern und Täterinnen aus? Wo sind die Grenzen meines Kindes und wie achten sie andere Menschen?

Kinder sollten Wörter für ihre Geschlechtsteile haben

Eltern müssten eingreifen, wenn diese Grenzen überschritten werden. Und dem Kind klarmachen: Du darfst sagen, wenn du etwas nicht magst, du darfst dir Hilfe holen. Es sei auch wichtig, mit Kindern frühzeitig über Sexualität zu sprechen.

"Wenn Kinder zum Beispiel Worte für ihre Geschlechtsteile haben, fällt es leichter, darüber zu berichten, wenn etwas passiert", erläutert Manuela Soller. Im Umgang mit Sexualität und Grenzen könne man viel mit Kinderbüchern arbeiten und diese gemeinsam mit dem Kind anschauen.

Hinweise auf Gefährdung erkennen

"Es gibt generell Zeichen, die auf Kindeswohlgefährdung hinweisen können", erklärt die Sozialpädagogin. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn sich Kinder sehr zurückzögen oder sehr aggressiv würden, wenn ein Mangel an Körperhygiene auffalle oder ein übermäßiges Maß davon. Spielten Kinder erwachsene Sexualität sehr deutlich nach, dann stelle sich die Frage: Woher wissen sie das?

"Täter sind sowohl Männer als auch Frauen", sagt Manuela Soller. Diese gingen strategisch vor. Sie suchten sich zum Beispiel einen Beruf oder ein Ehrenamt, bei dem sie mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen. Dann versuchten sie, sich das Vertrauen der Kinder zu erwerben und zu testen: Wie reagieren die Kinder auf leichte Grenzüberschreitungen oder gewisse Bemerkungen. Nach außen errichteten die Täter und Täterinnen ein äußerst positives Bild von sich. Es könnten Menschen sein, die besonders engagiert oder Menschen, die besonders unauffällig sind.

Im Internet mit falscher Identität unterwegs

Taten würden auch in digitalen Medien angebahnt oder verübt werden. So würden sich Erwachsene in Chat-Programmen oder in Videospielen in Chats als Gleichaltrige ausgeben und sich Vertrauen erschleichen. Dort könnten sie dann versuchen, an Fotos zu gelangen oder per Webcam Aufnahmen zu machen. Sexualisierte Gewalt im Internet führe zu einer Mehrfachbelastung für die Betroffenen. Niemand wisse, wo einmal verbreitetes Video- oder Bildmaterial überall gelandet sei. Dadurch passiere diese sexualisierte Gewalt unabhängig von Zeit und Raum und könne die Betroffenen immer wieder einholen.

Internet nicht verbieten, aber Profil sicher machen

Wichtig sei, Mediennutzung nicht gänzlich zu verbieten, erklärt Soller. "Denn, das würde oder könnte dazu führen, dass Kinder und Jugendliche heimlich und völlig ungeschützt in die Mediennutzung hineingehen." Sinnvoller sei es, mit den Kindern und Jugendlichen zu sprechen und ihnen bestimmte Sachen zu zeigen: Wie stelle ich mein Profil ein? Welche Daten gebe ich an? Welche Fotos lade ich hoch und welche vielleicht nicht?

Eltern sollten Kindern und Jugendlichen klarmachen, dass sie sich auch im Netz auf ihr Gefühl verlassen sollten, und wenn ihnen etwas unangenehm vorkommt, es dann eben nicht zu tun.

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