Männer sind am Vatertag mit einem Einkaufswagen auf einer Wanderung unterwegs (Symbolbild)
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Kritik an Umfrage über Männlichkeit (Symbolbild)

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Kritik an Männlichkeits-Umfrage: Was sagen die Ergebnisse aus?

Kritik an Männlichkeits-Umfrage: Was sagen die Ergebnisse aus?

Die Organisation Plan International wollte über eine Umfrage herausfinden, wie junge Männer ticken. Die neuen Zahlen verbreiteten sich rasch. Doch es gibt Zweifel an der Methodik. Hintergrund und Einordnung von der BR24-Datenredaktion.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

"So ticken junge Männer zwischen 18 und 35 Jahren in Deutschland" - Umfrage-Ergebnisse hinter diesem Slogan sorgten am Wochenende für Aufregung:

  • Für jeden dritten Mann sei es akzeptabel, wenn ihm bei einem Streit mit der Partnerin gelegentlich die Hand ausrutsche.
  • Rund die Hälfte der Befragten sei der Überzeugung, sie sei schwach und angreifbar, wenn sie Gefühle zeige.
  • 48 Prozent der Befragten fühlten sich gestört, wenn Männer ihr Schwulsein in der Öffentlichkeit zeigten.

Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt eine neue Umfrage der Organisation Plan International mit dem Titel "Spannungsfeld Männlichkeit". Deren Angaben zufolge ist diese Umfrage repräsentativ. Plan International ist eine unabhängige Organisation für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe.

Hauptkritikpunkt: Intransparente Stichprobe

Neben den Ergebnissen sorgt das methodische Vorgehen für Fragen und Kritik. Sebastian Wenz, Sozialwissenschaftler am GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, kritisiert vor allem die fehlenden Informationen zur Stichprobe der Befragten: "Wir wissen nicht, wie und wo die Stichprobe gezogen wurde oder wo die Menschen angeworben wurden."

Die Befragung wurde nach Angaben von Plan International im Online-Access-Panel vom Marktforschungsinstitut moweb durchgeführt. Das Marktforschungsinstitut transpekte hat analysiert und koordiniert. Bei einem Online-Access-Panel handele es sich, vereinfacht gesagt, um eine Online-Plattform, auf der sich befragungswillige Teilnehmerinnen und Teilnehmer registrieren und an Umfragen zu verschiedenen Themengebieten teilnehmen können, erklärt Herbert Höckel, Geschäftsführer von moweb.

"Die Mitglieder unseres Online-Panels werden über verschiedene Kanäle rekrutiert. Die gängigsten Kanäle sind klassische Online-Werbung und Direkt-Rekrutierungen über unsere Panel-Webseite", schreibt Höckel auf BR24-Anfrage. Grundsätzlich könnten alle Personen teilnehmen, die ein Interesse an Online-Umfragen hätten. Für jedes abgeschlossene Interview erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Angabe von moweb eine Aufwandsentschädigung. Diese orientiere sich an der Dauer der Befragung und der Komplexität der gesuchten Zielgruppe. Eine direkte Weiterleitung der Umfrage an Dritte oder eine Mehrfachteilnahme sei ausgeschlossen.

Sind die Ergebnisse repräsentativ?

Umfragen sind repräsentativ, wenn die Ergebnisse Rückschlüsse auf eine Grundgesamtheit ermöglichen – in diesem Fall also auf alle Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren in Deutschland. Die Teilnehmenden für die Befragung wurden anhand ihrer Profilinformationen ausgewählt, schreibt Höckel von moweb weiter. "Um das Antwortverhalten nicht zu beeinflussen, werden die Teilnehmer vor Beginn einer Befragung nicht über deren Inhalt informiert."

Um aus ihrer Sicht die Repräsentativität zu gewähren, haben die Macherinnen und Macher der "Plan"-Studie zudem auf Basis der amtlichen Statistiken Quoten­-Vorgaben ge­macht. "Somit bildet die Stichprobe der Befragten die Gesamtbevölkerung im Alter von 18 bis 35 Jahren pro Geschlecht in den drei vorgegebenen Merkmalen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ab", heißt es im Methodikteil des Dokuments. Die Merkmale sind Alter, Bildung und Region (Nord, West, Süd, Ost).

Nennenswerte Unterschiede zwischen den Alters- und Bildungsgruppen habe es nicht gegeben, sagte Alexandra Tschacher, Sprecherin von Plan International Deutschland, am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur KNA. Um keine Vorurteile zu schüren, habe man bewusst darauf verzichtet, nach Religion, Nationalität und Migrationshintergrund zu fragen, fügte sie noch hinzu.

Stichprobe nicht zufällig gezogen

Da die Menschen bei Online-Access-Panels aber meist selbst entscheiden, ob sie sich als Mitglieder registrieren und an welchen Befragungen sie teilnehmen, und nicht per Zufallsstichprobe gezogen werden, komme es häufiger zu größeren Verzerrungen der Ergebnisse, sagt Wenz. "Das Ziel ist es immer, einen möglichst niedrigen Bias zu haben, also eine möglichst geringe Verzerrung. Deshalb werden in der Sozialforschung meist Zufallsstichproben gezogen, bei denen man weiß, wer mit welcher Wahrscheinlichkeit in der Stichprobe landet." Ergebnisse von Umfragen, bei denen die Stichprobe nicht zufällig gezogen wurden, seien oft weiter von den wahren Werten entfernt.

Stichprobengröße ist gängig

Insgesamt wurden 1.000 Männer und 1.000 Frauen befragt – 104 Personen füllten den Fragebogen falsch aus und gingen nicht in die Analyse ein. Diese Anzahl der Befragten ist laut Katja Möhring, Professorin für Soziologie an der Universität Bamberg, üblich. Auch Wahlumfragen beispielsweise können mit solchen Befragtenzahlen repräsentativ sein. Jedoch sagte auch Möhring im Gespräch mit BR24, es komme auf die Zusammensetzung der Stichprobe an. Die Ergebnisse sind also durchaus richtig für die befragten Personen dieser speziellen Umfrage – wenn es aber um Aussagen über alle jungen Menschen in Deutschland geht, wird es schwieriger.

Plan International reagierte auf BR24-Anfrage bisher nicht.

Fehlende öffentliche Transparenz bei Umfragemethodik

In Sozialen Medien kritisieren Kommentatorinnen und Kommentatoren, unter ihnen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass mehr Transparenz zu den methodischen Hintergründen nötig wäre. Auch Soziologieprofessorin Möhring wünschte sich von vornherein mehr Informationen dazu, wie Antwortkategorien bei der Auswertung zusammengefasst wurden. Nach Angaben von transpekte bestand der Fragebogen aus 44 Aussagen, erklärten sie auf Anfrage. Die Teilnehmenden konnten auf einer Vier-Punkte-Skala von "Trifft auf mich überhaupt nicht zu" bis "Trifft auf mich voll und ganz zu" abstimmen. Als Zustimmung wurden demnach die Prozentwerte für "trifft auf mich eher zu" und "trifft auf mich voll und ganz zu" zusammengefasst. Den kompletten Fragebogen will transpekte nicht herausgeben.

Alte Rollenbilder bleiben haften

Die Befragung, die im März 2023 durchgeführt wurde, zeigt: Das Stereotyp "Frau als Hausfrau" oder "Mann als Familienernährer" bleibt in den Köpfen. "Da hat sich viel bewegt in den vergangenen Jahrzehnten, aber der Wandel in Richtung Gleichberechtigung und fairer Aufgabenteilung ist ein zäher Prozess", schätzt Detlev Lück die Situation ein. Der Mitarbeiter vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung und Leiter der Forschungsgruppe "FReDA - Das familiendemografische Panel" sagte im Gespräch mit BR24: "Wir erleben heute eine graduelle Abkehr von den Vorstellungen in den 1950er-Jahren, aber das Rollenbild haftet in abgeschwächter Form immer noch an."

Seine Einschätzung zu den zentralen Ergebnissen der Umfrage: "Der Befund ist im Kern bekannt, aber die Größenordnung überrascht und ist erschreckend." Es sei generell schwierig, verlässliche Zahlen zum Thema Gewalt zu bekommen, weil dies selten erfasst werde und Befragte Gewalttaten nicht immer zugeben – es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. "Persönlich hat mich daher die Größenordnung überrascht, mit der die Aussagen bejaht wurden." Zum Beispiel, dass laut Plan International mehr als ein Drittel der befragten Männer nach eigener Aussage gegenüber Frauen schon mal handgreiflich wurden, um ihnen Respekt einzuflößen.

"Ich vermute und hoffe, dass die Methodik der Studie dafür (mit)verantwortlich ist, dass die Zahlen so hoch ausfallen. Möglicherweise hat die genaue Formulierung der Frage oder der Kontext der Fragen davor es den Befragten 'einfach' gemacht hat, sie zu bejahen", sagt Lück weiter. Vergleiche mit anderen Umfragen sind daher wichtig, wegen verschiedener Zielgruppen und Frageformate aber nicht immer leicht möglich.

Dass ein möglicherweise gar nicht so kleiner Teil junger Männer in Deutschland die in dem Bericht dokumentierten Einstellungen tatsächlich hat, davon müsse man aber, so Sozialwissenschaftler Wenz, anhand der Forschung zu diesen Themen ausgehen. "Wie verbreitet diese Zustimmung jeweils ist, wissen wir nach dieser methodisch unzulänglichen Studie aber leider nicht."

Audio zur Umfrage: "So ticken junge Männer zwischen 18 und 35 Jahren in Deutschland"

Zwei Frauen bei einer Demonstrationen gegen Gewalt gegen Frauen
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