Fahndungsplakat von Jan Marsalek.
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Leitete Ex-Wirecard-Vorstand von Russland aus einen in Großbritannien operierenden Spionage-Ring?

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Marsaleks Spionagering? Termin für Prozess in London steht fest

Marsaleks Spionagering? Termin für Prozess in London steht fest

Im Oktober 2024 müssen sich fünf bulgarische Staatsbürger vor einem Gericht in London wegen des Vorwurfs der Spionage verantworten. Sie sollen im Auftrag Russlands und unter Anleitung des flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstands Marsalek gehandelt haben.

Orlin R. und die vier weiteren Beschuldigten waren während der gut einstündigen Anhörung im Central Criminal Court in London per Video zugeschaltet. Drei von ihnen sitzen seit ihrer Festnahme im Februar dieses Jahres in Großbritannien in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, Mitglieder eines russischen Spionage-Netzwerks zu sein. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hätten sie "den russischen Staat bei der Durchführung feindlicher Aktionen gegen bestimmte Ziele“ unterstützt. Dabei sei es auch um mögliche Entführungen gegangen.

Bei ihrer Festnahme Anfang dieses Jahres hatten die Behörden zudem gefälschte Pässe bei den Beschuldigten sichergestellt. Keiner von ihnen äußerte sich heute zu diesen Vorwürfen. R. und die vier weiteren Personen bestätigten zu Beginn der Anhörung auf Nachfrage lediglich ihre Identität.

  • Zum Artikel: Flüchtiger Jan Marsalek: Herr über einen Spionage-Ring?

Prozessbeginn in einem Jahr – viel Arbeit steht noch bevor

Stand jetzt soll der Prozess gegen die bulgarischen Staatsbürger am 28. Oktober 2024 beginnen. Nach Angaben von Staatsanwältin Kathryn Selby steht den Prozessbeteiligten bis dahin noch viel Arbeit bevor – zehntausende E-Mails und Textnachrichten müssten ausgewertet werden, darunter auch Kommunikation, die es mit dem früheren Wirecard-Vorstand Jan Marsalek gegeben hat.

Ende September war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft zwischen Orlin R. und Marsalek Verbindungen sieht: "Die Beweise zeigen, dass Orlin R. auf Anweisung von Jan Marsalek handelte, der seinerseits als Vermittler zum russischen Staat fungierte." Ausgetauscht hätten sich beide über den Messenger-Dienst Telegram. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich tatsächlich um den seit dem 19. Juni 2020 flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand handelt. Marsalek-Anwalt Frank Eckstein wollte sich zu dem Verfahren auf BR-Anfrage nicht äußern.

Marsalek und R. tauschten sich 2015 über abhörsichere Kommunikation aus

R. und Marsalek scheint eine jahrelange Bekanntschaft zu verbinden. Der 45-jährige Bulgare und der Ex-Wirecard-Manager haben sich nach Unterlagen, die dem BR vorliegen, im Juni 2015 eingehend über besonders robuste und abhörsichere Mobiltelefone ausgetauscht. R. schickte Marsalek zum Beispiel Fotos von Geräten, die für den Ex-Vorstand seiner Einschätzung nach besonders geeignet waren. Schon damals lebte R. in Großbritannien und war Inhaber einer Technik-Firma.

Marsalek hatte sich unmittelbar vor dem Zusammenbruch des Aschheimer Zahlungsdienstleisters im Juni 2020 von einem Kleinflughafen nahe Wien nach Minsk abgesetzt. Er wird inzwischen in Russland vermutet. Ex-Wirecard-Vorstandschef Markus Braun muss sich seit Dezember vergangenen Jahres gemeinsam mit zwei weiteren Beklagten wegen ihrer Rolle im Wirecard-Skandal vor dem Landgericht München verantworten. Mit einem Urteil ist frühestens im kommenden Jahr zu rechnen. Das Londoner Gericht geht davon aus, dass der Prozess gegen R. und die übrigens Beschuldigten vier Monate in Anspruch nehmen dürfte.

Im Video: "Der Fall Wirecard: Von Sehern, Blendern und Verblendeten"

Dieser Film rollt den wohl größten Wirtschaftsskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte aus der Perspektive der Shortseller auf – jener Bad Boys und Girls der Börse, die auf fallende Kurse wetten und dann gewinnen, wenn alle anderen verlieren. Shortseller rund um den Globus gingen schon seit Jahren davon aus, dass bei Wirecard betrogen und der Schwindel irgendwann auffliegen wird. Sie gingen hohe finanzielle Risiken ein und wurden teils heftig attackiert – von Wirecard und den deutschen Behörden. Doch sie behielten Recht. Während gutgläubige Anleger ihr Erspartes verloren, als das Kartenhaus Wirecard in sich zusammenfiel, strichen sie sagenhafte Gewinne ein.
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