Sirenen in mehreren Orten im israelischen Grenzgebiet - seit Donnerstag wird erstmals wieder der Norden des Landes beschossen. Nach jüngsten Angaben der israelischen Armee sind in der Nacht auf Freitag 35 Raketen aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden, in der Nacht folgten 44 Raketen aus dem Gaza-Streifen.
Das Militär machte palästinensische Gruppen für die Raketen verantwortlich. "Wir wissen mit Sicherheit, dass es sich um palästinensisches Feuer handelt", sagte Armeesprecher Richard Hecht nach den Angriffen aus dem Libanon am Donnerstagabend. Es sei noch unklar, welche Gruppierung dafür verantwortlich sei - "aber es war nicht die Hisbollah", sagte er. Die libanesische Armee gab am Donnerstag an, in Südlibanon Abschussrampen entdeckt und zerstört zu haben.
Israel greift Ziele in Gaza und im Libanon an
Als Reaktion auf den schweren Raketenbeschuss vom Vortag hat Israel in der Nacht zum Freitag Ziele im Libanon sowie im Gazastreifen angegriffen. Die Armee habe im Nachbarland etwa die "terroristische Infrastruktur" der Hamas zum Ziel genommen, meldete das israelische Militär in den frühen Morgenstunden. Die Armee werde "der Terrororganisation Hamas nicht erlauben, vom Libanon aus zu operieren". Der libanesische Staat trage zudem die Verantwortung für jeglichen Beschuss, der von seinem Gebiet ausgehe.
Medienberichten zufolge gab es Explosionen südlich der Stadt Tyros. In der Nähe soll sich demnach ein palästinensisches Flüchtlingslager befinden. In der Nacht hatte Israels Armee bereits Angriffe auf den Gazastreifen geflogen.
Das Militär geht davon aus, dass die dort herrschende Hamas oder die dort ebenfalls aktive militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad verantwortlich sind für die Raketenangriffe aus dem Nachbarland.
Netanjahu nach Raketenbeschuss: Feinde werden "Preis zahlen"
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte für Donnerstagabend ein Treffen des Sicherheitskabinetts einberufen. Er drohte ein hartes Vorgehen an: "Wir werden unsere Feinde treffen und sie werden den Preis für jegliche Aggression zahlen", teilte er zum Beginn der Sitzung mit. Die interne Debatte in Israel werde das Land nicht davon abhalten, "überall und jederzeit" gegen die Feinde des Landes vorzugehen. Netanjahu nahm damit Bezug auf eine von der rechts-religiösen Regierung vorangetriebene Justizreform, die die israelische Gesellschaft seit Wochen spaltet.
"Unsere Feinde werden wieder lernen, dass israelische Bürger in Kriegszeiten zusammen und vereint stehen und die Aktionen des Militärs und der übrigen Sicherheitskräfte unterstützen, um unser Land und unsere Bürger zu schützen", sagte Netanjahu weiter. Verteidigungsminister Joav Galant wies zuvor das Militär an, sich auf "alle möglichen Reaktionen" vorzubereiten.
Libanons Ministerpräsident verurteilt Raketenbeschuss Richtung Israel
Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Nadschib Mikati hat den Raketenbeschuss aus dem Libanon Richtung Israel verurteilt. "Der Libanon lehnt jede militärische Eskalation, die von seinem Land ausgeht, sowie die Nutzung libanesischen Territoriums zur Durchführung von Operationen, die die bestehende Stabilität gefährden kann, vehement ab", sagte Mikati in Beirut.
Mit Material von dpa und AFP
Offiziell im Kriegszustand: Von wem ging der Beschuss aus dem Libanon aus?
Unklar war zunächst auch, welche Gruppierung hinter dem Angriff auf Israel aus dem Libanon steht. Zuletzt war es vor zwei Jahren zu Raketenbeschuss von dort gekommen. Damals gingen Medienberichten zufolge die Angriffe von Palästinensern aus. Israel und der Libanon befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen. Vor allem die eng mit dem Iran verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sieht in Israel einen Erzfeind.
Die Hisbollah hat auch enge Verbindung mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Nach gewaltsamen Zusammenstößen auf dem Tempelberg in Jerusalem hatte die Hisbollah im Libanon palästinensischen Gruppen bei "Maßnahmen gegen Israel" zuvor ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesichert. Die Hisbollah verurteile "nachdrücklich den Angriff" auf die Al-Aksa-Moschee und bekunde ihre "volle Solidarität mit dem palästinensischen Volk und den Widerstandsgruppen", erklärte die pro-iranische Miliz. Sie verspreche, ihnen "bei allen Maßnahmen" zum Schutz der Gläubigen "zur Seite zu stehen".
Eskalation im Nahostkonflikt? Sorge nach Zusammenstößen in Al-Aksa-Moschee
Nach den Zusammenstößen zwischen der israelischen Polizei und Palästinensern in der Al-Aksa-Moschee war es zu Beschuss aus dem Gazastreifen in Richtung Israel gekommen. Aus dem Küstenstreifen feuerten Palästinenser mehrere Raketen auf israelisches Gebiet. Sieben Raketen seien in der Luft explodiert, teilte die Armee mit. Fünf davon seien auf israelisches Gebiet gerichtet gewesen, zwei aufs Mittelmeer. Die Entwicklungen hatten international die Sorge vor einer erneuten Eskalation im Nahostkonflikt wachsen lassen.
Deutschland, USA, Frankreich und UN verurteilen Beschuss
Deutschland, Frankreich und die USA verurteilten den jüngsten Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen und Libanon auf Israel am Donnerstag. "Er muss sofort aufhören. Es gilt besonders jetzt während der Feiertage, eine weitere Eskalation zu verhindern", erklärte das Auswärtige Amt auf Twitter. Auch Frankreich rief nach Angaben eines Außenministeriumssprechers dazu auf, während der Feiertage "jede Aktion zu vermeiden, die die Eskalation der Gewalt anheizen könnte".
Die USA bekräftigten ihren Einsatz für die Sicherheit Israels. Washington erkenne außerdem "das legitime Recht Israels an, sich selbst gegen alle Formen der Aggression zu verteidigen", erklärte das US-Außenministerium. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte laut seinem Sprecher "die zahlreichen Raketen, die heute aus dem Libanon auf den Norden Israels abgefeuert wurden" und forderte "alle Akteure" zu größtmöglicher Zurückhaltung auf.
Mit Informationen von dpa und AFP
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