Der Bundeshaushalt für das nächste Jahr scheint alte Debatten neu anzufachen: Innerhalb der Ampel-Koalition deutet sich erneut Streit ums Geld an. Bundesfinanzminister Lindner hatte zahlreichen Ministerien Sparvorgaben gemacht. Nun scheinen sich einige Kabinettskollegen in ihren Bedarfen nicht daran gehalten zu haben.
Ministerien haben ihre Haushaltsvorstellungen eingereicht
In wenigen Wochen will Bundesfinanzminister Christian Lindner einen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 vorlegen. Bis heute hatten die Ministerien Zeit, ihre Vorstellungen und Bedarfe einzureichen. Zumindest an die Frist haben sich offenbar alle Ministerien gehalten. Lindner sagte am Freitag in Berlin, die Vorschläge seien eingebracht, jetzt werde darüber beraten. Zu den Inhalten äußerte er sich zunächst nicht.
Mehrere Ministerinnen und Minister melden höheren Bedarf an
Einige Regierungsmitglieder wollen die Sparvorgaben von Finanzminister Lindner offensichtlich nicht hinnehmen. Laut einem Spiegel-Bericht [Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt] handelt es sich dabei um das Auswärtige Amt unter der Grünen Außenministerin Annalena Baerbock sowie um die SPD-geführten Ministerien für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, das Verteidigungsministerium und das Innenministerium. Innenministerin Nancy Faeser soll dem Finanzminister in einem unterkühlten Brief aufgelistet haben, wofür sie mehr Geld brauche.
Außenministerin Baerbock verlangt zusätzliche Mittel
Laut dem Bericht hat Außenministerin Baerbock zusätzliche Mittel gefordert, um drohende Einschnitte bei der humanitären Hilfe zu vermeiden. Sie will eine Erhöhung des Etats für das kommende Jahr auf 7,39 Milliarden Euro – im laufenden Jahr sind 6,7 Milliarden Euro vorgesehen. Dem Bericht zufolge will Lindner das Budget des Auswärtigen Amts dagegen auf 5,1 Milliarden Euro verringern. Das würde demnach bedeuten, dass die humanitäre Hilfe um rund die Hälfte gekürzt werden müsste.
Entwicklungsministerium argumentiert mit Krisenbewältigung
Das von Svenja Schulze (SPD) geführte Entwicklungsministerium meldete laut dem Spiegel dringend notwendige Bedarfe in Höhe von 12,16 Milliarden Euro an. Das würde dem Haushaltsansatz von 2023 entsprechen. Lindner will dem Ministerium demnach rund zwei Milliarden Euro weniger zugestehen. Die vorgesehenen Kürzungen würden Konsequenzen nach sich ziehen, die nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland wären, heißt es laut dem Bericht aus dem Ministerium. Entwicklungspolitik trage zur Krisenprävention und Krisenbewältigung bei. Es gehe unter anderem um die Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine. Außerdem müssten die ärmsten Menschen weltweit unterstützt werden, um auch die entsprechenden Regionen zu stabilisieren.
Das Verteidigungsministerium erwartet sich ebenfalls mehr Geld
Das Verteidigungsministerium unter Boris Pistorius (SPD) fordert eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts. Eine Sprecherin sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland [Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt], dass ab 2025 andernfalls keine neuen Waffensysteme beschafft und bestehende ersetzt werden könnten. Das hätte ihr zufolge erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeiten der Bundeswehr.
Der SPD-Haushaltsexperte Andreas Schwarz, sagte dem Bericht zufolge, er gehe für das kommende Haushaltsjahr von einem Bedarf von rund 60 Milliarden Euro aus. Das wären rund acht Milliarden Euro mehr als die für 2024 eingeplanten Mittel. Schwarz betonte, aufgrund der von Russland verursachten Bedrohungslage sei das Geld dringend nötig. Alles andere wäre unverantwortlich, so Schwarz.
Wie geht es jetzt weiter?
Weil die Konjunktur schwächelt, gibt es zwar etwas höhere Spielräume für die Kreditaufnahme – trotzdem zeichnet sich im Etat 2025 bisher eine Finanzierungslücke bis zu 25 Milliarden Euro ab. Das Finanzministerium hat bereits angekündigt, dass es in der nächsten Zeit Gespräche auf höchster Ebene geben wird. Unter anderem will Lindner demnach und den einzelnen Fachministerinnen und Ministern sprechen. Diese Gespräche dürften aber zäh werden. Trotzdem hält das Finanzministerium an seinem bisherigen Zeitplan fest. Demnach soll das Bundeskabinett am 3. Juli seinen Haushalt für das kommende Jahr auf den Weg bringen.
Wo es Streit geben könnte
Um die Etatlücken zu schließen, hat etwa die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer eine Kombination aus einer Reform der Schuldenbremse und dem Abbau vor allem ökologisch schädlicher Subventionen vorgeschlagen. Schnitzer sagte der "Rheinischen Post", man werde an mehreren Stellschrauben drehen müssen.
Lindner lehnt eine Lockerung der Schuldenbremse allerdings bisher rigoros ab. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte die Schuldenbremse in der "Bild"-Zeitung "nicht verhandelbar". Für die FDP ist es stattdessen denkbar, Gelder im Sozialbereich zu kürzen – etwa durch die Abschaffung der abschlagsfreien Rente mit 63 oder einer Anhebung des Renteneintrittsalters. Die SPD ist klar dagegen – Kanzler Scholz erteilte diesen Vorschlägen erst kürzlich eine Absage.
Beim Thema Finanzen und Haushalt liegen die Koalitionsparteien zwar sehr weit auseinander. Gleichzeitig gibt es einen enormen Einigungsdruck, um keinen Bruch der Koalition zu riskieren. Dabei würden laut den neuen Zahlen des Deutschlandtrends alle Parteien verlieren.
Mit Informationen von dpa, epd und AFP
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