Gut zwei Jahre nach den Antisemitismusvorwürfen des Münchner Musikers Gil Ofarim gegen einen Leipziger Hotelmitarbeiter hat am Dienstag der Prozess begonnen. Der 41-jährige Ofarim sitzt unter anderem wegen falscher Verdächtigungen und Verleumdung auf der Anklagebank im Leipziger Landgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zu lügen, Ofarim äußert sich dazu vorerst nicht.
Ofarim erhebt schwere Antisemitismus-Vorwürfe gegen Hotelmitarbeiter
Anfang Oktober 2021 hatte der Musiker in einem Instagram-Video schwere Antisemitismusvorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels erhoben. Zuvor hatte er sich über die angebliche Bevorzugung von Gästen beschwert, die hinter ihm in der Warteschlange gestanden hätten. Die Staatsanwaltschaft glaubte ihm aber nicht. Nach umfangreichen Ermittlungen kam es zur Anklage gegen den 41-Jährigen. Das Verfahren gegen den Hotelmitarbeiter wurde hingegen eingestellt.
Staatsanwaltschaft: Vorwürfe Ofarims entbehren jeder Grundlage
Die Schilderungen Ofarims entsprächen nicht der Wahrheit, sagte Staatsanwalt Andreas Ricken. Der Angeklagte habe den Mitarbeiter zu Unrecht als Antisemiten dargestellt. Ofarim hatte behauptet, der Mitarbeiter habe ihn aufgefordert, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Nach Angaben der Anklagebehörde sei beim Einchecken der Davidstern unter dem Hemd des Musikers jedoch gar nicht zu erkennen gewesen. Erst bei der selbst gedrehten Videoaufnahme habe Ofarim den Stern sichtbar gemacht.
Ofarim verzichtet am ersten Prozesstag auf Aussage
Der Musiker kam am Dienstagmorgen in Begleitung seiner vier Rechtsanwälte in den voll besetzten Schwurgerichtssaal 115. Vor der Tür hatten noch zahlreiche Menschen warten müssen. Der Sänger und Schauspieler aus München trug eine schwere Lederjacke, über seinem Hemd hing an einer silbernen Kette der Davidstern. Während der Anklageverlesung wirkte er hochkonzentriert, schrieb mit, runzelte die Stirn bei einigen Vorwürfen und nickte, als der Staatsanwalt den Inhalt seiner Videos wiedergab.
Ursprünglich wollte der Musiker selbst zum Prozessauftakt zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Stellung nehmen. Da der Verteidigung aber noch einige Akten fehlten, verzichtete er zunächst auf eine Aussage. Er überließ das Feld seinen Anwälten.
Aussage von Hotelmitarbeiter
Der Hotelmitarbeiter, dem der jüdische Musiker Antisemitismus vorgeworfen hatte, äußerte sich hingegen am ersten Prozesstag. Dem 35 Jahre alten Mann zufolge war es an der Rezeption an dem Abend im Oktober 2021 aufgrund von technischen Problemen zu einer Verzögerung gekommen. Ofarim habe das Hotel als "Scheißladen" bezeichnet, weil andere Gäste angeblich bevorzugt worden seien, sagte der Mitarbeiter. Er habe Ofarim aufgefordert, sich zu entschuldigen und ihm das Einchecken verwehrt.
Durch das Auftreten Ofarims habe er sich bedroht gefühlt, sagte der Mitarbeiter des Leipziger Hotels. Eindrücklich berichtete er, welche gravierenden Auswirkungen Ofarims Antisemitismus-Vorwurf für ihn gehabt habe. Er habe eine Morddrohung erhalten, einige Tage untertauchen müssen und sich in psychotherapeutische Behandlung begeben.
Fall von Missverständnis oder schlechtem Humor?
Hier stehe Aussage gegen Aussage, sagte Ofarims Anwalt Alexander Stevens. Sei während des Vorfalls vor gut zwei Jahren nur ein einziges diskriminierendes Wort gefallen, so sei sein Mandant freizusprechen, betonte der Rechtsanwalt in seinem Statement nach Verlesung der Anklage.
Möglich sei, dass es sich bei dem Fall um ein Missverständnis oder schlechten Humor handele - oder eben doch um eine "antisemitische Anspielung", sagte der Anwalt. Für die Gesellschaft sei es wichtig, dass das Gericht die Wahrheit ermittle. Außerdem betonte der Rechtsanwalt, es gehe "nicht um den Stern, sondern um die Diskriminierungserfahrung". Mobbing und Diskriminierung seien - besonders für Opfer - schwer nachzuweisen. Die öffentliche Meinung sei in dem Fall von mehreren Lügen bestimmt.
Das Gericht hat bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt.
Zum Video: Gil Ofarim wegen Verleumdung und Falschaussage angeklagt.
Mit Informationen von dpa.
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