Eine muslimfeindliche Haltung hält sich laut dem Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung auf einem "beständig hohen Niveau". Nach einem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Abschlussbericht stimmt jeder Zweite in Deutschland muslimfeindlichen Aussagen zu.
Die Experten empfehlen der Bundesregierung daher die Ernennung eines Bundesbeauftragten für die Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit. Ihm oder ihr zur Seite solle ein Sachverständigenrat stehen.
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Expertenkreis 2020 von Horst Seehofer berufen
Dies ist einer der Vorschläge, den der im September 2020 noch vom damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) berufene zwölfköpfige Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) in seinem Abschlussbericht macht. Der Titel des Papiers: "Muslimfeindlichkeit - Eine deutsche Bilanz".
Der Bericht richte sich an alle Menschen und Organisationen im Land, stellen die Verfasser voraus - denn entscheidend sei, dass gerade auch jene, die nicht unmittelbar diskriminiert würden, sich solidarisch verhielten.
Unter Muslimfeindlichkeit versteht der Bericht "Zuschreibungen pauschaler, weitestgehend unveränderbarer, rückständiger und bedrohlicher Eigenschaften gegenüber Muslimen". Ein "unbewusstes Vorverständnis", Fehlinformationen, pauschale Ängste aber auch strukturellen Benachteiligungen führten zu einer "feindlichen Spaltung" der Gesellschaft. Dabei konstatieren die Experten beim Rechtsextremismus "deutliche Ideologische Verbindungen" zwischen Muslimfeindlichkeit und Antisemitismus.
Kultusministerien sollten Lehrpläne und Schulbücher überarbeiten
Der Bericht empfiehlt eine Melde- und Dokumentationsstelle sowie mehr Beratung. Zudem sollten die Kultusministerien die Lehrpläne und Schulbücher überarbeiten und die Politische Bildung einen eignen Themenbereich anbieten. Für den Kampf gegen institutionellen Rassismus sollten Berufsgruppen in allen staatlichen Einrichtungen stärker sensibilisiert werden.
Experten: Muslimfeindlichkeit in den Pressekodex aufnehmen
Der Bericht sieht auch in vielen Medien eine "einseitig konfliktorientierte Berichterstattung" über den Islam. Im Internet und den sozialen Medien falle das Negativbild noch drastischer aus. Auch christliche Medien nähmen "in sehr unterschiedlicher Intensität an einseitigen Islamdiskursen teil".
Dabei gebe es "deutliche Parallelen zur negativen Islamwahrnehmung der deutschen öffentlichen Meinung", hieß es. Die Sachverständigen schlagen unter anderem vor, Muslimfeindlichkeit in den Pressekodex aufzunehmen, der ethische Standards für die tägliche Arbeit von Journalisten enthält.
Mit Informationen von dpa, KNA und epd
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