In Brandenburg ist die SPD bei der Landtagswahl knapp vor der AFD gelandet.
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In Brandenburg ist die SPD bei der Landtagswahl knapp vor der AFD gelandet.

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Nach Brandenburg: Herbst der Entscheidung für die Ampel?

Nach Brandenburg: Herbst der Entscheidung für die Ampel?

Die Wahl in Brandenburg schüttelt die Ampel durch. Die SPD feiert ihre Aufholjagd. Die Grünen stürzen ab. Und die FDP schneidet so desaströs ab, dass sie die Koalition einmal mehr infrage stellt. Wie geht es für die Ampel jetzt weiter? Eine Analyse.

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Es kommt selten vor, dass eine Partei mit einem Ergebnis von 0,8 Prozent den Tag nach der Wahl prägt. Doch das Abschneiden der FDP in Brandenburg könnte für die Bundespolitik noch weitreichende Konsequenzen haben. Es ist ja nicht nur Brandenburg, wo die Liberalen seit jeher politisch praktisch bedeutungslos sind.

Seit die FDP in der Ampel ist, hat die Partei mit einer Ausnahme (Saarland) bei allen Wahlen Stimmen verloren. In Niedersachsen, Berlin, Bayern und Thüringen flog sie aus den Landtagen. Immer wieder lautete die Analyse danach: Die FDP müsse in der Koalition sichtbarer werden und ihre Positionen deutlicher machen. Gebracht hat es nichts. Und so wird der Ampel-Frust der Liberalen immer größer.

Bayern-FDP fordert Ampel-Aus

Der bayerische FDP-Chef Martin Hagen verlangt, aus der Koalition auszusteigen. Bundesvize Wolfgang Kubicki stellt seiner Partei ein Ultimatum von maximal drei Wochen. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte noch am Wahlabend einen "Herbst der Entscheidung" angekündigt. Ob er damit inhaltliche Entscheidungen der Ampel oder eine Entscheidung über den Fortgang der Koalition meinte, ließ er offen.

Selbst wenn die FDP die Ampel verlassen würde, löst das nicht automatisch Neuwahlen aus. Die wären nur möglich, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Parlament die Vertrauensfrage stellt – und verliert. Bisher deutet nichts darauf hin, dass der Kanzler diesen Schritt gehen will. Scholz über ein konstruktives Misstrauensvotum im Bundestag auszuwechseln, scheint mit den aktuellen Mehrheitsverhältnissen genauso unwahrscheinlich.

SPD feiert Aufholjagd

Für den Kanzler ist das Wahlergebnis in Brandenburg der Beweis, dass die SPD noch Wahlen gewinnen kann. Ministerpräsident Dietmar Woidke hat in den letzten Wochen deutlich Boden gut gemacht und dabei von vielen taktischen Wählern profitiert, die einen Sieg der AfD verhindern wollten.

In der SPD verweisen sie in diesen Tagen gerne auf die Umfragen vor vier Jahren. Auch damals steckten die Sozialdemokraten in einem uneinholbar scheinenden Umfragetief. Scholz und sein Umfeld lassen intern keinen Zweifel daran, dass sie sich nochmal zutrauen, die Stimmung zu drehen – erst recht mit dem frisch gekürten Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz als Gegner.

Stimmen aus der SPD, die lieber Umfrageliebling Boris Pistorius an der Spitze sehen wollen, wie der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter, werden in Berlin bisher ignoriert.

Welche Rolle spielt die Migrationspolitik?

Bestärkt fühlen wird sich die SPD durch Umfragen aus Brandenburg. Laut den Wahlforschern von infratest dimap waren soziale Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung die wichtigsten Themen für die Menschen dort. Erst dahinter folgen Zuwanderung und innere Sicherheit – Themen, mit denen vor allem die AfD punktet.

Die profiliert sich bei dieser Wahl fast ausschließlich als Partei einer restriktiven Migrationspolitik im Bund. Ob der AfD-Höhenflug anhält, dürfte maßgeblich davon abhängen, ob es der Ampel gelingt, durch ihre jüngsten Beschlüsse Lösungen in diesem Bereich zu präsentieren.

Die Grünen im freien Fall

Klimaschutz spielt für nicht einmal jeden Zehnten in Brandenburg die größte Rolle für die Wahlentscheidung. Und das ist ein Problem für die Grünen. Legte die Partei bei den ersten Landtagswahlen nach dem Start der Ampel noch zu, geht es seit dem vergangenen Jahr nur noch abwärts. In Thüringen und jetzt in Brandenburg flogen sie aus den Landtagen. Die Parteispitze wirkt noch einigermaßen ratlos, wie sie den negativen Trend durchbrechen will.

Für alle drei Ampel-Parteien könnte die Ausgangslage kaum schwieriger sein: Gut ein Jahr vor der nächsten regulären Bundestagswahl ist die Koalition denkbar unbeliebt. In einem Herbst der Entscheidung könnte sie noch einige vereinbarte Projekte umsetzen – etwa ein Rentenpaket, das Tariftreuegesetz oder eine weitere Mietpreisbremse. Ob sie das will, entscheidet vor allem der kleinste Koalitionspartner, die FDP.

Zum Nachhören: Bayerns FDP-Chef Hagen fordert Ampel-Ausstieg

Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP im Bayerischen Landtag, auf einem Landesparteitag (Archiv)
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Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP im Bayerischen Landtag, auf einem Landesparteitag (Archiv)

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