Neuer Bundestag: Weniger aber viele neu Abgeordnete
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Bundestag konstituiert: Der Zauber des Neuanfangs

Bundestag konstituiert: Der Zauber des Neuanfangs

Für viele Abgeordnete eine Premiere: ihre erste Sitzung im Bundestag. Das neue Parlament kam zum ersten Mal zusammen. Was ist im Bundestag jetzt anders als bisher?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die erste Sitzung des neuen Bundestags hat immer eine besondere Atmosphäre. Es ist der Zauber des Neuanfangs, der diesen Tag bestimmt. 230 der 630 Abgeordneten haben heute ihre Premiere – für sie war es die erste Sitzung im hohen Haus. Viele von ihnen sind an diesem Tag mit langjährigen Kolleginnen und Kollegen aus ihren Fraktionen im Bundestagsgebäude zu sehen, sie bekommen Wege gezeigt und die Regeln des Hauses erklärt.

Was ist neu?

Vieles ist in diesem 21. Bundestag neu: So sitzen zum Beispiel durch das geänderte Wahlrecht deutlich weniger Abgeordnete im Plenum und die Flügel rechts und links sind durch das Erstarken von AfD und Linken breiter geworden.

An diesem besonderen Tag bleibt die Regierungsbank leer. Denn mit der konstituierenden Sitzung des Parlaments endet die Arbeit der Bundesregierung. Sie bleibt aber geschäftsführend im Amt – so lange, bis eine neue Regierung steht. Kanzler Scholz und sein Kabinett sind dennoch im Bundestag anwesend. Sie nehmen zwischen ihren Fraktionskollegen Platz. Ehemalige Abgeordnete – darunter mehrere FDP-Politiker – verfolgen von den Besuchertribünen aus, was unten im Plenum passiert.

Linken-Politiker Gysi eröffnet die Sitzung

Als dienstältester Abgeordneter eröffnet Linken-Politiker Gregor Gysi die Sitzung – mit einer 40-minütigen Rede, gespickt mit zahlreichen Appellen und Forderungen. Zuvor versuchte die AfD, ihm diese Aufgabe zu nehmen. Sie stellte einen Antrag, dass nicht der dienstälteste, sondern der nach Jahren älteste Abgeordnete und damit der 84-jährige AfD-Politiker Alexander Gauland die Eröffnungsrede hält. Doch alle anderen Fraktionen lehnen den AfD-Antrag ab.

Der 77-jährige Gysi verlangt in seiner Rede vom neuen Parlament und der nächsten Bundesregierung, sich für Frieden in der Ukraine und im Nahen Osten einzusetzen. Er mahnt zu gegenseitigem Respekt der jeweils anderen Position. Politiker, die auf Rüstung und Abschreckung setzen, dürfen nicht als Kriegstreiber bezeichnet werden. Schließlich ginge es ihnen darum, Frieden herzustellen. Anderseits seien Menschen wie er selbst, die mehr Diplomatie und eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa einschließlich Russlands wollen, keine "Putin-Knechte".

Gysi: "In unserer Sprache das Maß wahren"

"Es gibt unterschiedliche Auffassungen, wie man zum Frieden gelangt", sagt Gysi. "Wir müssen einfach lernen zu respektieren, dass es diese Unterschiede gibt." Und er betont: "Wenn wir mehr Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung erreichen wollen, sollten wir in unserer Sprache das Maß wahren – nicht immer bei Menschen mit anderer Auffassung das Übelste unterstellen."

Julia Klöckner neue Bundestagspräsidentin

Respekt, Glaubwürdigkeit, Sprache – Begriffe, die auch die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner von der CDU in ihrer Rede herausarbeitet, nachdem sie mit klarer Mehrheit in das zweithöchste Amt des Staates gewählt wurde. Sie ruft zu respektvollen Debatten im Bundestag auf. Der kontroverse Diskurs müsse geführt, ausgehalten und ertragen werden, sagt Klöckner in ihrer Antrittsrede.

Ruf nach Respekt und Anstand

Aber: "Ich werde darauf achten, dass wir ein zivilisiertes Miteinander pflegen." Ihr Gradmesser: der Anstand. "Die Art, wie wir miteinander umgehen und Argumente austauschen, hat Einfluss auf gesellschaftliche Debatten." Sie fordert, grundsätzlich bereit zu sein, dem anderen zuzuhören, seine Beweggründe verstehen zu wollen. Dabei habe die Mehrheit nicht automatisch recht, die Minderheit aber auch nicht. "Kritisieren wir einander, aber reden wir uns nicht gegenseitig persönlich schlecht", so Klöckner.

AfD im Parlament doppelt so groß

Die CDU-Politikerin und frühere Landwirtschaftsministerin verspricht, ihre neue Aufgabe "stets unparteiisch, unaufgeregt und auch unverzagt zu erfüllen". Sie wird es nicht leicht haben, mit einer AfD-Fraktion, die in der neuen Wahlperiode etwa doppelt so viele Sitze hat wie bisher und in der Vergangenheit mit vielen Zwischenrufen, Störungen und Beleidigungen aufgefallen ist. Ohne die AfD zu nennen, sagt Klöckner: "Unsere freiheitliche Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Gerade deshalb müssen wir unsere Staatsform mit ganzer Kraft verteidigen, gegen alle, die sie in ihren Grundfesten erschüttern wollen."

Zu Klöckners Stellvertreterinnen wählt die Mehrheit des Bundestags Andrea Lindholz von der CSU, Josephine Ortleb von der SPD sowie die Stellvertreter Omid Nouripour von den Grünen und Bodo Ramelow von der Linkspartei. Der AfD-Kandidat Gerold Otten fällt in drei Wahlgängen durch.

Mit der ersten Sitzung, dem neuen Bundestagspräsidium und dem Singen der Nationalhymne am Ende des sechsstündigen Plenartages ist der Neuanfang offiziell gemacht – wie lange der Zauber anhält, bleibt abzuwarten.

Im Video: Neulinge im Bundestag

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