Ein Embargo für russisches Öl in der EU wird immer wahrscheinlicher: Medienberichten zufolge haben Länder wie Österreich und die Slowakei ihr Veto zurückgezogen. Ausschlaggebend sei laut einem hochrangigen EU-Diplomaten, dass die deutsche Bundesregierung bei einem Embargo nicht mehr länger auf der Bremse stehen würde.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bestätigte in der ARD, dass Deutschland einem Ölembargo zustimme. Berlin habe sich in den jüngsten Vorgesprächen zu einem sechsten Sanktionspaket klar für einen Einfuhrstopp ausgesprochen. Bei der Suche nach alternativen Öllieferanten war Deutschland zuletzt erfolgreich.
Ungarn weiterhin gegen Öl-Embargo der EU
Trotz zunehmender Rufe in der Europäischen Union nach einem Stopp russischer Öl- und Gasimporte hält allerdings Ungarn offenbar an seinem Widerstand dagegen fest. "Die ungarische Haltung hinsichtlich eines Öl- und Gasembargos hat sich nicht geändert: Wir unterstützen dies nicht", antwortet am Montagfrüh ein Sprecher der Regierung in Budapest in einer E-Mail auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters und dementiert damit eine anderslautende Meldung. In Brüssel wollen die EU-Energieminister heute debattieren, ob ein Ölembargo Teil des sechsten Sanktionspakets gegen Russland sein soll.
Diplomaten: Schrittweiser Übergang geplant
Der neue Sanktionstext könnte den Mitgliedstaaten bereits am Mittwoch vorgelegt werden, hieß es aus Diplomatenkreisen weiter. Um noch skeptische Mitgliedstaaten zu überzeugen, ist demnach eine schrittweise Umsetzung des Importstopps vorgesehen. So soll den EU-Mitgliedstaaten sechs bis acht Monate Zeit gegeben werden, ihre Bezugsquellen für Öl zu diversifizieren.
Außenministerin Baerbock bekräftigte in der ARD Deutschlands Zustimmung. Man habe vor einigen Wochen noch gewusst, dass man sofortige Energiesanktionen keinen Monat hätte durchhalten können, sagt die Grünen-Politikerin. Aber nun habe man sich vorbereitet, weil man Sanktionen gegen Russland im Zweifel auch jahrelang durchhalten können müsse. "Wir werben auch innerhalb der EU dafür, jetzt im sechsten Sanktionspakt der EU den Ölausstieg als Europa gemeinsam zu gehen", fügte sie hinzu.
In mehreren EU-Hauptstädten wurde ein Öl-Embargo bislang kritisch gesehen. Befürchtet wurden noch stärker steigende Treibstoffpreise. "Wir müssen mit Blick auf die Marktreaktion sehr wachsam sein", sagte ein EU-Vertreter, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe Lösungen, um letztlich ein Importverbot umzusetzen. "Aber wir müssen mit großer Umsicht vorgehen."
Russland exportiert rund zwei Drittel seines Öls in die EU. Befürworter eines Embargos argumentieren, dass Russland durch einen solchen Schritt eine wichtige Einnahmequelle abhandenkäme, die es zur Finanzierung seines Kriegs in der Ukraine benötigt.
Habeck: Abhängigkeit von russischer Energie deutlich reduziert
Die EU-Kommission führte am Wochenende Gespräche mit Vertretern der besonders skeptischen Mitgliedstaaten sowie mit Vertretern der internationalen Energiebehörde und US-Vertretern. Die EU-Energieminister wollen bei ihrem Sondertreffen am Montag über das Thema beraten.
Die Bundesregierung hat inzwischen angekündigt, sich bis Mitte 2024 von russischem Erdgas zu lösen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verwies am Sonntag auf eine bereits erfolgte Reduzierung der deutschen Abhängigkeit von russischer Energie. "Die Abhängigkeit beim Öl sinkt auf zwölf Prozent; bei Steinkohle sind wir bei etwa acht Prozent und bei Gas bei etwa 35 Prozent", erklärte er anlässlich der Vorstellung des zweiten Fortschrittsberichts Energiesicherheit.
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