Bei einem Einsatz auf dem Mannheimer Marktplatz hat die Polizei am Freitagmittag einen Angreifer niedergeschossen. Nach Polizeiangaben hatte der Mann zuvor mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen.
Messerangriff: Polizist erleidet lebensgefährliche Verletzung
Bei dem Angriff wurden drei Menschen verletzt, ein Polizeibeamter sogar lebensgefährlich. Dies verlautete am Freitag aus Sicherheitskreisen. Der Beamte werde operiert. Ein Polizeisprecher nannte die Verletzungen der anderen Personen "teilweise erheblich". Eine Gefahr für weitere Beteiligte bestand nach dem Einsatz nicht mehr, sagte der Mannheimer Polizeisprecher Karl Appel dem SWR.
In Videos auf Sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie ein Mann an einem Werbestand auf Personen einsticht und in der Folge auch auf einen Polizisten – schließlich wird der Angreifer niedergeschossen. Bei einem der Verletzten handelt es sich um den bayerischen Islamkritiker Michael Stürzenberger.
Das Motiv der Tat ist bislang unklar. Ob die Messerattacke einen politischen Hintergrund habe, sei Gegenstand der Ermittlungen. Diese führt das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, wie ein Polizeisprecher weiter mitteilte. Man sei nun noch mit der Spurensicherung auf dem Marktplatz beschäftigt.
Im Video: Messerattacke in Mannheim
Islamkritiker Stürzenberger niedergestochen
Laut der Stadt Mannheim war es zu dem Einsatz rund um einen Infostand von "Pax Europa" (BPE) auf dem Marktplatz gekommen, wie der SWR meldet. Der Marktplatz in Mannheim gehört zu einem multikulturellen Stadtteil, der auch "Klein-Istanbul" genannt wird. "Pax Europa" ist ein rechtspopulistischer Bürgerverein mit Sitz in Krefeld und gilt als islamkritisch. Die Bewegung beschreibt sich auf ihrer Website als "Menschenrechtsorganisation", die "über Wesen und Ziele des politischen Islam" aufkläre. Dabei macht die BPE keinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus – beiden schreibt sie unter anderem "aggressive Verachtung und Intoleranz" zu. Stürzenberger führt seit dem Jahr 2022 Kundgebungen mit dem Verein durch.
"Der Angriff geschah, bevor die Veranstaltung überhaupt losging, das muss von langer Hand geplant worden sein", sagte die Schatzmeisterin von Pax Europa, Stefanie Kizina, der "Bild"-Zeitung. Eine Sprecherin der Stadt Mannheim bestätigte, dass die Organisation für Freitagvormittag eine Veranstaltung auf dem Marktplatz angemeldet hatte. Nach Darstellung von Kizina wurde bei dem Angriff das Pax-Europa-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger verletzt. "Er wurde am Bein und im Gesicht getroffen, wird notoperiert. Lebensgefahr besteht offenbar nicht", sagte die Schatzmeisterin der "Bild"-Zeitung.
Politiker nach Messerattacke in Mannheim entsetzt
Der Mannheimer Oberbürgermeister zeigte sich nach der Tat betroffen. "Dieser brutale Angriff erschüttert und schockiert uns, er macht uns sprachlos", sagte der CDU-Politiker Christian Specht am Freitag. Er sei in Gedanken bei dem verletzten Polizisten und auch bei den anderen Opfern. Zugleich rief er die Menschen dazu auf, nicht über die Hintergründe der Tat zu spekulieren, sondern stattdessen die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich erschüttert über die Gewalttat. "Die Bilder aus Mannheim sind furchtbar", schrieb der SPD-Politiker am Freitag auf X. "Mehrere Personen sind von einem Attentäter schwer verletzt worden. Meine Gedanken sind bei den Opfern. Gewalt ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie. Der Täter muss streng bestraft werden." Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einem schrecklichen Verbrechen. "Die Bilder dieser brutalen Gewalttat sind erschütternd." Sie wünsche den Opfern, dass sie wieder vollständig genesen könnten. "Meine Gedanken sind insbesondere auch bei dem durch Messerstiche schwerverletzten Polizeibeamten."
Grünen-Chef Omid Nouripour bezeichnete den Angriff als ungeheuerlich und wünschte den Betroffenen schnelle und vollständige Genesung. "Die Meinungsfreiheit muss gegen jede Form von Gewalt geschützt werden. Widerspruch gewaltfrei auszuhalten ist elementar für eine Demokratie. Der Täter und eventuelle Hintermänner müssen mit voller Härte des Rechts belangt werden."
"Die Bilder aus Mannheim sind entsetzlich. Das ist Terror", schrieb CDU-Chef Friedrich Merz am Freitag auf X. "Meine Gedanken sind heute bei den Opfern, ihnen wünsche ich eine baldige und vollständige Genesung."
Wer ist der Islamkritiker Stürzenberger?
Der studierte Politikwissenschaftler Michael Stürzenberger wurde 1964 in Bad Kissingen geboren und war von 2003 bis 2004 kurzzeitig Sprecher der CSU in München. 2011 verließ er die CSU und verschreibt sich seitdem dem Kampf gegen den Islam. In dem Jahr stieg er bei der Partei "Die Freiheit" ein, die alsbald beim Landesverfassungsschutz als islamfeindliche Gruppierung auftauchte. Im Februar 2012 übernahm er deren bayerischen Landesvorsitz, später war er bis zur Auflösung der Partei Ende 2016 deren Bundesvorsitzender. Mehrfach trat Stürzenberger auf Veranstaltungen der islamfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden auf.
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz erwähnte ihn zuletzt im Jahr 2022 in seinem Verfassungsschutzbericht. "Michael Stürzenberger ist weiterhin die zentrale Person der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene in Bayern", heißt es dort. Es lägen zahlreiche Anhaltspunkte vor, "dass Stürzenberger und sein Umfeld verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen verfolgen".
Im jüngsten Bericht der Behörde für das Jahr 2023 tauchen Stürzenberger und die BPE nicht mehr auf. Das liegt nach Angaben des Landesamts für Verfassungsschutz aber nur daran, dass diese weniger aktiv seien. Sowohl Stürzenberger als auch der BPE Landesverband Bayern würden weiter beobachtet.
Mit Informationen von dpa, epd, AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!