Die Ziele der Bundesregierung sind ehrgeizig. Deutschland soll bis 2030 – das ist in knapp sieben Jahren – 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Damit soll die Bundesrepublik nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Vorreiter in Europa werden.
Bisher werden knapp 50 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt. Für die andere Hälfte sind nach wie vor fossile Brennstoffe wie Kohle und Gas im Einsatz und vorübergehend noch Atomkraftwerke.
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Genauer: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stieg die Einspeisung aus erneuerbaren Energien im Jahr 2022 um 7,3 Prozent auf einen Anteil von 46,3 Prozent. Neben der stärkeren Stromerzeugung aus Windkraft habe ein deutlicher Zuwachs (plus 19,5 Prozent) beim Solarstrom zu diesem Anstieg beigetragen. ❗❗
Scholz: Täglich vier bis fünf neue Windräder
Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, müssen erneuerbare Energien ausgebaut werden. Der Bundeskanzler gibt vor: "Wir müssen bis 2030 vier bis fünf neue Windräder aufstellen, pro Tag."
Ist das realistisch? Ja, sagt die Energiebranche. Aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, erklärt Kerstin Andreae vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Aus ihrer Sicht sind lange Genehmigungsverfahren das größte Problem: "Es dauert einfach zu lange, bis der Windpark tatsächlich auch Strom erzeugen kann."
Blockaden durch Bürokratie und Brutplätze
Doch statt schneller Lösungen streitet die Ampel-Koalition nach wie vor darüber, welche Infrastrukturprojekte künftig beschleunigt werden sollen. Aber auch die Länder und Kommunen müssen laut Kerstin Andreae schneller werden, zum Beispiel durch standardisierte Verfahren beim Umwelt- und Artenschutz. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei wichtig, aber nicht jeder einzelne Brutplatz dürfe Projekte zum Scheitern bringen.
Darüber hinaus machen der Energiebranche fehlende Fachkräfte und Materialengpässe zu schaffen. Auch hierfür braucht es laut Andreae politische Konzepte wie zum Beispiel mehr Einwanderung und Anreize für Hersteller, sich hierzulande anzusiedeln.
Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien gilt es eine weitere Herausforderung zu meistern. Die Rede ist vom Ausbau der Stromnetze. Kerstin Andreae vom Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft mahnt an, den Netzausbau ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen.
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Um die Klimaschutzziele für Deutschland zu erreichen, berechnete der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft bereits im Jahr 2021 einen Anstieg des Strombedarfs bis zum Jahr 2030 von jetzt rund 550 auf dann etwa 700 Terawattstunden jährlich. ❗❗
Strom: Preisvorteile für Verbraucher möglich
Wie sich der Strompreis entwickeln wird, ist unklar. Experten meinen jedoch, je mehr Strom aus Erneuerbaren, desto günstiger werde es. Das hätte dann auch Vorteile für die Verbraucher.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) jedenfalls ist auf ganzer Linie zuversichtlich, dass die vielen Baustellen zu bewältigen sind. Er versichert, die deutsche Energieversorgung sei sicher, und beruft sich dabei auf einen Bericht der Bundesnetzagentur.
Die kritische Rolle der Opposition
Die Union im Bundestag sieht das kritisch. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz spricht von einem "Schönwetterbericht". Er verweist auf den schleppenden Ausbau der Netze und der Erneuerbaren, aber auch auf die Backup-Kapazitäten, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Dafür gebe es noch kein Konzept, so Lenz.
Noch sind Atom- und Kohlekraftwerke das Back-up. Später sollen es Gas- und Wasserstoff-Kraftwerke sein. Das von der Opposition geforderte Konzept beziehungsweise eine Kraftwerksstrategie will Wirtschaftsminister Habeck im Laufe des Jahres vorlegen.
Die Energie-Ökonomin Claudia Kemfert fordert mehr Tempo bei der Energiewende. Im Dossier Politik von Bayern 2 und BR24 kritisiert sie ganz konkret die deutsche Politik unter Bundeskanzlerin Merkel und die Windkraft-Blockade der CSU-Staatsregierungen in der Vergangenheit. Das 80-Prozent-Ziel hätte schon längst erreicht sein können, so Kemfert. "Die Politik hat hier ganz viel falsch gemacht in den letzten 15 Jahren."
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