Noch bis zu 60 Tage wird es dauern, bis der provisorische Hafen für Hilfslieferungen in den Gazastreifen voll einsatzfähig ist. Das teilte das US-Verteidigungsministerium am Freitag mit. Laut Pentagon-Sprecher Patrick Ryder sei dann die Lieferung von bis zu zwei Millionen Mahlzeiten am Tag möglich.
US-Präsident Joe Biden hatte am Donnerstagabend bei seiner Rede zur Lage der Nation die Einrichtung eines provisorischen Hafens vor der Küste des Gazastreifens für zusätzliche Hilfslieferungen auf dem Seeweg angekündigt.
1.000 US-Soldaten für Bau des Gaza-Hafens
Wie das Pentagon nun mitteilte, will das US-Militär rund 1.000 US-Soldaten für den Transport und Bau des temporären Hafens abstellen. An der Mission würden unter anderem Teile der für Logistik zuständigen 7. Transportbrigade der US-Armee beteiligt sein. Die Truppen würden vor der Küste des Gebiets einen Pier bauen, an dem große Schiffe Lebensmittel und andere Hilfsgüter abladen könnten. Kleinere Militärschiffe sollen die Güter dann von dort zu einem temporären Damm bringen, der an der Küste in den Boden getrieben werden soll, wie der Sprecher erklärte. Dass US-Soldaten in Israel an Land gingen, sei nicht vorgesehen. Wer die Hilfsgüter vom schwimmenden Damm ans Ufer bringen solle, werde noch geklärt, sagte Ryder. Zur Frage der Lebensmittelverteilung und anderen Aspekten der Operation seien die USA auch mit Verbündeten im Gespräch.
Ryder betonte, in der Zwischenzeit bemühten sich die USA um eine signifikante Ausweitung von Lieferungen auf dem Landweg, da dies die effektivste Weise sei, um Hilfen in das Krisengebiet zu bringen. Auch die Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft gingen weiter.
Erste Hilfslieferungen wohl bereits Sonntag auf dem Seeweg
Schon am Sonntag könnten erste Hilfsgüter die Menschen im Gazastreifen auf dem Seeweg erreichen. Das hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Aussicht gestellt. Die EU-Kommission, die USA, Zypern, Großbritannien und die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten am Freitag die Öffnung des Korridors an, an dem sich auch Deutschland, Griechenland, Italien und die Niederlande beteiligen wollen.
Weil die Häfen entlang des Gazastreifens keinen ausreichenden Tiefgang für große Schiffe bieten, müssen die Hilfslieferungen erst einmal über andere, nahe gelegene Häfen nach Israel oder Ägypten transportiert und von dort auf kleinere Boote umgeladen werden. Dass die Hilfslieferungen über einen EU-Hafen laufen, soll verhindern, dass andere Güter wie Waffen für die Terrororganisation Hamas in den Gazastreifen eingeschmuggelt werden.
Karte: Übersicht Israel und angrenzende Länder
Wirtschaftsminister Habeck lässt genaue Rolle Deutschlands offen
Die genaue Rolle Deutschlands bei der Hilfe über das Meer ließ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck allerdings noch im Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres in New York am Freitag offen - Berlin könne aber sicherlich Nahrungsmittel und medizinische Unterstützung liefern, so Habeck.
Die Palästinenser bräuchten umgehend Hilfsgüter und müssten "einen Ort haben können, wo sie hingehen und nicht durch Seuchen oder durch Hunger auch noch hinweggerafft werden". Der Vizekanzler fand dabei auch deutliche Worte in Richtung Israel: "Die anderen Kabinettskollegen haben das genauso gehandhabt, sagen sehr klar, wie wir die Lage sehen - und dass Israel seine Strategie im Gazastreifen ändern muss. Das heißt nicht, dass sie die Hamas nicht bekämpfen müssen. Aber die Zahl der zivilen Opfer ist zu hoch und die Strategie muss geändert werden."
Beim Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober waren israelischen Angaben zufolge etwa 1.160 Menschen getötet sowie rund 250 als Geiseln verschleppt worden. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mindestens 30.800 Menschen getötet. Nach fünf Monaten Krieg ist die humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet katastrophal. Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) befinden sich die dort lebenden 2,4 Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot.
Mit Informationen von dpa, AP und AFP
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