Sabotage? Lecks an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 geben Rätsel auf
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EU glaubt an Pipeline-Sabotage und droht mit Sanktionen

EU glaubt an Pipeline-Sabotage und droht mit Sanktionen

Der Verdacht, dass Sabotage für die Lecks an den Nord Stream-Pipelines 1 und 2 verantwortlich sein könnte, wird immer größer. Deutsche und europäische Politiker haben Vermutungen, wer dahinter stecken könnte. Die EU drohte mit Sanktionen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Nach gleich drei Lecks in nur kurzer Zeit an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 wird ein Sabotageakt als Ursache immer wahrscheinlicher. Die Europäische Union hat ihre Schlüsse gezogen und mit Gegenmaßnahmen gedroht. Auch in Polen, Schweden, Dänemark und den USA wird ein Anschlag auf die europäische Gasinfrastruktur als Ursache für die als beispiellos geltenden Schäden an beiden Pipelines für denkbar gehalten.

Aus Sicht deutscher Sicherheitskreise spricht ebenfalls vieles für Sabotage. Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des Aufwands nur ein staatlicher Akteur infrage kommen, hieß es am Dienstag. Zwar wird aktuell durch keine der Pipelines Gas geliefert, der Gaspreis stieg angesichts der Verunsicherung aber.

  • Zum Artikel: War es Sabotage? Drei Pipeline-Lecks und viele offene Fragen

EU droht mit Reaktionen

Die EU hält eine mutwillige Aktion für wahrscheinlich: Alle verfügbaren Informationen "deuten darauf hin, dass diese Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch im Namen der 27 Mitgliedstaaten. Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur werde "mit einer robusten und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden".

Borrell nannte in der Erklärung keinen Verdacht, wer hinter einem möglichen Sabotageakt stecken könnte. Der Spanier sagte jedoch, dass man über die Schäden an den Pipelines sehr besorgt sei. "Diese Vorfälle sind kein Zufall und gehen uns alle an." Man werde jede Untersuchung unterstützen, die darauf abziele, Klarheit über die Vorgänge zu erlangen. Zudem werde man Schritte unternehmen, um die Energiesicherheit robuster zu machen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte am Dienstagabend, sie habe mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen über "den Sabotageakt" gesprochen. Auch EU-Ratschef Charles Michel sprach von einem Sabotageakt.

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Dänemark und Schweden: Absichtliche Taten

Der dänischen Regierung zufolge sind die Lecks nicht auf einen Unfall zurückzuführen. Die Behörden seien zu der eindeutigen Bewertung gekommen, dass es sich um absichtliche Taten handle und nicht um ein Unglück, sagte Frederiksen am Abend.

Innerhalb kurzer Zeit seien mehrere Explosionen beobachtet worden. Zu den Vorfällen sei es in internationalen Gewässern in den Ausschließlichen Wirtschaftszonen Dänemarks und Schwedens vor der Ostsee-Insel Bornholm gekommen. Die dänische Marine veröffentlichte Aufnahmen, auf denen eine großflächige Blasenbildung an der Meeresoberfläche zu sehen ist.

Auch nach Einschätzung der schwedischen Regierung ist wohl von Sabotage auszugehen. Die Informationslage sei noch alles andere als vollständig, aber zwei Explosionen seien identifiziert worden, die drei Lecks verursacht hätten, sagte Ministerpräsidentin Magdalena Andersson. Basierend auf schwedischen und dänischen Informationen komme man zu dem Schluss, dass es sich vermutlich um eine absichtliche Tat handle. "Es ist also wahrscheinlich eine Frage der Sabotage", sagte sie. Man arbeite unter anderem mit Deutschland und den USA eng zusammen. Auch die EU sei informiert worden.

Ukraine: Von Russland geplanter Terroranschlag

Die Ukraine wurde erwartungsgemäß noch deutlicher: "Das großflächige 'Gasleck' an Nord Stream 1 ist nichts anderes als ein von Russland geplanter Terroranschlag und ein Akt der Aggression gegenüber der EU", schrieb der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter.

USA warnten offenbar schon länger vor Anschlägen

Auch die US-Regierung geht Berichten nach, denen zufolge die Lecks "das Ergebnis eines Angriffs oder einer Art Sabotage" sind, wie Außenminister Antony Blinken sagte. Der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte, Washington unterstütze Forderungen nach einer Untersuchung und werde sich weiter dafür einsetzen, "Europas Energiesicherheit zu gewährleisten".

Der US-Geheimdienst CIA hatte die Bundesregierung einem Medienbericht zufolge schon vor Wochen vor möglichen Anschlägen auf Gas-Pipelines in der Ostsee gewarnt. Ein solcher Hinweis des US-Auslandsgeheimdienstes sei im Sommer in Berlin eingegangen, berichtete der "Spiegel" unter Berufung auf "mit dem Sachverhalt vertrauten Personen".

Beschädigung durch Schiffsunfall höchst unwahrscheinlich

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte, "wir kennen heute noch nicht die Details dessen, was da passiert ist, aber wir sehen deutlich, dass ein Sabotageakt vorliegt". In Moskau will die Regierung einem Sprecher zufolge keine Variante ausschließen. Auch der Betreiber von Nord Stream 2 ist skeptisch: Die Leitungen seien so verlegt, dass eine gleichzeitige Beschädigung mehrerer Leitungen etwa durch einen einzelnen Schiffsunfall höchst unwahrscheinlich ist.

Messstationen in Schweden und Dänemark haben einem Medienbericht zufolge vor dem Entstehen der Nord-Stream-Gaslecks kräftige Detonationen unter Wasser verzeichnet. Es bestehe kein Zweifel daran, dass es sich um Sprengungen oder Explosionen handele, sagte der Seismologe Björn Lund vom Schwedischen Seismologischen Netzwerk (SNSN) dem schwedischen Rundfunksender SVT.

Der dänische Klima- und Energieminister Dan Jørgensen bestätigte Angaben von Geologen, dass es am Montag zunächst um 2.03 Uhr eine Explosion an Nord Stream 2 südöstlich von Bornholm sowie um 19.03 Uhr eine weitere an Nord Stream 1 nordöstlich von der Insel entfernt gegeben habe. Die Gasleitungen lägen tief im Wasser und bestünden aus Stahl und Beton. Die Größe der Lecks deute darauf hin, dass es sich nicht um ein Unglück etwa mit einem Schiffsanker handeln könne.

Sperrzonen eingerichtet - Krisenstäbe einberufen

Insgesamt drei Lecks waren - nach einem ersten Druckabfall in der Nacht auf Montag - sowohl in einer der Röhren von Nord Stream 2 wie auch in beiden Röhren der Nord-Stream-1-Pipeline entdeckt worden. Wegen der Gefahr für die Schifffahrt richteten dänische Behörden Sperrzonen ein. Außerhalb der Zone gebe es keine Gefahr, auch nicht für Einwohner von Bornholm und der kleinen Nachbarinsel Christiansø.

In den betroffenen Ländern wird an Lösungen gearbeitet. Sowohl in Schweden als auch in Dänemark wurden Krisenstäbe einberufen. Das Bundesinnenministerium nimmt die Beschädigungen an den Pipelines nach Aussage eines Sprechers "sehr ernst": "Wir sind hierzu innerhalb der Bundesregierung, mit den deutschen Sicherheitsbehörden und mit unseren dänischen und schwedischen Partnern im engen Kontakt."

Nato beobachtet Lage "sehr genau"

Auch die Nato befasst sich mit der Lage. "Das ist etwas, das wir sehr genau beobachten", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Man sei in engem Kontakt mit den Nato-Alliierten sowie Schweden, das Nato-Mitglied werden will. Grundsätzlich habe es Auswirkungen auf alle, dass Russland Energie als Waffe in dem Ukraine-Konflikt nutze.

Verunsicherung an den Energiemärkten spürbar

Die Nord Stream AG, die Nord Stream 1 betreibt, teilte am Abend mit, der erhebliche Druckabfall durch das Gasleck an beiden Strängen, führe zu der "starken Vermutung, dass die Pipeline physisch beschädigt" worden sei. Es würden alle notwendigen Ressourcen mobilisiert, um die Schäden in Zusammenarbeit mit den zuständigen lokalen Behörden zu bewerten. Derzeit sei es nicht möglich, einen Zeitrahmen für die Wiederherstellung der Infrastruktur abzuschätzen.

Die Verunsicherung war auch an den Energiemärkten zu spüren. Der Preis für europäisches Erdgas ist deutlich gestiegen und hat die Marke von 200 Euro überschritten. Am späten Dienstagnachmittag stieg der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas bis auf rund 207 Euro je Megawattstunde. Das waren etwa 19 Prozent mehr als am Vortag.

Keine Auswirkungen auf die Gasversorgung

Deutsche und dänische Behörden wiesen darauf hin, dass die Vorfälle keine Auswirkung auf die Gasversorgung hätten, da die Leitungen zuletzt nicht für den Gasimport benutzt worden seien. Während über Nord Stream 1 bis vor einigen Wochen noch Gas aus Russland nach Deutschland geflossen war - wenn auch mit gedrosselter Kapazität - war die Genehmigung für Nord Stream 2 kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine von der Bundesregierung auf Eis gelegt worden. Danach hatte sie wegen des Krieges eine Nutzung ausgeschlossen. Die Bundesnetzagentur verwies darauf, dass die Befüllung der Gasspeicher kontinuierlich weiter gehe. "Die Ereignisse ändern die Versorgungssituation nicht", sagte ein Sprecher.

  • Zum Artikel: "Gasspeicher in Deutschland füllen sich schneller als geplant"

Mit Material von AFP, AP, dpa und Reuters

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