Tempo 30 innerorts fordert die Gewerkschaft der Polizei zum besseren Schutz von Fußgängern. Im Bild eine Tempo-30-Zone in Heidelberg (2021).
Bildrechte: picture alliance / Daniel Kubirski
Audiobeitrag

Tempo 30 innerorts fordert die Gewerkschaft der Polizei zum besseren Schutz von Fußgängern. Im Bild eine Tempo-30-Zone in Heidelberg (2021).

Audiobeitrag
>

Polizeigewerkschaft fordert innerorts Tempo 30 als Standard

Polizeigewerkschaft fordert innerorts Tempo 30 als Standard

Weniger schwere Unfälle, mehr Schutz für Fußgänger – die Gewerkschaft der Polizei spricht sich für Tempo 30 innerorts aus. Auch die Verkehrsplanung müsse umdenken, so Experten. Problematisch seien vor allem Straßenquerungen und parkende Autos.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Für einen besseren Schutz von Fußgängern spricht sich die Gewerkschaft der Polizei innerorts für Tempo 30 aus. "Jeder ist Fußgänger – und wenn er nur zu seinem Auto geht", sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens. Die Sicherheit von Fußgängerinnen und Fußgängern gehe daher alle an. Vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft fordern Fachleute: Wer zu Fuß geht, soll besser geschützt werden. Die konkreten Ideen dazu gehen auseinander.

Kinder und alte Menschen häufig in Unfälle verwickelt

Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Mit neun Prozent waren Fußgänger im Jahr 2023 die zweitgrößte Gruppe der Unfallbeteiligten nach Autofahrern. Die Zahl der verunglückten Fußgänger lag dabei mit 33.504 fast wieder auf dem Vor-Corona-Niveau von 34.815 im Jahr 2019. Die Zahl der Getöteten war mit 449 sogar darüber (2019: 429). Unter 15-Jährige sowie Menschen über 75 Jahre waren dabei am häufigsten in Unfälle verwickelt.

Die meisten Unfälle von Fußgängern passieren demnach mit Autos. In rund 77 Prozent der Fälle waren dabei 2023 die Autofahrer schuld. "Oft passieren Unfälle, wenn Fußgänger eine Straße überqueren wollen", sagt der Leiter der Unfallprävention bei der Björn-Steiger-Stiftung, Siegfried Brockmann.

Polizeigewerkschaft fordert 30 km/h innerorts

Polizeigewerkschafter Mertens fordert eine Regelgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde innerorts. Wo Fußwege ausreichend abgesichert seien, könne auch mit 50 Stundenkilometern oder schneller gefahren werden. "Das schmerzt mich als Autofahrer auch, aber ich würde es machen", sagt er.

Mit einer Änderung der Straßenverkehrsordnung wurde es Kommunen 2024 bereits erleichtert, 30er-Zonen einzuführen. Auch höhere Bußgelder würden laut Mertens für mehr Verkehrssicherheit sorgen: "Wir sind europaweit der Discounter bei den Bußgeldern."

Verkehrsplanerin: Fußgänger zuerst bedenken

Vor allem aber müssten Verstöße wie Falschparken oder zu schnelles Fahren konsequenter geahndet werden, sagt Verkehrsplanerin Katalin Saary von der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung. Fußgänger werden oft zu spät gesehen. Nach einer Studie der Unfallforschung der Versicherer spielen bei jedem fünften Fuß- und Radverkehrsunfall parkende Autos eine Rolle.

Helfen könnten mehr sogenannte Gehwegnasen – also vorgezogene Bürgersteige, die die Fahrbahn an Querungen schmaler machen, so Saary. Generell brauche es ein Umdenken bei der Verkehrsplanung: Es müsse zuerst an Fußgänger gedacht werden. Parkplätze sollten erst dann eine Rolle spielen, wenn noch Platz übrig sei.

Unfallforscher: "Mehr Zebrastreifen – an den richtigen Stellen"

Ganz praktisch würden etwa mehr Zebrastreifen, Ampeln und Verkehrsinseln helfen, sagt Unfallforscherin Kirstin Zeidler vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Wichtig sei dabei, vorher mit Verkehrsbeobachtungen herauszufinden, wo Querungshilfen tatsächlich benötigt werden, ergänzt Unfallforscher Siegfried Brockmann von der Björn-Steiger-Stiftung. Auch müsste es leichter werden, Fußgängerüberwege einzurichten, fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft.

Zeidler baut auch auf Technik, wie etwa eine Pflicht für aktiv bremsende statt nur warnende Assistenzsysteme in neuen Fahrzeugen oder vernetzte Ampeln und Autos, die sich gegenseitig vor Fußgängern oder anderen Gefahren warnen. Der Auto Club Europa (ACE) schlägt zudem digitale Kontrollen falsch geparkter Autos mit sogenannten Scan-Fahrzeugen vor.

Größeres Halteverbot um Kreuzungen

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat wünscht sich, ein pauschales Park- und Halteverbot im Abstand von zehn Metern zu Kreuzungen und Einmündungen. Die derzeitige Regelung sieht fünf Meter vor. Der ACE fordert zudem, Gehwege besser instand zu halten und mehr Aufklärung. Und: "Grundsätzlich wäre auch eine strikte Trennung von Fußwegen, Radwegen und Fahrbahn sinnvoll."

Verkehrsgerichtstag am 29. Januar

Vom 29. Januar an wollen Fachleute beim Verkehrsgerichtstag in Goslar über das Thema sprechen. Der dreitägige Kongress zählt jedes Jahr zu den wichtigsten Treffen von Verkehrssicherheits- und Verkehrsrechtsexperten in Deutschland und endet mit Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Mit Informationen der dpa

VIDEO: Tempo 30 in Ortschaften für verkehrsgeplagte Anwohner?

Öfter "Tempo 30" in Ortschaften? Für verkehrsgeplagte Anwohner könnte das die Lösung sein.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024
Videobeitrag

Öfter "Tempo 30" in Ortschaften? Für verkehrsgeplagte Anwohner könnte das die Lösung sein.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!