Kein ehemaliger US-Präsident hat sich so drastisch und abfällig über Nato-Verbündete geäußert wie Donald Trump. Die Aufregung in den USA ist groß. Die Kommentatoren im Frühstücksfernsehen überschlugen sich am Montagmorgen.
Das Wall Street Journal, eine konservative Zeitung, die Donald Trump bis zum Umsturzversuch am 6. Januar 2021 im Kapitol die Stange gehalten hatte, verurteilte die Äußerungen Trumps vom Samstag mit scharfen Worten. Trump rühme sich seiner Bewunderung für Putin, so die Zeitung. Der Ex-Präsident sei bereit, dem russischen Diktator Wladimir Putin zu geben, was er wolle. Das sei aber nicht Frieden, sondern reine Beschwichtigungs-Politik.
BR24 fasst die wichtigsten Fragen zu Trumps kritischen Äußerungen zusammen.
Warum äußert sich Trump so abfällig über wichtige Verbündete der USA?
Donald Trumps abfällige Äußerungen über wichtige Verbündete der USA lassen sich zum Teil mit seinem unkonventionellen Politikstil und seiner "America First"-Philosophie erklären. Trump betrachtet internationale Beziehungen oft durch die Brille eines Geschäftsmanns und zieht bilaterale Abkommen, die seiner Meinung nach den USA unmittelbare Vorteile bringen, multilateralen Bündnissen und Verpflichtungen vor.
Er argumentiert, dass viele Verbündete der USA nicht ihren fairen Beitrag leisten, insbesondere in finanzieller Hinsicht, wie etwa bei den Verteidigungsausgaben der Nato, und die USA ausnutzen. Diese Haltung spiegelt seine generelle Skepsis gegenüber internationalen Institutionen und Abkommen wider, die er als unfair gegenüber den USA ansieht.
Durch seine direkte und oft provokative Kommunikation versucht Trump, seine politische Basis zu mobilisieren, die seine kritische Haltung gegenüber etablierten internationalen Beziehungen und Handelsabkommen teilt. Seine Äußerungen zielen darauf ab, eine härtere Verhandlungsposition der USA zu signalisieren und Reformen bei internationalen Beiträgen und Abkommen einzufordern.
Wie werden Trumps Äußerungen von seinen Anhängern aufgenommen?
Trumps MAGA-Anhänger (MAGA steht für Make America Great Again) bejubeln seine jüngsten Äußerungen. Viele seiner Unterstützer sehen in ihm eine starke Führungspersönlichkeit, die bereit ist, etablierte Normen und Praktiken infrage zu stellen, um die Interessen der USA zu verteidigen. Sie interpretieren seine kritischen Äußerungen über Verbündete und internationale Abkommen als Beweis für seine Entschlossenheit, bessere Bedingungen für die USA auszuhandeln.
Seine "America First"-Politik kommt beim US-Wahlvolk an, das glaubt, dass die USA in der Vergangenheit in internationalen Beziehungen zu nachgiebig waren und dass es an der Zeit ist, die nationalen Interessen wieder stärker in den Vordergrund zu rücken.
Trumps direkte und oft provokative Rhetorik wird als erfrischende Abkehr von der als vorsichtig und berechnend wahrgenommenen politischen Sprache des politischen Establishments in Washington empfunden.
Die NATO erachtet zwei Prozent des Bruttosozialprodukts als Mindestbeitrag eines Mitgliedslandes für wichtig. Welches NATO-Mitglied erfüllt diese Forderungen, welches scheitert?
2014 verpflichteten sich die Nato-Länder, in Zukunft zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Nach Berechnungen der Allianz werden Polen, die USA, Griechenland, Estland, Litauen, Finnland, Rumänien, Ungarn, Lettland, das Vereinigte Königreich und die Slowakei dieses Jahr voraussichtlich mehr als zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben.
Frankreich wird in diesem Jahr voraussichtlich 1,9 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgeben, Deutschland verfehlt schon seit vielen Jahren dieses Ziel. Ganz aktuell wird Deutschland nur 1,57 Prozent seines BIP beisteuern. Auch Kanada, einer der wichtigsten Handelspartner und Verbündeter der USA, gibt derzeit weniger als zwei Prozent für seine Verteidigung aus.
Wie reagiert Trumps Partei - die Republikaner?
Die Reaktion der Republikanischen Partei auf Trumps Äußerungen ist sehr unterschiedlich. Einige Parteimitglieder unterstützen Trump uneingeschränkt. Andererseits gibt es auch republikanische Politiker und Parteimitglieder, die Trumps Äußerungen kritisch sehen und sich von seinen Positionen distanzieren. Sie befürchten, dass seine oft spaltenden und polarisierenden Äußerungen dem Ansehen der Partei schaden und langfristig negative Auswirkungen haben könnten, insbesondere bei moderaten Wählern und wichtigen Wählergruppen.
Die Parteiführung versucht oft einen Balanceakt, indem sie Trumps Errungenschaften lobt, ohne sich direkt in die kontroverseren Debatten einzumischen. Die Republikaner sind gespalten und eingeschüchtert von Trump, der die Partei aber mittlerweile fest im Griff hat und kontrolliert.
Was sagt der amtierende US-Präsident Joe Biden?
US-Präsident Joe Biden hat die Äußerungen seines Vorgängers Donald Trump als "beängstigend und gefährlich" bezeichnet. Biden warnte am Sonntag, dass eine zweite Amtszeit Trumps die amerikanischen Beziehungen im Ausland zerstören und die Feinde des Landes ermutigen würde.
Biden sagte, Trump habe deutlich gemacht, dass er im Falle eines russischen Angriffs unsere Nato-Verbündeten im Stich lassen und Russland erlauben würde, "zu tun, was es will". Biden betonte, dass die Rolle des Oberbefehlshabers eine ultimative Verantwortung sei und dass Trumps Eingeständnis, Putin grünes Licht für Krieg und Gewalt zu geben, erschreckend und gefährlich sei. Die Äußerungen seien vorhersehbar von jemandem, der verspreche, wie ein Diktator zu regieren.
Auch die innerparteiliche Gegenkandidatin Trumps, Nikki Haley, warnte Trump davor, sich auf die Seite eines Bösewichts zu schlagen. Sie bekräftigte ihre Unterstützung für die Nato.
Und wie reagieren die Europäer?
Deutschland, Polen und Frankreich demonstrierten bei einem gemeinsamen Treffen Solidarität und beschlossen Maßnahmen gegen Russland.
Bundeskanzler Olaf Scholz sicherte Polen die Unterstützung Deutschlands zu und kritisierte Trumps Drohungen als unverantwortlich und gefährlich, da sie nur im Interesse Russlands seien.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk bezeichnete Trumps Äußerungen als "kalte Dusche" und verwies auf die hohen Verteidigungsausgaben Polens.
Bei den Gesprächen ging es auch darum, die europäische Unterstützung für die Ukraine zu verstärken und eine engere Zusammenarbeit bei der Munitionsproduktion zu fördern. Außerdem wurde ein gemeinsames Vorgehen gegen russische Desinformation und Cyberangriffe vereinbart. Die drei Länder, die dem sogenannten Weimarer Dreieck angehören, betonten ihre Entschlossenheit, ihre Demokratie zu verteidigen und ihre Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen.
Im Video: Was droht uns, sollte Trump 2024 wieder US-Präsident werden?
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