San Francisco gilt als die Hauptstadt der Tech-Industrie im Silicon Valley. Von KI über Kryptowährungen bis hin zu selbstfahrenden Autos. Neue Geschäftsideen werden hier oft als erstes getestet. Doch nun gibt es in der Tech-Metropole einen ungewöhnlichen Richtungswechsel: Die Stadtverwaltung sperrt sich dagegen, weitere Robotertaxis in San Francisco zuzulassen.
Taxifahrer in Sorge
Taxifahrer Matthew Sutter fürchtet um seinen Job. Bei einer Demonstration sagt er: "Wenn die Zahl der Robo-Taxis nicht begrenzt wird, weiß ich nicht, wie es weitergeht." Sutter steht vor dem Gebäude der CPUC, der Behörde, die im US-Bundesstaat Kalifornien für die Zulassung von Robo-Taxis zuständig ist. Der 65-Jährige hat miterlebt, wie die Fahrdienstvermittler Uber und Lyft vor mehr als zehn Jahren die normalen Taxis fast verdrängt haben. Jetzt fürchten Sutter und seine Taxi-Kollegen das endgültige Aus, wenn noch mehr Robo-Taxis in San Francisco zugelassen werden.
Mark Gruberg von der Taxi-Gewerkschaft meint: "Diesen Fahrzeugen jetzt vollen Zugang zu gewähren und sie am kommerziellen Markt teilnehmen zu lassen, halte ich für einen großen Fehler, denn sie sind noch nicht fit für diese Aufgabe."
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Robo-Taxis in Betrieb
Gut 600 Robo-Taxis sind täglich in San Francisco unterwegs. Fast immer ohne Fahrer. Ein Teil davon gehört der Google-Tochter Waymo. Hinter dem Konkurrenten Cruise steht der Autobauer General Motors. Die Stadtgebiete, in denen sich die beiden Anbieter bewegen dürfen, sind aufgeteilt.
Bisher wurden die meisten Fahrten kostenlos angeboten, nur in den Abendstunden durfte Geld verlangt werden. In der Nacht zum Freitag haben die Firmen Waymo und Cruise jedoch die grundsätzliche Erlaubnis erhalten, zahlende Fahrgäste im gesamten Stadtgebiet rund um die Uhr auch ohne einen Sicherheitsfahrer zu befördern. Die kalifornische Regulierungsbehörde CPUC setzte sich mit ihrer Entscheidung über den Widerstand der städtischen Verkehrsbetriebe und einiger Einwohner hinweg.
Erfahrungen der Passagiere
"Was ich an den Fahrten mag, ist, dass sich die Taxis an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Sie sind sehr sicher. An einem Stopp-Schild halten sie sogar komplett an", sagt Lyanne. Sie benutzt die Robo-Taxis hin und wieder.
Meistens klappt die Fahrt ohne Probleme. Aber nicht heute. Lyannes Taxi bleibt mitten auf einer Kreuzung stehen, obwohl die Ampel grün zeigt. "Wir stecken fest und sind noch nicht einmal ganz links..." Das Fahrzeug steht mit dem Heck auf der mittleren Spur. Vorbeifahrende Autos hupen. Kurze Zeit später meldet sich die Zentrale von Cruise über den Lautsprecher im Auto: Man werde den Fehler beheben. Dann geht es plötzlich weiter.
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Zwischenfälle und Kritik
Gut 600 Vorfälle haben die beiden Anbieter dokumentiert, seit sie vor gut einem Jahr in San Francisco mit dem vollautonomen Fahren begannen. Doch die Dunkelziffer ist nach Ansicht vieler Kritiker deutlich höher.
Behinderung im Alltag
Die Chefin der Feuerwehr von San Francisco, Jeanine Nicholson, klagt: "Die Fahrzeuge blockieren immer wieder die Straßen vor unseren Feuerwachen, unsere Löschfahrzeuge kommen nicht weiter."
Ähnlich äußert sich die Polizei. Doch nicht nur Rettungsfahrzeuge werden aufgehalten. Bei dichtem Nebel, wie er in San Francisco häufig herrscht, bleibt so manches Robo-Taxi plötzlich stehen, weil es einfach nicht mehr weiter weiß. Und das oft mitten auf einer Kreuzung, was in der ohnehin verstopften Stadt zu noch längeren Staus führt. Die beiden Anbieter wehren sich und spielen die unfreiwilligen Stopps herunter. Investoren bezeichnen die zögerliche Haltung der Stadtverwaltung als technikfeindlich und rückwärtsgewandt.
Wissenschaftliche Perspektive
Phil Koppman ist Professor an der Carnegie Mellon University. Er beschäftigt sich seit 20 Jahren mit der Sicherheit von Roboterautos: "Vor 25 Jahren sind wir mit einem Auto durch die USA gefahren und hatten zu 98 Prozent die Hand nicht am Lenkrad. Seit 25 Jahren arbeiten wir aber den letzten zwei Prozent. Diese Firmen sagen immer wieder, wir kriegen das in den Griff. Und das geht seit Jahren so."
Doch schwere Unfälle oder gar Verletzte gab es mit den Roboterautos in der 800.000-Einwohner-Stadt bisher nicht. Das müssen selbst Kritiker einräumen.
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