Pünktlich zur Öffnung der Finanzmärkte sind die neuen EU-Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft getreten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will es Kremlchef Wladimir Putin schwer machen, seinen Krieg zu finanzieren und den russischen Rubel weiter schwächen.
Russischer Rubel verliert massiv an Wert
Die russische Wirtschaft spürt die ersten Auswirkungen der neuen westlichen Sanktionen bereits. Der russische Rubel ging auf Talfahrt. Zuletzt mussten für einen US-Dollar 105 Rubel gezahlt werden, ein Viertel mehr als am Freitag. Da half es wenig, dass die russische Notenbank den Leitzins um 10,5 Prozentpunkte auf 20,0 Prozent anhob.
Russlands Zentralbank will auch mit weiteren Maßnahmen dem heimischen Finanzsystem unter die Arme greifen. So wurde es Wertpapierhändlern ab sofort untersagt, russische Wertpapiere im Besitz von Ausländern zu verkaufen, wie die Bank am Montagmorgen mitteilte. Mit Kapitalspritzen und Fremdwährungsgeschäften sollen zudem heimische Geldinstitute gestützt werden.
Vor den Bankautomaten bilden sich lange Schlangen. Viele Russen fürchten, dass die Banken wegen der neuen westlichen Sanktionen Bargeldabhebungen einschränken könnten und der Zahlungsverkehr gestört wird. Bankkunden versuchen, ihr Geld in Auslandswährungen wie Euro oder Dollar zu tauschen.
Ölpreis stark angestiegen
Die Devisenknappheit, die die Sanktionen gegen die Zentralbank nach sich ziehen, könnten also nicht nur einen Bank Run in Russland auslösen, sondern den Rubel de facto in eine nicht konvertierbare Währung verwandeln und damit weitgehend verhindern, dass Russland Produkte aus westlichen Ländern importieren kann.
Vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine ist der Ölpreis stark gestiegen. Er legte zuletzt um drei bis vier Prozent zu. Für ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent mussten wieder mehr als 100 Dollar gezahlt werden.
Auch der Preis für Erdgas zieht weiter an
Die Sorge um Lieferausfälle treibt auch den Preis für Erdgas weiter nach oben. Der europäische Future stieg um bis zu 35 Prozent auf 125 Euro je Megawattstunde, liegt damit aber noch rund 50 Prozent unter seinem Rekordhoch vom Dezember.
Für eine Drosselung oder gar Einstellung russischer Gas-Exporte nach Europa gebe es bislang keinen Anhaltspunkt, so Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. Die Sanktionen und der Exodus westlicher Ölgesellschaften dürften allerdings mittel- bis langfristig zu einer niedrigeren russischen Öl- und Gasproduktion führen, da Investitionen in die Aufrechterhaltung der Produktion beziehungsweise die Erschließung neuer Quellen deutlich schwieriger würden.
Weizenpreis-Explosion: Brot könnte teurer werden
Dem Weizen beschert die Furcht vor Lieferausfällen im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine den größten Preissprung seit fast 13 Jahren. Der US-Future steigt um mehr als neun Prozent auf ein Neuneinhalb-Jahres-Hoch von 9,2025 Dollar je Scheffel. Russland und die Ukraine sind wichtige Weizen-Exporteure.
Der Getreidepreis spielt bei Backwaren eine untergeordnete Rolle. Er wird auf einen niedrigen einstelligen Prozentbereich geschätzt. Personal- und Herstellungskosten liegen deutlich höher. Verbraucher in Deutschland müssen sich dennoch angesichts der steigenden Weltmarktpreise für Weizen tendenziell auf weiter steigende Brotpreise einstellen.
Deutscher Aktienindex sinkt
Die verschärften Sanktionen des Westens gegen Russland haben auch den deutschen Aktienmarkt nach unten gezogen. Der deutsche Aktien-Leitindex Dax verlor zunächst mehr als drei Prozent, beendete den Handel dann aber mit einem relativ moderaten Abschlag von 0,73 Prozent auf 14.461,02 Punkte. Rüstungswerte allerdings notieren deutlich im Plus.
Am Freitag hatte der deutsche Leitindex Dax wegen einer sehr vagen Hoffnung auf Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sich um mehr als dreieinhalb Prozent auf 14.567 Punkte erholt, nachdem er am Donnerstag im Verlauf noch bis auf fast 13.800 Zähler eingebrochen war.
Börse setzt Handel mit russischen Wertpapieren aus
Die Deutsche Börse setzt den Handel mit einigen wichtigen russischen Wertpapieren aus. Das gelte für Titel von Unternehmen, die von den EU-Sanktionen betroffen seien, hieß es. Zu den betroffenen Wertpapieren gehören etwa Aktien der Sberbank, von Rosneft oder auch Gazprom.
Die Börse in Moskau blieb angesichts der aktuellen Lage am Montag geschlossen. Am Montagabend wurde dann verkündet, dass auch am Dienstag nicht gehandelt werden wird. Ob am Mittwoch die Türen zur Börse wieder aufgehen, will die Zentralbank am einen Tag vorher um 09.00 Uhr verkünden.
Bei russischen Anleihen lösen die verschärften westlichen Sanktionen Panikverkäufe aus. Die Papiere mit Laufzeiten bis 2024 und 2043 verlieren jeweils mehr als 50 Prozent an Wert. Im Gegenzug verdoppeln sich die Renditen auf 17,073 beziehungsweise 20,003 Prozent.
Russlands Devisenreserven liegen vor allem im Westen
Umgerechnet knapp 640 Milliarden Dollar umfassen Russlands Devisenreserven: Dollar, Euro, Gold, chinesische Yuan, Staatsanleihen und andere Wertpapiere. Das Geld liegt allerdings Experten zufolge nicht im Land selbst, sondern vor allem bei westlichen Zentral- und Geschäftsbanken. Die EU-Sanktionen sollen es laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der russischen Zentralbank unmöglich machen, ihre Vermögenswerte zu verkaufen.
Würde die russische Zentralbank durch die EU-Sanktionen die Kontrolle über große Teile der Devisenreserven verlieren, könnte sie diese auch nicht mehr nutzen, um die Landeswährung Rubel zu stützen. Bereits in den vergangenen Tagen hatte die Zentralbank den Rubel mit Interventionen am Devisenmarkt den Rubel stabilisieren müssen, nachdem Anleger ihn in Panik massenhaft loswerden wollten.
Der Ausschluss russischer Banken aus Swift soll im Laufe des Tages verfügt werden. Zudem will die EU weitere Sanktionen gegen Russlands Partnerland Belarus sowie gegen russische Oligarchen, Geschäftsleute und Politiker in Kraft setzen.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!