Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an der Regierungsbefragung im Bundestag teil.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an der Regierungsbefragung im Bundestag teil.

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Spar-Haushalt: Scholz verteidigt Kürzungen beim Elterngeld

Das Bundeskabinett hat den Haushalt 2024 verabschiedet. Für Diskussionen sorgen dabei vor allem die deutlichen Einsparungen, etwa beim Elterngeld. Kanzler Scholz rechtfertigte den Sparkurs im Bundestag.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Kanzler Olaf Scholz hat sich im Bundestag zum Haushalt 2024 geäußert und dabei die geplante Kürzung des Elterngelds für Familien mit hohen Einkommen verteidigt. Über die heutige Einkommensgrenze von 300.000 Euro Jahreseinkommen sagte der SPD-Politiker bei der Regierungsbefragung: "Das ist sehr, sehr viel." Daher sei es "ganz vernünftig, dass man über die richtige Kalibrierung" weiter diskutiere. Der Kern bleibe aber, dass mehr Eltern ermutigt werden sollten, Kinder zu bekommen.

Kritik von mehreren Seiten

Die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär hatte Scholz nach den Plänen gefragt und bemängelt, dass die geplanten Neuerungen Frauen in eine stärkere Abhängigkeit von ihren Männern brächten. Derzeit können Paare mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen bis 300.000 Euro die Leistung in Anspruch nehmen. Künftig soll die Grenze laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bei 150.000 Euro liegen.

Paus findet den Schritt allerdings selbst problematisch und begründet ihn mit Vorgaben des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums wegen des Sparbedarfs im Haushalt. Die Liberalen wiederum betonen, es gebe etliche Alternativen für Sparbeiträge im Familienministerium.

Scholz rechtfertigt Sparkurs

Die geplanten Einschnitte sind Teil des Bundeshaushalts für 2024, der am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet wurde. Darin werden die Ausgaben des Bundes nach 476,3 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 445,7 Milliarden Euro gesenkt. Nach krisenbedingten Mehrausgaben in den Vorjahren soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder eingehalten werden.

Scholz rechtfertigte den Kurs der Etatsanierung mit Einsparungen. Der Haushalt sei natürlich davon herausgefordert, dass sich viele "an die großen Dimensionen gewöhnt" hätten, die mit dem Kampf gegen die Corona-Pandemie und Abfederungen von Folgen des Ukraine-Krieges verbunden gewesen seien. "Aber es ist jetzt auch klar, dass wir nun wieder Haushalte aufstellen werden, die nicht mit diesen zusätzlichen kreditfinanzierten Mitteln versuchen, Krisen zu bekämpfen."

Drei Prioritäten im Haushalt

Scholz nannte als Haushaltsprioritäten die Verteidigung, den Wandel zur Klimaneutralität und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Haushaltsentwurf habe Prioritäten, "die offensichtlich sind", betonte der Kanzler. "Zuallererst geht es um die Sicherheit unseres Landes." Er verwies auf die umfassende Unterstützung für die Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs sowie auf die Stärkung der Bundeswehr.

Zweites gehe es vor allem darum, dass Deutschland "ein modernes Industrieland" bleibe. Hier führte der Kanzler den Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität an, aber auch die Ansiedlung von Technologieunternehmen wie Halbleiterfabriken. An dritter Stelle sprach Scholz darüber, "dass wir für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sorgen". Es gehe darum, "dass wir alles Notwendige tun, dass alle zurechtkommen können".

Als Beispiel nannte Scholz, "dass wir jetzt alles dafür tun, die Kindergrundsicherung nach dem ersten Schritt", nämlich der Anhebung von Kindergeld und Kinderzuschlag zum 1. Januar 2023, "auch zu vervollständigen". Der Kanzler bekräftigte, dass die in der Ampel weiter umstrittene Kindergrundsicherung zum 1. Januar 2025 eingeführt werden solle.

Lindner will den "Goldstandard" halten

Bundesfinanzminister Christian Lindner lobte den Sparkurs. "Unser Bekenntnis zur Schuldenbremse über den gesamten Finanzplanungszeitraum unterstreicht, dass wir weiter der Goldstandard der Staatsfinanzierung bleiben wollen", sagte der FDP-Chef in Berlin. Der Haushaltsentwurf erkenne die "finanzpolitischen Realitäten" an. Der Entwurf sei für alle Beteiligten ein großes Stück Arbeit gewesen. "Wir beenden nun den Krisenmodus expansiver Staatsfinanzen. Das ist nicht nur Vorgabe der Verfassung, sondern ein Gebot ökonomischer Klugheit, Ausdruck des Verantwortungsgefühls gegenüber kommenden Generationen und ein Signal über die deutschen Grenzen hinaus."

Lindner betonte, der Konsolidierungskurs müsse in den kommenden Jahren entschieden fortgesetzt und Freiheitsräume im Haushalt erst wieder geschaffen werden. Die Einigung auf einen Gesetzentwurf für den Haushalt 2024 sei kein Schlusspunkt. "Neue strukturelle Ausgaben können nur realisiert werden, wenn es strukturell wirksame Gegenfinanzierungen gibt."

Union kritisiert Neuverschuldung

Die Opposition zeigte sich unzufrieden mit dem Haushaltsentwurf. Die Union verwies darauf, dass Lindner den Spielraum für die zulässige Neuverschuldung mit knapp 16,6 Milliarden Euro voll ausschöpft. Es fehle ein haushaltspolitischer Grundkonsens, wonach man nicht mehr ausgeben könne als man einnehme, sagte Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Diese Art der Haushaltspolitik sei "zukunftsvergessend, generationenfeindlich und ohne jede fiskalische Nachhaltigkeit".

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler wirft der Bundesregierung völlig falsche Prioritäten vor. "Die 'Ampel' kürzt uns in die Krise", sagte Wissler. "Wir brauchen keine schwarze Null, sondern mutige Investitionen in Infrastruktur und soziale Gerechtigkeit. Dafür muss die Schuldenbremse abgeschafft und die Vermögenssteuer wieder erhoben werden", forderte Wissler.

Kritik von Ökonomen und Gewerkschaften

Auch führende Ökonomen sehen den Haushaltsentwurf der Bundesregierung sehr kritisch. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sprach im BR-Interview etwa von einer "verpassten Chance" und einer "Mogelpackung". Die Schuldenbremse werde formal eingehalten, aber durch die Schattenhaushalte werde trotzdem mehr ausgegeben. Gleichzeitig fehlten die Investitionen und die soziale Ausgewogenheit. Gewerkschaften kritisierten vor allem die geplanten Einsparungen im Sozialbereich scharf.

Im Video - Einschätzungen von BR-Korrespondent Mario Kubina:

BR-Korrespondent Mario Kubina
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BR-Korrespondent Mario Kubina

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