Kein Zugang zu Staatsgeld? Über diese Frage urteilt an diesem Dienstag das Bundesverfassungsgericht und entscheidet, ob die rechtsextreme Partei NPD – vor kurzem umbenannt in "Die Heimat“ – von der Zuteilung staatlicher Gelder ausgeschlossen werden kann.
Die Entscheidung hat an Brisanz gewonnen, denn auch für die AfD bringen Politiker wie CSU-Chef Markus Söder eine mögliche Streichung der staatlichen Parteienfinanzierung ins Spiel.
Verfahren wurde bereits 2019 beantragt - es ist das erste dieser Art
Das Gerichtsverfahren hatten Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung bereits 2019 beantragt. Vier Jahre später entscheidet jetzt das Gericht, ob der NPD Zuschüsse und Vergünstigungen gestrichen werden können. Laut Grundgesetz ist das nur bei Parteien möglich, "die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden".
Die Möglichkeit, staatliche Gelder zu streichen, wurde geschaffen, nachdem 2017 ein Verbotsverfahren gegen die NPD zum zweiten Mal scheiterte. Damals hatten die Verfassungsrichter die Partei zwar als verfassungsfeindlich eingestuft, sie aber wegen ihrer mangelnden Bedeutung im Parteiensystem nicht verboten.
Das jetzige Verfahren gegen die Nachfolgepartei "Die Heimat" zur Parteienfinanzierung ist das erste dieser Art. Wie das Bundesverfassungsgericht im aktuellen Fall urteilt und vor allem, wie es das Urteil begründet, wird mit Spannung erwartet.
Urteil als "Blaupause für die AfD"
Denn dann wisse man Näheres darüber, wie hoch die konkreten Hürden für so ein Verfahren sind, sagt der SPD-Innenexperte Johannes Fechner. Das kann aus seiner Sicht dann auch andere Parteien betreffen, etwa die AfD.
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Söder hatte das Karlsruher Urteil zuvor als "Blaupause für die AfD" bezeichnet. Nach dem Urteil werde man klarer sehen und überlegen können, wie das weitergeht, sagte Söder am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Auch die Grünen zeigten sich offen für solche Überlegungen.
Die staatliche Parteienfinanzierung funktioniert folgendermaßen: Alle Parteien, die bei der letzten Wahl mindestens 0,5 Prozent (bei Europa- oder Bundestagswahl) oder 1 Prozent (bei einer Landtagswahl) der Stimmen erhalten haben, bekommen staatliche Gelder. Die Höhe bemisst sich unter anderem nach dem Stimmenanteil. Diese Prozentwerte schaffte der NPD-Nachfolger zuletzt nicht mehr. Weshalb er derzeit keine Mittel bekommt. 2020 hatte die Partei rund 370.600 Euro erhalten.
Bundesregierung reagiert zurückhaltend
Die AfD erhielt laut Berechnung des Bundestags für 2022 mehr als zehn Millionen Euro. Zu Forderungen, die AfD von dieser Finanzierung auszuschließen, äußerte sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit zurückhaltend. Er will das Urteil abwarten, verwies aber auch darauf, dass für einen solchen Ausschluss ähnlich hohen Hürden gelten könnten wie bei einem Parteienverbot.
Unabhängig von der Frage der Parteifinanzierung haben die Sicherheitsbehörden laut Bundesinnenministerium die Finanzströme innerhalb rechtsextremer Netzwerke im Blick. Seit zwei Jahren würde bei der Finanzermittlung dort verstärkt hingeschaut. Auch in Bezug auf das Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam, bei dem unter anderem einige AfD-Politiker teilgenommen haben, müsse man sich die Finanzströme genau anschauen, sagt ein Sprecher des Innenministeriums.
AfD nennt Forderungen "hysterisch"
Gelassen blickt der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, auf das Urteil. Das habe mit der AfD nichts zu tun. Er nennt die Forderungen nach einem Ausschluss seiner Partei von der Finanzierung "hysterisch". Die anderen Parteien verhalten sich aus Sicht Brandners "wie ein Ertrinkender, der um sich schlägt".
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki warnt unterdessen. Er hält die Idee "aus demokratietheoretischer Sicht für hochproblematisch". Würde der Eindruck erweckt, dass der politische Mitbewerber darüber entscheiden könne, welche Chancen eine andere Partei bekommt, dann löse das die "Grundlagen unseres demokratischen Zusammenlebens auf".
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