Ein Boulderer steht vor einer Wand und pustet sich Magnesia von der Hand.
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In manchen Bouldergebieten ist der Einsatz von Magnesia nicht erlaubt. Jedenfalls sollte man es sparsam einsetzen.

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Streit um Schweizer Bouldergebiet "Magic Wood"

Je beliebter eine Region, desto größer sind oft die Herausforderungen: Das gilt nicht nur für klassische Tourismus-Ziele, sondern auch für den Bergsport. Wie etwa für das Bouldergebiet "Magic Wood" in der Schweiz. Dort drohen Zugangsbeschränkungen.

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

"Mit dem Fluss, den man da unten hat und daneben die großen Steine, die da im Wald liegen, mit dem Moos, den Bäumen und der Sonne, die dann noch reinscheint. Einfach wunderschön." Martin Keller gerät ins Schwärmen, wenn er vom "Magic Wood" spricht. Für ihn ist es ein wahrlich "magischer Wald".

Keller ist Präsident der IG "Magic Wood" - der Interessengemeinschaft der Boulder-Community. Keller bouldert schon seit vielen Jahren selbst im Magic Wood. "Der Stein ist von sehr sehr, guter Qualität. Das heißt, er bricht nicht gleich weg und so wie er geformt ist, lädt er einfach zum Klettern ein", erklärt Keller weiter. "Das ist eine ziemlich einmalige Kombination."

Und das wissen auch viele andere Kletterer - das Gebiet ist zu einem Boulder-Mekka geworden, mit tausenden Besuchern im Jahr. Was zunehmend zu einem Problem wird.

Kläranlage stößt an ihre Grenzen

Entdeckt wurde das Gebiet Mitte der 90er Jahre. Anfangs war es noch ein Geheimtipp in der Boulder-Szene, nur wenige wussten von den "magischen Blöcken" im Ferreratal im Kanton Graubünden. Zu dieser Zeit musste man sich dort noch mit seinem Equipment durch den Bach kämpfen, um zum Ziel zu gelangen. Mittlerweile gibt es eine Brücke.

Doch nach und nach gewann der Boulder-Trend an Fahrt. Auch im Magic Wood. Dann habe es das Problem mit den Wildcampern gegeben, die Leute hätten sich einfach irgendwo hingestellt, erinnert sich Keller. Das habe die Anwohner gestört. Auch Abfall sei ein Problem gewesen. Um das Problem zu lösen, stellte die Gemeinde den Kletterern einen Übernachtungsplatz zur Verfügung. Doch der reichte bald nicht mehr. Also wurde schließlich ein Campingplatz errichtet – mit Parkmöglichkeiten, Duschen und Toiletten.

Doch mittlerweile kommen so viele Leute, dass auch der Campingplatz an seine Grenzen stößt. Die eigens gebaute Kläranlage reicht kaum noch aus, eine neue muss her. Auch die Brücke über den Bach muss repariert werden.

Übernachtungspreise und Crowdfunding

Um Geld in die Kasse zu spülen, gibt es nun zwei Überlegungen: Die Interessengemeinschaft der Boulderer möchte, dass die Preise für Übernachtungen erhöht werden, damit sich der Betrieb selbst finanzieren kann. Die Idee der Gemeinde ist es, eine Crowdfunding-Aktion zu starten. Das Ziel: 250.000 Franken bis zum Ende des Jahres. Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg: Am 24.05.24 lagen rund 3.000 Franken auf dem Spendenkonto. Die Aktion läuft allerdings auch erst seit wenigen Wochen.

Markus Niederdorfer ist der zuständige Gemeindepräsident. Ihm zufolge braucht es jetzt beides: Crowdfunding und höhere Preise. Nur, was passiert, wenn das Crowdfunding-Ziel nicht erreicht wird? Für Niederdorfer ist klar: "Wenn ich das Geld nicht habe, kann ich nicht groß investieren." Aus der Gemeindekasse könne nichts für dieses 'Hobby' genommen werden. "Dann müssen wir sowieso eine Zugangsbeschränkung machen", sagt der Politiker weiter. Schließlich sei er dem Kanton gegenüber verpflichtet, die Gemeinde so zu führen, dass keine Umweltschäden auftreten und die Parkplatzsituation keine Gefahr für den Straßenverkehr darstellt.

Bis zu 25.000 Leute strömen pro Jahr durch Gebiet

Mittlerweile übernachten auf dem Campingplatz pro Jahr rund 12.000 Leute. Hinzukommen noch Übernachtungen im dazugehörigen Hotel und Tagesgäste. Pro Jahr strömen so bis zu 25.000 Leute durch das Gebiet. Der Tiroler Boulder-Pionier Bernd Zangerl findet, dass der Wald komplett überlaufen ist. Er war einer der ersten, die im Magic Wood kletterten. Zangerl spricht davon, dass die Natur im Wald massiv leidet.

Der Präsident der Interessensgemeinschaft der Boulderer, Keller, sagt vor diesem Hintergrund, dass man selbst kein großes Wachstum wolle. "Wir sind dabei, im Wald die Wege auszuweisen, zu kanalisieren, in Ruhezonen zu definieren, damit sich die Natur erholen kann. Also wir kümmern uns eigentlich um all das", betont er. Die meisten Boulderer seien ohnehin sehr rücksichtsvoll und nähmen ihren Müll mit. Außerdem veranstalte man Wiederbepflanzungs-Aktionen und Cleanup-Days.

Appell zum naturverträglichen Bouldern in Bayern

Auch in Bayern gibt es einige beliebte Boulder-Spots: im Oberallgäu, zum Beispiel, aber auch die Blaueishütte, in Kochel, am Sudelfeld und natürlich in der Fränkischen Schweiz. Diese Gebiete müssen jedoch bei weitem nicht mit so vielen Besuchern klarkommen wie der Magic Wood, aber trotzdem gab es auch hierzulande immer wieder Probleme.

Deshalb hat sich der Deutsche Alpenverein vor 13 Jahren mit der "IG Klettern" zusammengesetzt und einen Appell zum naturverträglichen Bouldern erarbeitet, den "Boulder-Appell". Der beinhaltet unter anderem folgende Regeln: Keine gesperrten Wege befahren und rücksichtsvoll parken, keinen Müll zurücklassen, kein Feuer machen, Lärm vermeiden; neue Bouldergebiete mit den Eigentümern abklären, Magnesia sparsam einsetzen.

Das zeige Wirkung, so Marc Stannartz. Er ist beim DAV für den Bereich naturverträgliches Klettern zuständig. "Es gibt die Probleme schon, aber ich würde sagen, sie sind einerseits durch den Boulder-Appell und die Absprachen vor Ort, auch durch die Infrastruktur im Rahmen und nicht übermäßig ausgeprägt", sagt Stannartz.

Natürlich ist so ein Appell kein Selbstläufer. Am Ende hilft es sicherlich auch, es so zu machen wie Martin Keller im Magic Wood: Wenn er jemanden sieht, der Müll liegen lässt, geht er hin und bittet freundlich darum, ihn wieder mitzunehmen. Eben Rücksicht nehmen, auf andere und die Natur.

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