Fünf Jahre nach dem ersten Lockdown in der Covid-19-Pandemie zeigt sich, dass sich das Vertrauen der Menschen in Deutschland zu einzelnen öffentlichen Institutionen im Laufe der Corona-Jahre unterschiedlich stark entwickelt hat. Generell nahm im ersten Jahr der Pandemie das Vertrauen zunächst zu, dann jedoch wieder ab.
Nur politische Akteure wie die Bundesregierung oder der Bundestag konnten vom gewachsenen Vertrauen der Bevölkerung zehren. Dagegen vertrauten die Menschen Medien oder der Polizei nach 2022 weniger als noch vor der Pandemie. Diese Ergebnisse stellt eine Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe in Bamberg vor.
Erstes Corona-Jahr ließ Vertrauen wachsen
Was die Wissenschaftler schon aus anderen Ländern kannten, in denen es Krisen oder Kriege gab, trat im ersten Pandemiejahr auch in Deutschland ein: der sogenannte Rally-around-the-flag-Effekt. Er besagt, dass in solchen Situationen die staatlichen Institutionen, von denen die Bekämpfung der Krise und Hilfe erwartet wird, ein stärkeres Vertrauen genießen. Davon profitierten in Deutschland vor allem die Bundesregierung und der Bundestag.
Je länger eine Krise andauert, desto eher kehrt sich dieser Effekt dann jedoch auch um, erklärt Prof. Gundula Zoch, die das Studienprojekt geleitet hat: "Das sieht man deutlich daran, dass das Vertrauen in Bundesregierung und Bundestag im zweiten Pandemiejahr absinkt." Im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie blieben jedoch diese beiden Akteure, ebenso wie das Bundesverfassungsgericht auch danach über dem Ausgangswert.
Vertrauensverlust vor allem bei der Polizei spürbar
Obwohl die Polizei vor Corona das höchste Vertrauen aller abgefragten Institutionen genoss, konnte sie den Rückgang während der Pandemie bis 2023 nicht wieder wettmachen. Gundula Zoch vermutet, dass eine Rolle spielen könnte, dass "vielleicht wahrgenommen wurde, dass zum Beispiel auch im ländlichen Raum Vorgaben und Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wenig kontrolliert werden konnten." Gleichzeitig könnte auch die polizeiliche Umsetzung von Kontaktbeschränkungen, Versammlungsverboten und Ausgangssperren zunehmend kritisch von der Bevölkerung gesehen worden sein.
Zu den Verlierern der Pandemie gehörten auch die Medien. Ab dem zweiten Pandemiejahr ging das Vertrauen in sie deutlich zurück. Erst 2023 erreichte es wieder den Ausgangswert. Nur die Printmedien blieben dahinter zurück.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Für künftige Krisen kann die Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe zeigen, dass es wichtig ist, mit der richtigen Kommunikation die Maßnahmen zu begründen. Generell warnen die Bamberger Studienmacher: "Eine langfristige Erosion des politischen Vertrauens kann das Funktionieren einer Regierung massiv beeinträchtigen, etwa wenn die Legitimität ihrer Entscheidungen oder gar der Wahl selbst bezweifelt werden."
Menschen mit weniger Vertrauen in staatliche Akteure glaubten auch eher an Verschwörungstheorien, sagt Prof. Gundula Zoch. Dasselbe gelte auch für die Medien: "Wer das Vertrauen in etablierte Qualitätsmedien, in denen Fakten mehrfach geprüft und Aussagen ins Verhältnis gestellt werden, verliert, konsumiert diese Medien nicht mehr und ist im Zweifel empfänglich für Medien, die diese Qualitätsstandards nicht halten." Gerade die Informiertheit und das Vertrauen in Fakten hält jedoch die Soziologin für "unsere politische und gesellschaftliche Zukunft essentiell."
Menschen aus ganz Deutschland wurden befragt
Die Studie basiert auf Daten von 7.008 Erwachsenen, die im Rahmen des Nationalen Bildungspanels zwischen 2017 und 2023 fünfmal zu ihrem politischen Vertrauen befragt wurden. Gefördert wurde das Ganze vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Befragten stammen aus einem Großteil der deutschen Landkreise und kreisfreien Städte (353 von 402).
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