Zum fünften Jahrestag des ersten Corona-Lockdowns fordert der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, eine konsequente und umfassende Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen. "Wir brauchen diese Erkenntnisse, um für die nächste Pandemie gewappnet zu sein, die – und das ist leider nur eine Frage der Zeit – kommen wird", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Außerdem stehe die Glaubwürdigkeit von Politik auf dem Spiel, wenn weiterhin keine Aufarbeitung erfolge, fügte er hinzu – "mit der fatalen Konsequenz, dass die Bürgerinnen und Bürger zunehmend das Vertrauen in staatliches Handeln verlieren". Dies lasse sich auch an den letzten Wahlergebnissen deutlich ablesen.
Mehrheit findet Lockdown laut Umfrage im Rückblick richtig
Rückblickend gibt es für die Lockdowns mit Schließungen und Auflagen laut einer Umfrage mehrheitlich weiter Akzeptanz. Alles in allem betrachtet finden sie 56 Prozent richtig, wie die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Dabei nannten 21 Prozent die bundesweiten Lockdowns völlig richtig und 35 Prozent eher richtig. Rückblickend völlig falsch finden sie dagegen 20 Prozent und eher falsch weitere 19 Prozent der Befragten. Für 50 Prozent der Befragten waren die Lockdowns sehr belastend.
Gassen fordert Evaluation politischer Entscheidungen
Gassen verwies auf Medienberichte über angeblich zurückgehaltene Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes zum Ursprung der Pandemie. Vor diesem Hintergrund "wäre eine konsequente Evaluation der damaligen politischen Entscheidungen wichtiger denn je", betonte er.
Konkret forderte der Kassenärzte-Chef die Einrichtung einer Enquetekommission: "Dabei soll es nicht um Schuldzuweisungen gehen, sondern um die Frage: Was ist gut gelaufen? Welche Maßnahmen haben sich als falsch erwiesen oder wurden vielleicht gar nicht wirklich befolgt?"
Erster Lockdown vor genau fünf Jahren
Gassen verurteilte politischen Widerstand gegen eine Aufarbeitung. Es sei "schwer erträglich, dass einige derjenigen, denen damals keine Maßnahme hart genug sein konnte, sich in einer Art Geschichtsklitterung immer noch als Retter der Nation gerieren und einer ehrlichen Aufarbeitung im Weg stehen".
Der erste Corona-Lockdown in Deutschland wurde vor genau fünf Jahren – am 16. März 2020 – beschlossen und trat am 22. März 2020 in Kraft, um eine große Ansteckungswelle zu brechen. Er war mit zahlreichen Einschränkungen im öffentlichen Leben verbunden: Dazu gehörten mehrwöchige Schließungen von Kitas, Schulen, Restaurants, Läden, Kultureinrichtungen, Sportanlagen sowie auch Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln.
Erste Lockerungen des Lockdowns gab es nach sieben Wochen, am 4. Mai 2020. Die letzten bundesweiten Schutzvorgaben endeten erst am Ostermontag 2023. Um die ganze Palette der Schutzmaßnahmen, auch mit Impfungen und Masken, entbrannten erbitterte Auseinandersetzungen.
Mit Material von dpa und KNA
Im Video: Rückblick - Schulschließungen während Corona-Pandemie
Heute vor genau fünf Jahren war es: Alle Schulen in Bayern machten dicht. So sollte die Ausbreitung des neuen Corona-Virus verhindert werden.
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