Bundesernährungsminister Özdemir (Grüne) zeigt auf eine Tafel mit der Ernährungspyramide bei einem Besuch der Adipositas-Ambulanz der Charité.
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Bundesernährungsminister Özdemir (Grüne) zeigt auf eine Tafel mit der Ernährungspyramide bei einem Besuch der Adipositas-Ambulanz der Charité.

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Werbeverbot für Ungesundes kommt nicht voran

Werbeverbot für Ungesundes kommt nicht voran

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir will Werbung für Ungesundes stark einschränken, um Kinder zu schützen. Doch seit Monaten hängen die Vorschläge in der Abstimmung zwischen den Koalitionspartnern fest.

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Ortstermin im Adipositas-Zentrum der Charité in Berlin: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will sich hier Unterstützung für seine Pläne zum Werbeverbot für Ungesundes holen. Ein Ärzteteam kümmert sich um Kinder mit starkem Übergewicht. Leiterin Susanna Wiegand berichtet von den täglichen Herausforderungen: Ihr Team muss viele Folgeerkrankungen behandeln, wie "gestörten Zuckerstoffwechsel, hohen Blutdruck, Fettlebererkrankung". Zur ärztlichen Behandlung gehört auch eine Ernährungsberatung.

Deswegen stehen in einem Regal Produkte aufgereiht: ein Superfood-Müsli Feige-Haselnuss, ein Schokomilch-Drink, eine Flasche Pfirsich-Tee. Daneben stapeln sich jeweils die Zuckerwürfel, die in den Produkten drin sind. Es sind viele. Das soll Kindern und Eltern zeigen, wie viel Ungesundes in den Lebensmitteln stecken kann. "Wir sind immer wieder erschreckt, wie wenig Wissen da ist, obwohl die Informationsmaterialien reichlich vorhanden sind", sagt Ärztin Wiegand. Ihrer Erfahrung nach helfen Infobroschüren nur bedingt, erst im persönlichen Gespräch gebe es oft "Aha-Erlebnisse" - wie beim Wasser mit Geschmack.

Fachärzte sind für Werbeverbote

Viele der Familien, die in die Adipositas-Ambulanz kommen, sagen, dass sie nur Wasser trinken, erzählt Fachärztin Wiegand. Aber oft sei das Wasser mit einem Geschmack wie Kirsche oder Pfirsich. Das kann kalorienarm sein, es kann aber, je nach Produkt, pro Liter auch 15 Zuckerwürfel enthalten. Die Eltern glaubten das oft nicht, auf der Flasche stehe schließlich Wasser, erzählt Wiegand. Dann erklärt sie ihnen die Nährstoffangaben auf der Rückseite. Aus Wiegands Sicht zeigt das, "dass Werbung eben wirklich auch wirkt und uns die Arbeit damit ein Stück weit auch schwerer macht".

Verbot von Werbung für Ungesundes zur Primetime

Kinderärztin Wiegand und die Charité unterstützen die Pläne von Landwirtschaftsminister Özdemir, die Werbung für Ungesundes stark einzuschränken. Der Grünen-Politiker will Werbung für Lebensmittel mit bestimmten Zucker-, Fett- oder Salzgehalten im Fernsehen zwischen 17 und 22 Uhr verbieten. Außerdem will er sie auf Social Media stark einschränken und eine Bannmeile für Plakatwerbung rund um Kitas und Schulen.

Özdemir begründet das mit dem Schutz der Gesundheit der Kinder. Die Werbebeschränkungen sollen dabei ein Baustein sein, neben etwa besserem Essen in der Schule und mehr Sport. Mehr als zwei Millionen Kinder haben Übergewicht. Sechs Prozent der Kinder in Deutschland sind sogar stark übergewichtig, also adipös. Mit dem Werbeverbot will Özdemir für sie ein Umfeld schaffen, das es ihnen leichter macht, sich gesund zu ernähren. Auf das Argument, darum müssten sich die Eltern kümmern, antwortet er: "Was nicht geht, ist, dass wir zwei Millionen Kinder in dieser Gesellschaft einfach ausblenden oder sagen: Pech gehabt", so Özdemir. "Oder sagen: Hättest du halt einfach andere Eltern gehabt."

Ernährungsindustrie fürchtet negative Folgen für Wettbewerb

Özdemir bekommt starken Gegenwind, von Lebensmittelherstellern, von der Werbeindustrie. Sie fürchten negative Folgen für den Wettbewerb und die Medienvielfalt und zweifeln daran, dass das Verbot Einfluss auf die reale Ernährung der Kinder hätte. Die Ernährungsindustrie hat die Werbekampagne "Lieber mündig" gestartet.

Vor kurzem schwächte der Minister seine Vorschläge unter dem Druck ab: statt ein Werbeverbot fast rund um die Uhr nur noch zur Primetime. Aber trotzdem würden die Vorschläge immer noch weit über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinausgehen, sagt Thomas Hacker, medienpolitischer Sprecher der FDP.

FDP will Werbeverbote enger fassen

Hacker findet, Werbung für Ungesundes sollte nur bei Kindersendungen verboten werden, nicht generell in der Primetime - beim Familienfilm zum Beispiel. Anstatt "unnötiger Verbote" will Hacker den Fokus auf anderes legen: "Es kommt auf die Bewegung, es kommt auf die Aktivitäten, die gesunde Ernährung an." Da brauche es mehr Angebote, um Kinder "tatsächlich wirksam zu schützen".

Wie Kinder gut geschützt werden, ob mit mehr Bildungs-, mehr Sportangeboten oder zusätzlich auch mit weitreichenden Werbebeschränkungen - darum ringt die Koalition im Moment. Seit Monaten steckt das Werbeverbot in der Abstimmung fest. Wann da Bewegung reinkommt, ist offen.

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