Symbolbild: Apps von sozialen Medien auf dem Smartphone.
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Umstrittene Messenger-App: Welche Rolle spielt Telegram bei der Radikalisierung von Terroristen?

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Terrorismus-Experte: Mehr Kontrolle in sozialen Netzwerken nötig

Terrorismus-Experte: Mehr Kontrolle in sozialen Netzwerken nötig

Nach dem Anschlag von Solingen wird heftig über die Radikalisierung von Personen diskutiert – und die Rolle von sozialen Netzwerken dabei. Der gebürtige Würzburger Terrorismusforscher Neumann rät zu mehr Überwachung und Infiltration der Plattformen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Messerangriff von Solingen vom vergangenen Freitag, bei dem der mutmaßliche Täter aus Syrien drei Menschen tötete, beschäftigt die Politik weiter. Es geht um die Frage, wie solche Attentate künftig verhindert werden können. Setzt man bei der Wurzel des Problems an, dann muss gleich eine Radikalisierung der späteren Gewalttäter unterbunden werden. Hier kommen soziale Netzwerke ins Spiel, auf denen sich die Attentäter oft ihre "Ideen" holen.

Terrorismus-Experte plädiert für mehr Überwachung in sozialen Medien

Im Kampf gegen Terrorismus und Radikalisierung spielt deshalb die Überwachung und Infiltration von Netzwerken wie Telegram und TikTok aus Sicht des Terrorismusforschers am King’s College in London, Peter Neumann, eine große Rolle. Im Interview mit BR24 riet der gebürtige Würzburger davon ab, den einfachsten Weg zu gehen und einzelne Plattformen zu verbieten.

"Einfach abschalten geht wahrscheinlich nicht. Was man allerdings tun kann, und das versuchen die Franzosen ja momentan, ist, Druck auszuüben auf die Führung von Telegram, mehr zu tun, die eigene Plattform besser zu überwachen, sodass dort keine Straftaten passieren", sagte Neumann. Am Samstag war Telegram-Gründer Durow überraschend in Frankreich festgenommen worden.

Betroffene wechseln oftmals Plattformen: Von groß zu klein

Eine zweite Möglichkeit sei, "virtuelle Agenten" auf solche Plattformen zu schicken, erläuterte Neumann weiter. Das seien "im Prinzip Undercover-Polizisten, die solche Plattformen infiltrieren und virtuelle Zellen aufdecken". Das passiere bereits, "aber das sollte noch viel mehr passieren", so der Terrorismus-Experte.

Neumann bestätigte, dass Telegram seinen Informationen zufolge "die Hauptplattform" ist, die von Dschihadisten und auch Rechtsextremisten genutzt werde, um operativ zu planen. Oftmals beginne die Radikalisierung auf größeren sozialen Medienplattformen wie etwa TikTok oder Instagram, "dann trifft man sich auf Telegram, weil das verschlüsselt ist, weil das privat ist, weil man dort weiß, dass es wahrscheinlich nicht auffällt und nicht weitergemeldet wird".

Sorge vor wachsender Radikalisierung bei Teenagern

Die Anfänge der Radikalisierung würden häufig von den Algorithmen der Plattformen wie TikTok und Instagram eingeleitet. "Wenn man da einmal auf einen Islamisten draufklickt, dann kriegt man nur noch Islamisten und dann ist man sozusagen in dieser Blase drin und das islamistische Netzwerk wird für einen von der Plattform selbst zusammengestellt", warnte Neumann. Auf diesen Plattformen seien vor allem sehr junge Menschen. Derzeit sei eine wachsende Radikalisierung von Teenagern zu beobachten.

Islamisten rekrutierten Personen, die sich etwa durch ihre Interessen und Kommentare auf Instagram und TikTok als "ansprechbar" erwiesen. "Die werden dann rausgezogen auf Plattformen wie Telegram." Dort gehe es häufig erst mal um den Austausch von Videos "und irgendwann geht dann das Gespräch da drauf, jetzt möchten wir auch mal sowas machen, und dann wird es konkret und dann werden tatsächlich Anschläge geplant".

Telegram als Favorit von Extremisten, TikTok bei "Mainstream-Politikern" beliebt

Telegram werde vor allem von Extremen, Radikalen und Verschwörungstheoretikern genutzt, schloss Neumann. TikTok werde auch von "Mainstream-Politikern" genutzt. Trotzdem hätten auch dort im Moment eher die radikalen Kräfte Erfolg. Das bedeute, "dass man den Mainstream-Parteien sagen muss, ihr müsst auch besser werden. Denn TikTok ist die Plattform der Zukunft, da sind sehr viele junge Menschen aktiv, und wenn ihr das nicht richtig nutzt, dann tun es andere".

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