Allen Warnungen von Wirtschaftsexperten zum Trotz: Der neue US-Präsident Donald Trump macht seine Drohungen wahr. Ab sofort verhängen die USA auf Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada 25 Prozent Zölle, auf alle Einfuhren aus China werden zusätzlich zehn Prozent fällig.
Könnte Ähnliches auch Europas Handelsnationen blühen? "Absolut", antwortete Donald Trump zuletzt auf die Frage, ob er auch Zölle auf Produkte aus der EU erheben werde; Brüssel habe die USA "sehr schlecht behandelt".
Handelskrieg gegen Mexiko betrifft auch Deutschland
Schon jetzt reicht der Handelskrieg des US-Präsidenten gegen China, Kanada und Mexiko bis nach Deutschland. Vor allem die deutsche Autoindustrie dürfte die Auswirkungen der erhobenen Zölle gegen die beiden US-Nachbarn und den großen Rivalen in Fernost bald zu spüren bekommen.
Die großen deutschen Auto-Hersteller und auch viele Zulieferer nutzen Mexiko als billigen Produktionsstandort und bedienen von dort aus den US-Markt. VW, Audi und BMW haben in dem Land eigene Fabriken, Mercedes-Benz produziert in einem Gemeinschaftswerk mit Nissan.
Autokonzerne zwischen Diplomatie und Notfallplänen
Beispiel VW: Beim Volkswagen-Konzern, der sowohl in China wie auch in Mexiko in großem Umfang produzieren lässt, gibt man sich betont diplomatisch. Man setze auf "offene Märkte" und "konstruktive Gespräche". Zu bisherigen VW-Plänen einer neuen Batteriezellfabrik im kanadischen Ontario, die E-Auto-Werke in den USA beliefern soll, wollte ein Sprecher keine Aussage treffen.
Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company wird deutlicher. Er erwartet, dass VW, BMW und Mercedes zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern – alle drei Hersteller haben dort Werke, wollen sich öffentlich aber nicht äußern.
EU-Kommission will "entschieden auf unfaire Zölle reagieren"
Dirk Jandura, Präsident des deutschen Außenhandelsverbands BGA, sieht in den neuen US-Zöllen ein deutliches Zeichen an die EU und Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen. "Wir dürfen nicht erstarrt abwarten, bis auch die EU oder Deutschland mit Zöllen belegt werden", warnt Jandura.
Und Brüssel reagiert. Man bedauere die jüngsten Zollentscheidungen, so ein Sprecher. Die EU jedenfalls werde entschieden auf jeden Handelspartner reagieren, der unfair oder willkürlich Zölle auf Waren erhebe. "Unsere Handels- und Investitionsbeziehungen mit den USA sind die größten der Welt. Es steht viel auf dem Spiel."
Video: Trumps Zolloffensive und die möglichen Folgen
Scholz und Merz geben sich entschlossen
Auch im deutschen Wahlkampf sind die tatsächlichen und denkbaren neuen Zollpläne der neuen US-Regierung inzwischen angekommen. Der Bundeskanzler gibt sich selbstbewusst. Auf die Frage nach europäischen Gegenmaßnahmen sagte Olaf Scholz, die EU sei ein starker Wirtschaftsraum und habe "eigene Handlungsmöglichkeiten". Es gehe jetzt darum, dass "wir jetzt nicht die Welt aufteilen durch viele Zollbarrieren".
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz prophezeite am Rande der Vorbereitungen zum morgigen Wahlparteitag der Christdemokraten, Trump werde bald spüren, dass die von ihm erhobenen Zölle nicht von denen bezahlt werden müssten, die nach Amerika importieren, sondern von den Konsumenten dort. "Und damit wird er in seiner Zollpolitik auch Widerstand auslösen in den USA selbst", so Merz.
Wer am Ende die Zeche zahlt
Wer letztlich für die Zölle aufkommt, hängt von den Lieferverträgen zwischen Käufer und Verkäufer ab. In der Regel sind es die Importeure, die höhere Kosten an Verbraucher weitergeben: Wenn Autos wie in den USA von Zulieferungen aus Mexiko und Kanada abhängen, machen Zölle die Autos teurer.
Und es geht nicht nur um PS. Die USA beziehen einen nicht zu vernachlässigenden Anteil ihres Strom-, Gas- und Ölbedarfs aus Kanada, zudem viel Fleisch; Mexiko ist Hauptlieferant für viele Obst- und Gemüsesorten. Der demokratische Kongressabgeordnete Greg Stanton sorgte zuletzt mit der nachfolgenden "Inflationsliste" für Aufsehen. Trump hingegen formulierte in seinem Netzwerk Truth Social: "Wird es schmerzhaft? Ja, vielleicht (vielleicht auch nicht!) Aber wir werden Amerika wieder groß machen."
Wie Trumps "Zollopfer" reagieren
Noch in der gleichen Nacht, in der Trump die Zölle ausrief, kündigten Kanada, Mexiko und China Gegenmaßnahmen an. Kanada will ab Dienstag unter anderem Gegenzölle von 25 Prozent auf US-Waren erheben. Auch Mexiko und China kündigten "entsprechende Gegenmaßnahmen" an.
China will zudem eine Klage bei der Welthandelsorganisation einreichen. Ob das Land Recht bekommt, ist offen: Die 166 WTO-Mitgliedsländer haben sich zu fairem Handel verpflichtet. Nur unter bestimmten Voraussetzungen können Zölle WTO-konform über das beim Beitritt versprochene Niveau angehoben werden – etwa, wenn sonst die nationale Sicherheit gefährdet ist. Der Ausgang des Prozesses dürfte nicht nur in Peking, sondern auch in Brüssel, Berlin, Wolfsburg und München mit Interesse verfolgt werden.
Mit Informationen von dpa
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