ARCHIV - 23.02.2025, Ukraine, Kiew: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, beantwortet Fragen von Journalisten während einer Pressekonferenz.
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Ernstfall für Selenskyj: Welche Folgen Trumps Rüstungsstopp hat

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Ernstfall für Selenskyj: Welche Folgen Trumps Rüstungsstopp hat

Ernstfall für Selenskyj: Welche Folgen Trumps Rüstungsstopp hat

Es ist das Worst-Case Szenario für die Ukraine: US-Präsident Trump setzt die Militärhilfe für das angegriffene Land aus. Ein Stopp sei "der beste Beitrag zum Frieden", lobt der Kreml. Massiver hätte Trump die Ukraine nicht unter Druck setzen können.

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Am Montagnachmittag, nur drei Tage nach dem verhängnisvollen Eklat im Weißen Haus am vergangenen Freitag, traf Präsident Donald Trump zusammen mit seinen engsten sicherheitspolitischen Beratern die folgenschwere Entscheidung, die postwendend umgesetzt wurde: Heute in den frühen Morgenstunden, um 3.30 Uhr, sei die Auslieferung amerikanischer Militärgüter an der polnisch-ukrainischen Grenze eingestellt worden, so die Nachrichtenagentur Reuters.

Offenbar ziele der sofortige Stopp der militärischen US-Unterstützung darauf ab, den ukrainischen Präsidenten "zu zwingen, einen Waffenstillstand zu den von Trump diktierten Bedingungen zuzustimmen, oder das Land zu größeren Verlusten auf dem Schlachtfeld zu verurteilen", wie die "New York Times" zutreffend analysiert. Ohne ein Einlenken Selenskyjs würde es beim Stopp der Lieferungen bleiben, wie US-Medien unter Berufung auf Regierungsquellen übereinstimmend berichten.

Erst wenn der US-Präsident feststelle würde, dass sich die Ukraine "in gutem Glauben zu Friedensverhandlungen mit Russland verpflichtet" habe, könnte die Anordnung Trumps aufgehoben werden. Das Weiße Haus hatte die Nato-Verbündeten über das sofortige Aus der US-Militärhilfe für die Ukraine nach Angaben des polnischen Außenministeriums nicht informiert. Es habe "keine Konsultationen gegeben."

Wie umfangreich war die US-Unterstützung für Kiew?

Seit dem russischen Angriffskrieg am 22. Februar 2022 bis Ende Dezember 2024 haben die USA unter der damaligen Führung von Präsident Joe Biden nach Angaben des Kieler Weltwirtschaftsinstituts 114,2 Milliarden Dollar für die Unterstützung des angegriffenen Landes ausgegeben. Davon entfielen 64,1 Milliarden Euro für die militärische Unterstützung, 46,6 Milliarden Euro für die finanzielle Unterstützung und der restliche Betrag für humanitäre Unterstützung.

Zum Vergleich: Europa sprang der Ukraine im gleichen Zeitraum mit insgesamt 132,3 Milliarden Euro zur Seite, davon allein mit knapp 50 Milliarden Euro an Finanzhilfen der EU. Deutschland lieferte nach den USA mit 12,6 Milliarden Euro den größten militärischen Beitrag auf Seiten der Europäer, gefolgt von Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden. Insgesamt lieferten die europäischen Staaten Militärgüter im Wert von knapp 62 Milliarden Euro.

Welche Waffensysteme fehlen jetzt der Ukraine?

Es sind vor allem die weitreichenden Mehrfachraketenwerfer des Typs HIMARS sowie die ballistischen ATACM-Raketen, mit denen die Ukraine militärische Ziele innerhalb der russisch besetzten Gebiete angreifen konnte. Ferner reißt der US-Lieferstopp der Luftabwehrsysteme PATRIOT und NASAMS eine erhebliche Lücke in die Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte, ihre Städte und wichtigen Infrastruktureinrichtungen vor den russischen Angriffen zu schützen.

Auch bei den gepanzerten Mannschaftswagen hatten die USA der Ukraine Hunderte von Humvees und Bradley Fahrzeuge zur Verfügung gestellt – in einer Menge, die die europäischen Verbündeten nicht erreichen konnten. Bei der Lieferung von 155 Millimeter Artilleriegeschossen waren die USA ebenfalls mit großem Abstand führend. Offen ist derzeit, ob das Weiße Haus mit den ukrainischen Streitkräften weiterhin die Erkenntnisse der amerikanischen Satellitenüberwachung und Geheimdienstinformationen teilen wird.

Ebenfalls nicht klar ist, ob das privatwirtschaftlich operierende Starlink-Kommunikationssystem von Elon Musk über der Ukraine in Betrieb bleibt. Der BBC-Militärkorrespondent Jonathan Beale hat nach eigenem Augenschein festgestellt, dass "jede ukrainische Stellung an der Frontline eine Starlink Schüssel" habe. Für die Koordinierung von Artillerie- und Drohneneinsätzen, sowie für die Überwachung des Gefechtsfelds in Echtzeit seien Musks Satelliten sehr wichtig.

Russland werde ermutigt, weiter anzugreifen

Unter ukrainischen und westlichen Militärexperten herrsche die Meinung vor, dass der komplette Lieferstopp amerikanischer Rüstungsgüter an die Ukraine "das Ende des Krieges nicht beschleunigen, sondern Moskau sogar noch mehr Anreize zum Weiterkämpfen geben könnte", berichtet die "New York Times". Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Putin bereit wäre, eine Abmachung über einen Waffenstillstand zu akzeptieren. Die Entscheidung Trumps ermutige vielmehr Putin, "mehr zu verlangen – einschließlich einer Entmilitarisierung der Ukraine und Neutralität", so Malcolm Chalmers vom britischen Royal United Services Institute gegenüber der "New York Times".

Im Audio: Wie lange kann die Ukraine durchhalten?

Im Video: Welche Optionen hat Selenskyj?
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