Es ist eine Aussage, abseits der großen Bühnen auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die für Aufsehen sorgt. In einer Diskussion über die Ukraine fragt der Infrastrukturminister und Vize-Ministerpräsident aus Kiew, Oleksandr Kubrakow, in einer Diskussion: "Warum können wir solche Munition nicht auf unserem Territorium verwenden?" Die Rede ist von international geächteter Streu- und Phosphormunition. Die Schlagzeilen folgen prompt: Die Ukraine verlange nach Streumunition, berichten mehreren Medien.
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Kubrakow erklärte in der Diskussion aber auch, dass Russland diese Art von Munition jeden Tag an der Front gegen ukrainische Truppen einsetze. Fakt ist, dass weder Russland noch die Ukraine die sogenannte Streubomben-Konvention von Oslo unterschrieben haben. Dieser 2010 in Kraft getretene Vertrag verbietet den Einsatz, die Herstellung und Weitergabe von Streumunition. Deutschland hat ihn ratifiziert.
Streumunition: Verheerende Folgen für Zivilbevölkerung
Streumunition wird von Armeen eingesetzt, um große Flächen anzugreifen, anstatt konkrete Ziele zu zerstören und hat daher oft verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung in diesem Gebiet. Vor allem wenn die Munition Phosphor enthält, führt ein Angriff bei Menschen zu starken und immer schwerer werdenden Verbrennungen.
"Unsere Leute sterben in Bachmut"
In der Diskussion in München beklagte Kubrakow, dass die internationale Gemeinschaft mit ihren Waffenlieferungen immer erst auf die Aggression der russischen Armee reagiere. Er erklärte, Russland setze auch Streumunition ein.
"Es ist kompliziert, aber unsere Leute sterben in Bachmut", sagte Kubrakow. "Es gibt nichts, womit man sich gegen diese Art der Munition wehren kann." Warum also dürfe die Ukraine sie nicht gegen die russischen Truppen einsetzen? "Unsere Verbündeten haben Millionen Schuss davon", setzte er nach.
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Andere Vertreter der Ukrainer bekräftigen die Äußerungen des Infrastrukturministers in der Folge. So sagte Außenminister Dmytro Kuleba laut der Nachrichtenagentur dpa, man werde die Munition ausschließlich gegen das russische Militär einsetzen. Man sei keine Vertragspartei der Streubomben-Konvention, dementsprechend gebe es rechtlich kein Problem. Wladimir Klitschko, ehemaliger Box-Weltmeister und Bruder des Kiewer Bürgermeister Witalyj Klitschko, äußerte gegenüber RTL und NTV, es gehe darum, den Krieg zu stoppen - "was auch immer das ist, welche Mittel auch immer das sind".
Menschenrechtsorganisationen gegen Streubomben
Diese Einstellung wird kritisiert. Menschenrechtsorganisationen verurteilen den Einsatz von Streu- und Phosphormunition. Besonders Russland habe die geächtete Munition in urbanen Gebieten der Ukraine, also dort wo viele Zivilisten wohnen, eingesetzt - und das bereits seit 2014, berichten Beobachter.
Zuletzt verurteile die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den russischen Beschuss der Stadt Cherson mit Streumunition. "Die Bewohner von Cherson haben acht Monate russische Besatzung überlebt und sind endlich frei von der Angst, gefoltert zu werden, nur um Gegenstand neuer rücksichtsloser Angriffe zu werden", so eine Vertreterin der Menschenrechtsorganisation. Doch auch die Ukraine hat Streubomben offenbar bereits im Krieg mit Russland eingesetzt.
Klares Nein der Verbündeten Kiews
Die Verbündeten der Ukraine erteilen, trotz der russischen Angriffe mit dieser Munition Kiew eine Absage. "Wir liefern diese Munition nicht", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg der ARD klar. Und auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stellte klar: Deutschland werde keine als völkerrechtswidrig geächtete Munition liefern.
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