Ulrich Kelber
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Ulrich Kelber: Datenschutzbeauftragter auf Abruf

Ulrich Kelber: Datenschutzbeauftragter auf Abruf

Ulrich Kelber legt seinen neuen Bericht als Bundesdatenschutzbeauftragter vor. Eigentlich ist seine Amtszeit längst vorbei – doch die Ampel-Koalition kann sich nicht auf eine Nachfolge einigen. Die CSU spricht von einem "unwürdigen Schauspiel".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Ulrich Kelber macht Überstunden. Seit Anfang Januar ist er eigentlich gar kein Bundesdatenschutzbeauftragter mehr. Seine fünfjährige Amtszeit ist ausgelaufen. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete würde gerne weiter machen, doch die Ampel lässt ihn nicht.

Der SPD-Mann hat sich in seinem Amt mit vielen in der Koalition angelegt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rügte er für Einzelheiten der elektronischen Patientenakte. Er verklagte das Bundespresseamt, weil es Facebook-Fanpages für die Regierungskommunikation nutzte. Und er kritisierte SPD, Grüne und FDP wegen neuer Regeln für die Nachrichtendienste.

  • Zum Artikel: Datenschutzgrundverordnung: Was hat sie gebracht?

Was macht der Bundesdatenschutzbeauftragte?

Aufgabe des Bundesdatenschutzbeauftragten ist es, zu überwachen, ob sich alle öffentlichen Stellen des Bundes an die Regeln des Datenschutzes halten. Der Beauftragte bekommt viele Gesetzentwürfe vorab auf seinen Tisch und kann dazu Stellung nehmen. Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche Behörden Daten von Bürgern wie lange speichern dürfen. Oder welche Gesundheitsdaten für die Forschung genutzt werden dürfen.

War Kelber der Koalition zu unbequem?

Warum Kelber für eine zweite Amtszeit offenbar nicht infrage kommt, will in der Koalition niemand öffentlich kommentieren. Wie zu hören ist, hat die SPD innerhalb der Koalition nicht sonderlich für den studierten Informatiker gekämpft. Die Ampel hat vereinbart, dass FDP und Grüne einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin vorschlagen. Warum das bisher nicht passiert ist, will Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge nicht sagen. Die Gespräche seien vertraulich.

Der CSU-Digitalpolitiker Reinhard Brandl nennt das im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio "ein unwürdiges Schauspiel". Er vermutet, dass Kelber zu streng war, zu unbequem. Dass sich die Ampel nicht auf eine Nachfolge einigen kann, zeigt nach Brandls Ansicht, dass die Koalition dem Datenschutz nicht den notwendigen Stellenwert gibt.

Transparency sieht Unabhängigkeit in Gefahr

Ähnlich äußert sich Margarete Bause. Die stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland spricht von einem unwürdigen und intransparenten Ringen um die Neubesetzung. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen sieht dadurch die Unabhängigkeit des Amtes in Gefahr: "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass ein profilierter Bürgerrechtler dafür abgestraft wird, dass er seinen Job macht", so Bause in einem Statement vor knapp vier Monaten.

Damals war Kelber noch offiziell Bundesdatenschutzbeauftragter. Mittlerweile ist er nur noch geschäftsführend im Amt – für maximal sechs Monate. Auf die praktische Arbeit innerhalb der Behörde hat das kaum Auswirkungen, so Kelber im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Schwierigkeiten sieht der 55-Jährige aber bei internationalen Verhandlungen oder wenn er Datenschutzverstöße verfolgt. Dann könne sich das Gegenüber fragen, wie lange er noch im Amt ist.

Kelber kritisiert Hängepartie

Diese Hängepartie kritisiert Kelber: "Ich halte eine Entscheidung für notwendig, weil es für das Amt und die Behörde nicht gut ist, wenn es keine Klarheit gibt. Das kann die Unabhängigkeit des Amtes beschädigen."

Diese Unabhängigkeit dürfte Kelber auch an diesem Mittwochmittag betonen, wenn er in Berlin seinen Tätigkeitsbericht für das vergangene Jahr vorlegt. Denn der Bundesdatenschutzbeauftragte wird zwar von der Regierung vorgeschlagen und vom Parlament gewählt. Dann soll er aber unabhängig sein und genau diese Institutionen überwachen. Ein Widerspruch, dem Kelber offenbar zum Opfer fiel.

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