Die Ukraine erhält im Kampf gegen die russischen Angreifer weitere Waffen aus dem Westen. Vor allem die Spannungen zwischen den USA und Russland spitzten sich dadurch weiter zu. Aus Moskau heißt es, die Amerikaner würden mit den angekündigten Raketensystemen für Kiew "Öl ins Feuer gießen". Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, "die USA behalten ihre Linie bei, mit Russland bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen".
Russland sieht Friedensverhandlungen durch Waffen gefährdet
Peskow erklärte weiter, solche Lieferungen würden die ukrainische Führung nicht ermutigen, die Friedensverhandlungen wieder aufnehmen zu wollen. In Washington sieht man das völlig anders. Mit den Waffen soll die ukrainische Verhandlungsposition gegenüber Moskau gestärkt werden, erklärte US-Außenminister Antony Blinken. Moskaus Vorwurf, die USA würden mit den Waffenlieferungen den Konflikt weiter anheizen, wies Blinken zurück: "Es ist Russland, das die Ukraine angreift, nicht umgekehrt."
Ukraine verspricht, keine Ziele in Russland anzugreifen
Wie Blinken auf einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg außerdem sagte, hat die Ukraine zugesagt, die modernen Raketensysteme nicht für Angriffe auf Ziele in Russland zu nutzen. Mit den neuen Waffen wolle Washington sicherstellen, dass die Ukraine "alles hat, was sie für ihre Verteidigung braucht". Denn die Amerikaner rechneten damit, dass sich Russlands Krieg in der Ukraine über Monate hinziehen werde.
Die USA haben angekündigt, die ukrainischen Streitkräfte mit Mehrfachraketenwerfern auszustatten, die über eine Reichweite von 80 Kilometern verfügen. Die neue Ausrüstung ist Teil eines neuen militärischen Hilfspakets für die Ukraine im Gesamtwert von 650 Millionen Euro. "Wir haben die Systeme bereits in Europa vorpositioniert, so dass sie zügig geliefert werden können", sagte der Pentagon-Spitzenbeamte Colin Kahl in Washington. "Wir gehen von drei Wochen aus, in denen die Ukrainer in der Bedienung des Systems geschult werden. Es wird noch einige zusätzliche Schulungen für die Wartung geben. Irgendwann in diesem Zeitrahmen kann man also damit beginnen, die Systeme in den Kampf zu schicken."
Lawrow: Ukraine will Drittstaaten in Konflikt hineinziehen
Die Lieferung moderner US-Raketenwerfer an die Ukraine erhöht nach den Worten von Russlands Außenminister Sergej Lawrow die Wahrscheinlichkeit, dass ein Drittland in den Krieg hineingezogen wird." Solche Risiken existieren natürlich", sagte Lawrow bei einem Besuch in der saudischen Hauptstadt Riad. Die Ukraine bezwecke genau das mit ihren Forderungen nach der Lieferung schwerer Waffen. "Das ist eine direkte Provokation, die darauf abzielt, den Westen in militärische Handlungen zu verwickeln", sagte Lawrow.
Nüchterne Politiker im Westen verstünden diese Risiken genau – aber nicht alle in der EU, "besonders im nördlichen Teil", meinte Lawrow. "Es gibt Politiker, die bereit sind, sich auf diesen Wahnsinn einzulassen – nur, um ihre eigenen Ambitionen zu befriedigen", sagte er.
Auch Deutschland verspricht weitere Waffen
Aus Deutschland wird die Ukraine ebenfalls weitere Waffen erhalten. Wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) heute im Bundestag ankündigte, liefert Deutschland vier Mehrfachraketenwerfer und ein modernes Flugabwehrsystem für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Außerdem werde den ukrainischen Streitkräften ein modernes Ortungsradar zur Verfügung gestellt, das Artillerie aufklären könne, sagte der Bundeskanzler. Bei dem Luftabwehrsystem handelt es sich laut Scholz um IRIS-T des Herstellers Diehl. Damit werde das modernste Flugabwehrsystem geliefert, über das Deutschland verfüge. "Damit versetzen wir die Ukraine in die Lage, eine ganze Großstadt vor russischen Luftangriffen zu schützen", sagte Scholz.
Botschafter Melnyk: "Eis gebrochen"
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk begrüßte die Ankündigung neuer deutscher Waffenlieferungen. "Wir sind glücklich darüber, dass nun endlich Bewegung in die Sache gekommen und das Eis gebrochen ist", sagte Melnyk. "Gerade um das System Iris haben wir uns hinter den Kulissen seit fast drei Monaten bemüht, nun hoffen wir, dass es im Sommer fertig produziert ist, im August die Ausbildung starten und im Oktober der Einsatz beginnen kann." Gegenüber der "Wirtschaftswoche" sprach Melnyk von einem "echten Durchbruch".
Karte: Die militärische Lage in der Ukraine
Russische Truppen kurz vor Einnahme von Sjewjerodonezk
Derweil stehen die russischen Truppen kurz vor der Eroberung von Sjewjerodonezk. Die Industriestadt in der Region Luhansk ist die letzte Stadt, die die Ukraine im Donbass noch hält. Ihr Bürgermeister, Olexandr Strjuk, sagte der Nachrichtenagentur Reuters in einem Telefoninterview, die ukrainischen Streitkräfte hielten nur noch 20 Prozent von Sjewjerodonezk. Es bestehe aber weiter die Hoffnung, dass eine vollständige Einnahme durch russische Truppen verhindert werden könne.
Über 10.000 Menschen in der Stadt
Laut dem Bürgermeister halten sich noch 12.000 bis 13.000 Menschen in der Stadt auf. Gegenwärtig sei es nicht möglich, sie in Sicherheit zu bringen oder ihnen Lebensmittel zu liefern. Die Frage, wo er sich selbst aufhalte, lässt der Bürgermeister unbeantwortet.
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