Dem Segeln haftet etwas Elitäres an. Aber der vermeintliche Nischensport für Betuchte wird zum Trend. Die Zahlen des Deutschen Segler-Verbandes (DSV) zeigen deutlich: Das Interesse steigt. Waren es 2019 noch rund 188.500 Mitglieder, sind die Zahlen bis 2023 auf über 195.000 Mitglieder gestiegen. Auch die zunehmende Anzahl der Bootsführerscheine und knapp werdende Liegeplätze sind Indikatoren für den Boom beim Segeln.
Einen Grund für die zunehmende Beliebtheit sieht der DSV in der Corona-Pandemie. Der Wunsch, die Natur zu erkunden und den Bewegungsraum Wasser zu entdecken, habe, ähnlich wie der Bergsport, während der Pandemie zugenommen. Ein möglicher Grund: Segeln ist ein Individualsport im Freien und war auch während der Kontaktbeschränkungen möglich. Viele kommen aber auch über andere Wassersportarten, etwa das Stand-up-Paddeln, zum Segeln.
Segel-Influencer: Authentische Einblicke in den Sport
Auch in Sozialen Medien boomt das Thema. Segel-Influencer erreichen mittlerweile Hunderttausende von Menschen. In diesem Jahr war es vor allem die US-Amerikanerin Cole Brauer, die die Herzen der Segelfans eroberte. 2023 gewann sie zusammen mit Co-Skipperin Cat Chimney als erstes Frauenteam die "Bermuda 12". Bei der "Global Solo Challenge", einer Solo-Nonstop-Weltumseglung, startete Cole Brauer als einzige Frau und segelte erfolgreich auf den zweiten Platz.
Mit ihren Videos auf Social Media trifft sie offensichtlich den Nerv der Zeit. Cole Brauer zeigt, wie sie sich die Nägel lackiert oder an Silvester in Abendkleid und mit Pumps in der Hand an Deck tanzt. Auf Instagram folgen ihr mittlerweile über 480.000 Follower.
Unter den Segel-Influencern finden sich aber nicht nur Profis, sondern auch viele Hobbysportler oder Weltumsegler, die ihre Erfahrungen und ihren Alltag an Bord teilen.
Faszination Segeln – freier Blick aufs Wesentliche
Aber was zieht die Menschen aufs Wasser? Pfarrer Jörg Breu aus Regensburg ist selbst leidenschaftlicher Segler und verbringt seine Urlaube auf dem Meer. Erst kürzlich ist er durch die Nordsee und den Nordatlantik bis zur isländischen Hauptstadt Reykjavik gesegelt.
Neben Weite, Einsamkeit und Natur begeistern ihn besonders die neuen Perspektiven beim Segeln: "Ich glaube, was mich sehr fasziniert, ist dem Festland sozusagen gegenüberzutreten. Das heißt: Wenn man an einen Inselhafen geht, ist man eigentlich immer nur Gast. Man geht also ganz bewusst vom Wasser an Land und sieht den Planeten noch mal von einer ganz anderen Seite."
Auch wenn das Segeln höchste Konzentration erfordert und mit viel Verantwortung einhergeht, empfindet Pfarrer Breu dabei tiefe Entspannung: "Die Verantwortung geht auf etwas vollkommen Anderes über, was einen aber zu hundert Prozent fordert. Und das ist die Entspannung. Das geht Bergsteigern ähnlich, die dann sagen: Ich bin da komplett gefordert, aber auf eine Weise, die meinen Geist frei macht."
So ermöglicht das Segeln es Jörg Breu, über Dinge nachzudenken, für die im Alltagsstress keine Zeit bleibt. Das zeigt ihm jedes Mal aufs Neue, dass auch andere Aspekte des Lebens abseits des Berufs wichtig sind.
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