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Mehr Mathe-, mehr Deutsch-, dafür weniger Kunst-, Musik-, Werken und Gestalten- und Englischunterricht – so lassen sich die Änderungen der Stundentafel an Bayerns Grundschulen, die seit diesem Schuljahr gelten, grob zusammenfassen. Manche BR-User sahen die vom bayerischen Kabinett im Frühjahr beschlossenen Maßnahmen kritisch.
Die neue Stundentafel – Kritik und Probleme
BR24-User "Landsberger" schreibt im Zuge der Diskussion: "Warum gerade die beliebtesten Schulfächer gekürzt werden sollen, verstehe ich nicht. Gerade im Fach Werken kann man sein mathematisches Wissen anwenden und testen."
Ist eine Kombination von Fächern wie zum Beispiel Werken und Mathe oder Musik und Deutsch möglich, um von den Vorteilen aus verschiedenen Bereichen zu profitieren?
Kai Maaz, geschäftsführender Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF), sieht das kritisch. "Ja und nein", sagt er dazu im BR-Interview. "Das geht ja so ein bisschen Richtung Projektunterricht, dass man ein Projekt hat, an dem man dann auf verschiedene schulische Bereiche andockt." Nach seiner Auffassung sei das in aller Regel erst dann sinnvoll möglich, "wenn schon auf ein Mindestmaß an Basiskompetenzen zurückgegriffen werden kann." Und gerade mit den Grundlagen, wie Rechnen, Schreiben, Text- bzw. Sprachverständnis, haben viele Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten, wie die letzte Pisa-Studie gezeigt hat.
Für Katrin Lohrmann, Professorin für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist die Kürzung der kreativen Fächer wie Kunst, Werken und Gestalten und Musik trotzdem problematisch, weil gerade diese Fächer eine besondere Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder hätten – aber vor allem gerade auch für die vielfältige Entwicklung von Interessen und eine positive Einstellung gegenüber der Schule insgesamt wichtig seien."[…] das sind eben häufig die Fächer, für die sich die Kinder besonders begeistern", betont die Bildungsforscherin.
Besserer Unterricht: Vorschläge, wie er gelingen kann
Um den Unterricht zu verbessern, plädiert Bildungsexperte Maaz für mehr Qualität statt Quantität. "Die Frage, die man sich ja ernsthaft stellen muss, ist: Wie geht man mit den teilweise doch eklatanten Defiziten im sprachlichen wie mathematischen Bereich um? Und das wird man nicht nebenbei lösen", sagt er. Das werde nicht funktionieren, indem man "additiv nur etwas dazubringt", kritisiert er den neuen Stundenplan. Er spricht sich dafür aus, "andere Bereiche" teilweise "auch temporär" zurückzufahren. Mehr Unterrichtsstunden und damit längere Schultage für die Kinder hält Maaz hingegen nicht für sinnvoll.
Grundschulpädagogin Lohrmann hält es für notwendig, Lerninhalte zu entstauben, mehr an die Lebenswelt der Kinder anzupassen und ihnen so das Lernen zu erleichtern. Und für eine bessere Förderung müsse man sich fragen, ob die nicht in kleineren Gruppen statt im großen Klassenverband stattfinden müsse, um auf diese Weise gerade die Schwächsten individuell ansprechen und fördern zu können, sagt die Pädagogin.
Mehr Förderung für solche Kinder, die es brauchen, dafür hat die bayerische Staatsregierung das sogenannte Diagnoseverfahren eingeführt. Schon vor der Schule soll so erkannt werden, wer wo Hilfe braucht. Bildungsforscher Maaz betont, die "Vorbereitung auf Schule" müsse bereits zwei Jahre vor Schuleintritt in den entsprechenden Einrichtungen, wie zum Beispiel in den Kitas, viel stärker erfolgen.
Ist es sinnvoll, dass Lehrer über die Unterrichtsstunden entscheiden?
Anmerkung des Users "BV": "Was uns diese Diskussionen zeigen: Die Entscheidungen, welche Stunden wegfallen, muss zentral vom Ministerium kommen. Die Schulleitungen vor Ort haben weder Zeit noch Nerven, sich darüber mit Lehrkräften, Eltern und Politik rumzustreiten."
Antwort von "Teacha": "Absolut falsch. Im Ministerium ist man leider viel zu weit weg vom Tagesgeschehen."
Kultusministerin Anna Stolz sagt dazu: "Wir brauchen mehr Flexibilität, mehr Eigenverantwortung für die Profis vor Ort. Die wissen doch am besten, was die Schülerinnen und Schüler brauchen und setzen das entsprechend um. Und genau diese Freiheiten geben wir jetzt mit der flexibleren Stundentafel." Auch Andreas Fischer, Vorsitzender des Bayerischen Schulleitungsverband (BSV), begrüßte schon im Frühjahr gegenüber dem BR diese neue Flexibilität der Lehrer bei der Unterrichtsgestaltung.
Frage des BR-Users "Mr.Green": "Gilt die neue Stundentafel für die Grundschulen aufsteigend?"
Anders als bei den Regelungen des G8 bzw. G9 am Gymnasium gilt die Stundentafel ab sofort für alle Klassen, bestätigt das bayerische Kultusministerium dem BR auf Anfrage.
Stundentafeln im Vergleich: Die neue und die alte Stundentafel, gültig ab diesem Schuljahr
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