Camembert wird geschnitten
Bildrechte: picture alliance / The Picture Pantry | Julie Benz

Die weiche und weiße Oberfläche von Camembert wird durch einen Albino-Pilzstamm verursacht.

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Warum der typische Camembert bald aussterben könnte

Samtige, weiße Oberfläche, weicher Kern: Womöglich sind die Tage dieser Art von Camembert gezählt. Ein Forschungsteam erklärt: Der dafür genutzte Pilz ist bedroht. Weichkäse-Fans müssen sich künftig vielleicht mit unappetitlichen Farben anfreunden.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Morgen am .

Die gute Nachricht vorweg: Es gibt offenbar kein kurzfristiges Risiko, dass der typische Camembert aus dem Supermarkt verschwindet. Doch langfristig könnte sich der weiße Weichkäse verändern. Denn der Pilzstamm, der für Optik und Aroma verantwortlich ist, ist vom Aussterben bedroht. Darauf weist das Forschungsteam um Jeanne Ropars und Tatiana Giraud von der Universität Paris-Saclay in einem News-Blog des französischen Forschungszentrums CNRS hin.

Die typische weiße Farbe erhalte der Camembert, weil für ihn vor etwa 80 Jahren ein Albino-Stamm des Pilzes Penicillium camemberti ausgewählt wurde. Die für die Käseproduktion benötigten Sporen würden durch sogenannte asexuelle Reproduktion des Stammes hergestellt. "Asexuelle Reproduktion bedeutet, der Pilz produziert eigenständig Myzel und Sporen, ohne Paarung oder sexuelle Reproduktion. Das führt dazu, dass nur Nachkommen entstehen, die mit dem Ursprungspilz identisch sind", erklärt Tatiana Giraud gegenüber BR24. Das Myzel ist, kurz gesagt, die Gesamtheit der Pilz-Zellen, Sporen sind für die Vermehrung verantwortlich.

Pilz verliert seine Fruchtbarkeit - Risiko für Industrie?

Diesem weißen Pilzstamm, der laut CNRS-Beitrag im Laufe der Jahrzehnte Mutationen im Erbgut angesammelt habe, gehe nun seine Fruchtbarkeit abhanden. "Der Stamm hat die Fähigkeit verloren, sich sexuell zu reproduzieren und auch die Fähigkeit, die für den Käse benötigten asexuellen Sporen herzustellen, hat sich verringert", sagt Giraud. Für Käsehersteller ist es offenbar schon jetzt schwierig geworden, den Pilzstamm in ausreichender Menge zu kaufen.

Eine kurzfristige Gefahr sieht die Biologin Tatiana Giraud von der Université Paris-Saclay aber nicht. "In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird die Camembert-Industrie nicht bedroht", zitiert die Zeitung 'Le Parisien' die Expertin. Das Ziel der Forschungsgruppe sei gewesen, auf die drohende Vereinheitlichung von Arten aufmerksam machen.

Wie der Camembert zu retten ist - Weiße Farbe spielt wohl eine Rolle

"Wir glauben, die Fähigkeit, Pigmente herzustellen hängt mit der Fähigkeit sexueller Reproduktion zusammen", verrät Giraud. Ein Pilzstamm, der für Roquefort-Käse genutzt wird und blaue Pigmente produzieren kann, scheine nur seine asexuelle Fruchtbarkeit zu verlieren.

Um die Produktion von Camembert zu sichern sei es möglich, so Giraud, aus einer verwandten Pilzart erneut einen einzelnen Albino-Stamm zu isolieren. Doch es gibt auch eine Lösung, um die Produktion von Pilzsporen für Camembert langfristig zu sichern: "Wir könnten Pilzstämme kreuzen und so die Diversität erhöhen", erklärt die Forscherin und ergänzt: "Es ist möglich, dass in der Zukunft Pilzstämme mit Grün-, Blau oder Grauton für Camembert infrage kommen."

Unappetitliche Farben? Camembert war früher pigmentiert

Tatsächlich war Camembert nicht schon immer weiß, sondern bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts auch leicht orange, grau oder grün, heißt es in dem CNRS-Artikel. Doch die Industrie hielt diese Farben wohl für wenig ansprechend - und setzte fortan nur noch auf die Nutzung des weißen Pilzstammes, der bereits ab 1902 zum Einsatz kam. So erhielt der Camembert seine heute charakteristische weiße Rinde - von der fraglich ist, wie lange sie uns noch erhalten bleibt.

Mit Informationen von dpa

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