Es ist ein grauer und trüber Morgen in Berlin, der zur Stimmung vieler Politiker in der Hauptstadt passen dürfte. Das Ergebnis der US-Wahl ist nicht das, was sich viele gewünscht haben. Noch am Dienstagabend hoffte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dass die Kandidatin der US-Demokraten Kamala Harris "das Ding macht".
Spitzenpolitiker gratulieren Trump
Inzwischen steht fest: Sie hat es nicht gemacht. Ihr republikanischer Rivale Donald Trump wird neuer Präsident der USA. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Trump am Vormittag. "Gemeinsam arbeiten Deutschland und die USA seit langem erfolgreich zusammen, um Wohlstand und Freiheit auf beiden Seiten des Atlantiks zu fördern. Das werden wir zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger fortsetzen", schrieb der Kanzler auf der Plattform X.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gratulierte ebenfalls und betonte: Die Bundesregierung stehe zu einem engen transatlantischen Verhältnis unabhängig von Parteien. Und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte: "In der Europäischen Union, Nato und auch in Berlin müssen wir jetzt dringlicher denn je unsere wirtschafts- und sicherheitspolitischen Hausaufgaben erledigen."
Welche Folgen hat Trumps Sieg?
Zu den möglichen Folgen für Deutschland und Europa nach einem Trump-Sieg war in den vergangenen Tagen viel zu hören und zu lesen. Aber, welche es genau sein werden, ist offen – auch weil unklar ist, was Trump tatsächlich von dem umsetzt, was er im Wahlkampf sagte.
Nachteile für die Wirtschaft
Klar ist aber: Der Ausgang der US-Wahl wird vor allem in der Wirtschaftspolitik sowie mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und den Nahost-Konflikt Spuren hinterlassen. Sollte Trump, wie angekündigt, Strafzölle auf Exporte in die USA einführen, um die US-Wirtschaft zu stärken, werde das deutsche Unternehmen hart treffen, sind sich Ökonomen einig. Zehn Prozent der deutschen Exporte gehen aktuell in die Vereinigten Staaten.
Mehr Geld für Verteidigung?
Für viele europäischen Staatschefs stellen sich nun außen- und verteidigungspolitische Fragen. Wie geht es weiter mit der US-Unterstützung für die Ukraine? Was hat Trump mit der Nato vor? Kanzler Scholz telefonierte am Mittwochmorgen bereits mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Beide wollen für ein stärkeres Europa zusammenarbeiten. "Man hat vereinbart, sich dazu eng miteinander zu koordinieren", sagte sein Regierungssprecher.
Deutschlands Rolle in der Welt
"Europa muss erwachsen und unabhängiger von den USA werden" – eine Forderung, die schon in den vergangenen Tagen oft im Berliner Regierungsviertel zu hören war. Für SPD-Chef Lars Klingbeil ist jetzt klar: "Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen in Europa und auch in der Welt." Es werde etwa eine Debatte auf Deutschland zukommen, ob man noch mehr Verantwortung für die Ukraine übernehmen sollte. "Ich finde, wir müssen das tun", unterstrich der SPD-Chef. Das hätte Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Viele in der Koalition glauben, dass die Schuldenbremse unter diesen Umständen in ihrer aktuellen Form nicht mehr zu halten ist.
Oppositionspolitiker werfen der Bundesregierung vor, sich nicht ausreichend auf einen Trump-Sieg vorbereitet zu haben. Unions-Fraktionsvize Jens Spahn meint, es gebe in der Ampel-Regierung niemanden, der mit Donald Trump "idealerweise auf Augenhöhe und mit klaren Konzepten" verhandeln könne. "Deswegen wäre das Beste für das deutsch-amerikanische Verhältnis, wenn wir schnell zu einer neuen Regierung kämen", so der CDU-Politiker.
Folgen für die Ampel-Koalition?
Folgen dürfte der Wahlausgang in den USA auch auf die Ampel-Krise haben. Beobachter erwarten, dass die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP vor dem Hintergrund der internationalen Herausforderungen zusammenrücken. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich appellierte in der ARD, sich beim Koalitionsausschuss am Mittwochabend mit den Fraktions- und Parteichefs auf den Bundeshaushalt 2025 zu einigen. Er sagte: "Ich glaube, dass der Kanzler genügend Argumente dafür hat, dass wir heute auch zu einer Verständigung kommen."
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