Für Manfred Weber ist vollkommen klar: "Der 7. Oktober war der schlimmste Tag nach dem Holocaust." Damit beschreibt der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei den Tag, an dem Hamas-Terroristen rund 1.200 Menschen auf israelischem Staatsgebiet ermordeten. "Die israelischen Freunde haben unsere Unterstützung beim Kampf gegen den Terror, keine Frage", erklärte Weber. Trotzdem fand der CSU-Politiker deutliche Worte: "Israel hat unsere Unterstützung bei den Angriffen. Aber wir müssen unseren israelischen Freunden sagen: 'Hört auf, die nächste Hamas-Generation heranzuzüchten.'"
UN: 1,1 Millionen Menschen drohen in Gaza zu verhungern
Im Fall eines großangelegten Angriffs auf Rafah könne niemand die Versorgung der Menschen dort sicherstellen, so Weber. Nach UN-Angaben sind aus der Region Rafah über 100.000 Menschen geflohen. Die Lebensbedingungen dort seien grausam, sagt das UN-Hilfswerk für Palästinenser. 1,1 Millionen Menschen drohen in Gaza zu verhungern, warnt das Welternährungsprogramm der UN. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Häuser im Gaza-Streifen etwa 80 Jahren dauern wird.
Schauspieler Walter Sittler verurteilt Israels Vorgehen in Gaza
Auch Walter Sittler verurteilte das Vorgehen der israelischen Regierung unter Premier Netanjahu scharf. "Das, was das israelische Militär auf Anordnung der Regierung Netanjahus im Gazastreifen angestellt hat, reiht sich ein in die Kriegsverbrechen, die jede große Nation gemacht hat", kritisierte Sittler. "Das darf man als Demokrat nicht." Zu einer ähnlichen Einschätzung wie Sittler kamen auch die Vereinten Nationen. Bei den Evakuierungen in Rafah könne es sich um Zwangsumsiedlungen handeln, die Kriegsverbrechen darstellen könnten, so äußerte sich eine UN-Sprecherin Anfang der Woche.
Weiterhin kritisierte Sittler den Standpunkt der Bundesregierung mit Blick auf den Gaza-Krieg. Die bedingungslose Unterstützung der Bundesregierung für Israel sei "in Ordnung", jedoch nicht die "bedingungslose Unterstützung einer in Teilen rechtsradikalen Regierung", erklärte Sittler mit Blick auf die Regierung Netanjahus.
EU-Außenpolitik: Weber plädiert für einheitliches Auftreten
Im weiteren Verlauf der Sendung hielt EVP-Chef Weber ein Plädoyer für ein einheitliches Auftreten der EU in der Außenpolitik. "Die Kriege kommen näher. Wenn wir es nicht schaffen, gemeinsam handlungsfähig zu werden, läuft uns die Zeit davon", erklärte Weber. Deshalb sprach er sich dafür aus, das Einstimmigkeitsprinzip der EU in der Außenpolitik abzuschaffen – wie Bundeskanzler Olaf Scholz oder Frankreichs Premier Emmanuel Macron.
Diskussion um Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten
Moderator Hans Werner Kilz fragte Weber in der Sendung, ob die EU ohne das Einstimmigkeitsprinzip zu einer klaren Position bei der Frage nach einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten kommen könne. "Ich glaube, wenn wir per Mehrheit entscheiden, ist das möglich", antwortete Weber darauf.
Das Einstimmigkeitsprinzip besagt, dass wichtige außenpolitische Entscheidungen in der EU nur ohne Gegenstimme getroffen werden können. In der Praxis werden viele EU-Beschlüsse insbesondere durch die Gegenstimme von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán abgelehnt. Zu dieser Diskussion sagte Weber: "Wenn selbst Meloni in Italien sagt, dass wir die Einstimmigkeit in der Außenpolitik abschaffen müssen, dass wir endlich zu Entscheidungen kommen, dann müssen wir’s jetzt machen."
Weber will mit Meloni punktuell zusammenarbeiten
Auf die rechtsradikale italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angesprochen, warb Weber für die punktuelle Zusammenarbeit mit Meloni in Sachfragen – zum Beispiel bei der Migrationspolitik. Auf diesem Feld hatte das EU-Parlament erst kürzlich ein Gesetzespaket verabschiedet, wonach Asylverfahren künftig an den EU-Außengrenzen stattfinden sollen.
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