Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel befürchten viele Politiker Übergriffe auf jüdische Institutionen in Deutschland. Ein israelischer Militärschlag im Gazastreifen könnte die Sicherheitslage nun noch einmal verschlechtern.
Bildrechte: Der Volksverhetzungsparagraf sollte künftig angewendet werden, ohne dass wie bisher die Störung des öffentlichen Friedens festgestellt werden müsse, so Klein in den Funke-Zeitungen.

Polizeifahrzeug vor einer Synagoge.

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Wegen Nahostkonflikt: Sorge um Sicherheitslage in Deutschland

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel befürchten viele Politiker Übergriffe auf jüdische Institutionen in Deutschland. Ein israelischer Militärschlag im Gazastreifen könnte die Sicherheitslage nun noch einmal verschlechtern.

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Kameras, Absperrungen, Polizisten: Synagogen, Museen und andere jüdische Einrichtungen werden in Deutschland aus Sorge vor Angriffen bewacht. Schulkinder verschwinden zum Unterricht hinter hohen Zäunen, Jüdinnen und Juden gehen an Polizeiautos vorbei, wenn sie eine Synagoge betreten. Wer Veranstaltungen besucht, zeigt den Inhalt der Handtasche vor. Immer wieder sagen Jüdinnen und Juden, sie versteckten auf der Straße ihre Kippa oder Halskette mit Davidstern. Der Krieg in Nahost hat auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage hierzulande – und diese könnte sich weiter verschlechtern.

Zentralrat der Juden: "Bilder sprechen eine laute Sprache"

Und zwar dann, wenn Israels Armee nach Gaza einrückt. Je schlimmer die Bilder aus dem Palästinenser-Gebiet würden, desto höher sei die Gefahr einer stärkeren Mobilisierung und Emotionalisierung von Hamas-Unterstützern, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Funke-Zeitungen.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, teilt die Befürchtung: "Bilder sprechen eine laute Sprache", sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Bei den zu erwartenden Fotos und Filmaufnahmen über den Einsatz dürfe aber nicht vergessen werden, dass Israel gegen die Terrororganisation Hamas vorgehe. "Israel versucht, so empfinde ich es, tatsächlich zivile Opfer in Gaza so weit wie möglich zu vermeiden", so Schuster. Die Hamas indes nehme ganz bewusst die palästinensische Bevölkerung und die israelischen Geiseln als menschlichen Schutzschild.

Faeser: "Null Toleranz" für Antisemitismus

Innenministerin Faeser betonte: "Unsere Sicherheitsbehörden beobachten die Entwicklung sehr genau, im Netz genauso wie auf der Straße." Allerhöchste Priorität habe weiterhin der Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland und von jüdischen und israelischen Einrichtungen und der sei zuletzt nochmals verstärkt worden.

Dazu setzten die deutschen Sicherheitsbehörden alle rechtsstaatlichen, polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mittel gegen die islamistische Szene ein. Faeser verwies dazu auf eine Sonder-Innenministerkonferenz am Freitag: "Alle 16 Länder und der Bund ziehen hier an einem Strang."Es würden "alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern" genutzt. Für Gewalt sowie antisemitische und israelfeindliche Hetze gebe es "null Toleranz".

Botschafter warnt vor "Gaza in Deutschland"

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, warnte davor, eine Art Gaza auf deutschem Boden entstehen zu lassen. Das drohe, wenn Gruppierungen wie Samidoun und andere Hamas-Unterstützer weiterhin die deutsche Demokratie missbrauchten. Mitglieder von Samidoun und deren Sympathisanten hatten in Berlin und in anderen deutschen Städten auf offener Straße die Angriffe der Hamas auf Israel gefeiert.

Deutschland dürfe auch nicht länger zulassen, dass etwa in Berlin Davidsterne an Häuser von Juden gesprüht würden, dass viele Juden sich nicht mehr auf die Straße trauten.

Von Notz: "Müssen höllisch aufpassen"

Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz mahnt zur Wachsamkeit – auch aus einem anderen Grund: "Wir müssen höllisch aufpassen, dass die derzeitige Situation nicht von anderen Protagonisten, die unsere Sicherheit bedrohen, ausgenutzt wird", sagte von Notz. Er denke hierbei an die Nachrichtendienste anderer Länder, die "seit langem versuchen, unsere Demokratie bewusst zu destabilisieren". Aber auch der "organisierte Rechtsextremismus und -terrorismus" sei eine Gefahr.

In diesem Zusammenhang forderte von Notz, Einrichtungen wie das Islamische Zentrum in Hamburg müssten endlich geschlossen, Akteure wie die Iranischen Revolutionsgarden "stärker in den Blick genommen" und ihre Aktivitäten "rechtsstaatlich effektiv unterbunden" werden.

Klein für Änderung beim Volksverhetzungsparagrafen

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte unterdessen eine Verschärfung des Strafrechts bei Volksverhetzung. Der Volksverhetzungsparagraf sollte künftig angewendet werden, ohne dass wie bisher die Störung des öffentlichen Friedens festgestellt werden müsse, so Klein in den Funke-Zeitungen. In der Praxis gebe es oft Schwierigkeiten bei der Anwendung der bisherigen Regelung. "Es hat in der Vergangenheit viele Einstellungen von Ermittlungsverfahren gegeben, die bei den Betroffenen und in der Öffentlichkeit auf Unverständnis getroffen sind." Auch der Islamismus-Experten Ahmad Mansour sieht dringenden Handlungsbedarf: Es brauche keine Sozialstunden, sondern ernste Konsequenzen für Judenhasser.

Im Video: Gespräch mit Extremismusforscher Ahmad Mansour zu Israel

Gespräch mit Ahmad Mansour; Extremismusforscher, zu Israel
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Gespräch mit Ahmad Mansour; Extremismusforscher, zu Israel

Mit Informationen von AFP, epd und KNA

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