Wer den neuen KI-Bot aus dem Hause Google ausprobieren möchte, braucht Geduld. Der Zugang ist nur mit einem privaten Google-Konto möglich. Wer ein kostenpflichtiges Business-Konto hat, bleibt vorerst ausgesperrt. Außerdem muss man sich auf eine Warteliste eintragen, die nur für Nutzerinnen und Nutzer aus Großbritannien und den USA freigeschaltet ist.
Google geht mit Bard auf Nummer sicher
Der kalifornische Suchmaschinenkonzern fährt mit angezogener Handbremse. Der "Roll-Out" werde langsam erfolgen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Wann Bard für alle offen sein wird, wollte man in der Google-Zentrale in Mountain View auf BR-Anfrage nicht sagen.
Keine Integration in Google Suche
Anders als der Erzrivale Bing von Microsoft hat Google seinen Chatbot nicht im Umfeld seiner Suchmaschine platziert. Bard läuft auf einer eigenen Website (bard.google.com). Das Unternehmen will offenbar jeden Anschein vermeiden, falsche Erwartungen zu wecken. Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Bard könnte das bewährte Geschäftsmodell kannibalisieren, fürchtet man in in der kalifornischen Firmenzentrale.
Google: "Wir experimentieren"
Der Suchmaschinenprimus will erst einmal Erfahrungen mit dem neuen Angebot sammeln, das dem "Scheinriesen" OpenAI und Erfinder von ChatGPT eine bisher selten gesehene weltweite Aufmerksamkeit beschert hat. Während die Google-Mutter Alphabet ein Weltkonzern mit fast 200.000 Angestellten ist, beschäftigt der ChatGPT-Erfinder OpenAI nur rund 200 Mitarbeitende. Eine kleine Firma, die den Konzern in den letzten Monaten das Fürchten lehrte. Immer wenn Google glaubte, ebenfalls glänzen zu können, kamen ChatGPT oder dessen Partner Microsoft dem Tech-Unternehmen zuvor.
Alphabet-Chef Pichai gilt als Bremser
Google-Mitarbeitende sagen, das habe viel mit dem als übervorsichtig geltenden Alphabet-Chef Sundar Pichai zu tun. Der 50-Jährige fürchtet einen Imageschaden, wenn der Bot falsche Daten ausspuckt oder schnippische Antworten gibt, wie jüngst beim Bing-Chatbot geschehen, bei dem ChatGPT im Hintergrund läuft. Unterstützt wird Pichai in seiner Vorsicht von den beiden Projektverantwortlichen. Sissie Hsiao und Eli Collins betonen, Bard sei ein frühes Experiment (...), das Menschen helfen solle, ihre Produktivität zu steigern, ihre Ideen zu beschleunigen und ihre Neugier zu beflügeln.
Hält doppelt besser?
Auf der Website von Bard verfährt Google nach dem Motto "Doppelt hält besser": Bard befinde sich noch in der Experimentierphase, heißt es in der Bildmitte. Gefolgt von einem weiteren Warnhinweis direkt unter dem Eingabefenster: "Bard kann ungenaue oder beleidigende Informationen anzeigen, die nicht die Ansichten von Google repräsentieren."
Wer ist besser? - Die drei KI-Bots im Vergleich
Doch wie schlägt sich Bard im Vergleich zu Bing und der kürzlich veröffentlichten neuen Version von OpenAi ChatGPT4?
Um es kurz zu machen: ziemlich gut. Bard antwortet schnell und zuverlässig. Auf unsere Frage, welche aktuellen nicht-fiktionalen Hörbücher Bard derzeit empfiehlt, gibt der Bot gute und gut begründete Antworten.
Besonders angenehm fällt auf: Bard ist schneller als ChatGPT, aber auch als Bing. Woran das liegt, können wir nur spekulieren. Vermutlich an der geringen Auslastung. So ist die freie Version von ChatGPT oft überlastet und bricht auch schon mal bei der einen oder anderen Antwort mittendrin ab.
Die Frage nach Donald Trump
Bei Bard wird zu jeder Antwort ein Button angeboten, der nach zweimaligem Anklicken eine Suchmaschinenvariante als Ergebnis ausspuckt. Im Gegensatz zu ChatGPT hat Google bei Bard auch aktuelle Daten in die Ergebnisse eingeflochten. Auf unsere Frage, aus welchen Gründen Donald Trump befürchtet, am Dienstag verhaftet zu werden, präsentiert uns Bard eine ausführliche und sachlich richtige Erklärung.
Bei ChatGPT funktioniert das nicht. Der OpenAI-Bot wird nur bis Ende 2021 mit Daten gefüttert. Dafür macht es Bing von Microsoft besser. Die Windows-Firma hat ChatGPT mit ihrer Suchmaschine verknüpft und gibt uns eine Antwort, die auf aktuellen Informationen basiert.
Und in welche Kammer gehört das Pulver in der Waschmaschine?
Was wäre ein KI-Bot, wenn er nicht auch die scheinbar einfachsten Fragen der Welt beantworten könnte. Zum Beispiel, in welches Fach das Pulver für den Hauptwaschgang der Waschmaschine gehört. Während ChatGPT in der Version 3.5 hier unpräzise ausweicht, haben Bing, ChatGPT4, aber auch Bard die richtige Antwort parat.
In Sachen Funktionalität und Schnelligkeit hinkt Bard der Konkurrenz leider hinterher. Hier schneidet Bing am besten ab. Der Bot liefert anklickbare Quellenangaben. Fehlanzeige hingegen bei Bard und ChatGPT 4.
Auch heikle Fragen meistert Bard gut
Auch wenn es um politisch heikle Themen oder Informationen geht, die gefährlich sein könnten, macht Bard in unseren Tests eine gute Figur. Als wir zum Beispiel einzelne chemische Bestandteile auflisteten und fragten, wie man diese in Kombination zur Explosion bringen könnte, lehnte Bard zwar höflich, aber bestimmt ab.
Auch auf unsere "Fangfrage" parliert Bard gut: Warum die Krim zu Russland gehöre, wollen wir wissen. Der Bot korrigiert uns. "Russland behauptet, die Krim sei ein Teil Russlands...", um uns dann die russische Argumentation aufzulisten. Ganz am Ende gab es sogar den Hinweis, dass "viele Länder, darunter die USA, die Europäische Union und die Ukraine, die Krim nicht als Teil Russlands anerkennen".
Ähnliche Antworten erhielten wir auch bei ChatGPT und von Bing. Auch diese Bots hätten vor drei Monaten wahrscheinlich andere, weniger durchdachte Antworten gegeben. In der Zwischenzeit wurden sie aber entsprechend "optimiert".
Bard "künstlich" limitiert?
Ehemalige Google-Mitarbeitende, die jetzt beim Konkurrenten OpenAI arbeiten, sagten uns, dass Googles KI-Sprachmodell LaMDA extrem leistungsfähig sei. Die jetzt veröffentlichte Bard-Version halten sie für künstlich eingeschränkt. Motto: nicht über das Ziel hinausschießen oder einen schlechten Eindruck hinterlassen.
Das zumindest hat Googles "braver Bard" am Tag seiner Geburt geschafft.
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