Endlich mal gute Nachrichten für Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Bis 2026 können Bund, Länder und Gemeinden mit geschätzt mehr als 126 Milliarden Euro zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen – trotz der Krise. Nach der aktuellen Steuerschätzung nimmt der Staat dieses Jahr fast 888 Milliarden Euro ein, in den kommenden Jahren sogar noch mehr.
Woher kommt das Geld?
Der Staat profitiert vor allem von der hohen Inflation. Für viele Produkte wie Lebensmittel sind die Preise gestiegen. In der Folge nimmt auch der Staat durch die Mehrwertsteuer mehr Geld ein. Jeder Gang in den Supermarkt lässt derzeit also auch die Staatskasse lauter klingeln.
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Staat als Inflationsprofiteur
In anderen Bereichen ist das ähnlich. Die Einnahmen aus der Einkommens- und Lohnsteuer steigen, weil es nach der Corona-Krise wieder weniger Kurzarbeit gibt und der Arbeitsmarkt gut läuft. Von Lohnerhöhungen in Folge der hohen Inflation profitiert der Staat ebenfalls. Er gilt als der größte Inflationsprofiteur.
Wohin fließt das Geld?
Die Zahl der zusätzlichen Steuereinnahmen sei aber nur "optisch" groß, betont Finanzminister Lindner. Denn in Wahrheit sei das meiste Geld schon verplant. Zum einen hat die Bundesregierung drei milliardenschwere Entlastungspakete auf den Weg gebracht, zum anderen plant der FDP-Minister Steuerentlastungen.
Das beschlossene Inflationsausgleichgesetz ist noch im Gesetzgebungsverfahren und wurde deshalb von den Steuerschätzern nicht berücksichtigt. Die neuen Daten der Steuerschätzung sollen jedoch in das Gesetz eingearbeitet werden, so dass steuerlicher Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag steigen.
Hohe Inflation soll ausgeglichen werden
"Wir werden wesentliche Teile der Mehreinnahmen an die Bürger zurückgegeben", sagte Lindner. Mit dem Inflationsausgleichsgesetz will der Finanzminister schleichende Steuererhöhungen ausgleichen. Diejenigen, die eine Lohnerhöhung bekommen, sich aber wegen der hohen Inflation nicht mehr leisten können, sollen am Ende nicht auch noch mehr Steuern zahlen müssen.
- Zum Artikel: "Kalte Progression: Lindner will Freibeträge anheben"
2023: Wirtschaftsabschwung in Deutschland
Experten warnen davor, die Zahlen der aktuellen Steuerschätzung überzubewerten. Die konjunkturelle Unsicherheit sei derzeit so groß wie selten zuvor. Alle Wirtschaftsprognosen zeichnen ein düsteres Bild. Die Bundesregierung rechnet für das kommende Jahr mit einer um 0,4 Prozent schrumpfenden Wirtschaftsleistung. Doch 2024 könnte die Wirtschaft wieder wachsen.
Große Unsicherheit
Dennoch: Niemand weiß, wie es mit der Energiekrise weitergeht. Und auch die weitere Entwicklung in der Corona-Pandemie ist schwer vorhersehbar. Bricht der Konsum ein und gehen Unternehmen bankrott, wird das für die Staatskasse dramatische Folgen haben. Die diesjährige Steuerschätzung muss folglich mit großer Vorsicht betrachtet werden.
Bund, Länder und Gemeinden streiten ums Geld
Und trotzdem wurde den Zahlen mit besonderer Spannung entgegengesehen. Der Grund: Bund, Länder und Kommunen streiten ums Geld. Es gibt mehrere große Finanzierungsfragen, die offen sind. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten konnten sich bisher nicht einigen. Dabei geht es vor allem um die Finanzierung des dritten Entlastungspakets.
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Ohne zusätzliche Gelder kein 49-Euro-Ticket
Die Länder fordern darüber hinaus mehr finanzielle Unterstützung für die Versorgung von Geflüchteten, für die Krankenhäuser, die unter den hohen Energiekosten ächzen, und mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr. Mehrere Länder knüpfen ihr "Ja" zum 49-Euro-Ticket an zusätzliche Regionalisierungsmittel vom Bund.
Die letzte Bund-Länder-Runde mit Kanzler Scholz Anfang Oktober ging ohne Ergebnisse zu Ende – mit dem Verweis, sich wieder zu treffen, wenn die Steuerschätzung auf dem Tisch liegt.
Bund-Länder-Treffen am Mittwoch
Das nächste Treffen der Länderchefs mit dem Kanzler ist nun am kommenden Mittwoch. Da jetzt klar ist, mit welchen Steuereinnahmen Bund, Länder und Gemeinden rechnen dürfen, und dass die Beträge deutlich höher ausfallen als erwartet, stehen die Chancen für eine Einigung gut. Der Druck auf Bund und Länder ist jedenfalls hoch.
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