Beim Zukunftskongress der grünen Bundestagsfraktion wollen die Grünen am Dienstag Optimismus streuen – viele Themen stehen auf der Agenda. Doch die Wahlniederlagen der letzten Monate und der Rücktritt der Parteispitze hängen noch nach.
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Klimaschutz ist nicht mehr das Top-Thema
Rückblick: Brandenburgs Grüne hofften bis zum Schluss, dass ein Direktmandat in Potsdam sie doch noch in den Landtag bringen könnte. Doch das klappte nicht. Vor allem die jungen Wähler hatten sich – wie schon in Sachsen, Thüringen und bei der Europawahl – von der Partei verabschiedet. Es ist nicht nur ein Ost-Phänomen, nein, die Grünen verlieren bundesweit bei den jüngeren Wählern. Das hatte sich schon bei der Europawahl gezeigt. Was ist passiert?
2019 war der Klimawandel die größte Sorge der Jugend – bei den Demonstrationen von Fridays for Future gingen im September 2019 mehr als eine Million Menschen in ganz Deutschland auf die Straße. Und wenn Jungwähler abstimmten, entschieden sie sich überdurchschnittlich häufig für die Partei, die sich den Klimaschutz schon lange auf die Fahnen geschrieben hatte. Und die CDU musste herbe Verluste hinnehmen, nachdem der in Berliner Regierungskreisen eher unbekannte YouTuber Rezo, sie mal eben so "zerstört" hatte.
2024 ist alles anders. Die 16-Jährigen, die bei der Europawahl erstmals mitmachen durften, waren zu Hochzeiten von Fridays for Future gerade mal 11 Jahre alt. Seitdem haben sie die Corona-Krise und den Angriff Russlands auf die Ukraine miterlebt. Ihre Hauptsorgen sind andere, erklärt Jugendforscher Rüdiger Maas. Eine repräsentative Umfrage unter 16-25-Jährigen bundesweit ergab: Bei der Frage nach den größten politischen Problemen antworten 32 Prozent mit "Migration", danach folgen "Klimawandel" mit 11 Prozent und "Rechtsextremismus" mit 10 Prozent. Die restlichen 46 Prozent verteilen sich auf sehr viele Kategorien mit geringem Prozentsatz.
Orchestrierte Aktionen in Social Media gegen Grüne
Auch bei der Kommunikation auf Social Media hat sich seit 2019 viel verändert. Etwa 52 Prozent der jungen Leute beziehen inzwischen ihre Informationen ausschließlich aus Social Media, hat Jugendforscher Maas festgestellt. Und dort gebe es auch durchaus orchestrierte Aktionen gegen Grüne Politikerinnen und Politiker, stellt die Politologin Jasmin Riedl fest. Allerdings reiche das nicht aus, um die Wahlergebnisse und Verluste bei jungen Wählern zu erklären. Auch sie sieht eine Verschiebung der wichtigsten Themen hin zu Kriminalität und Migration, und dies komme momentan eher der AfD zugute, auch bei den jungen Wählern.
So ordnet der bayerische Spitzengrüne Hofreiter die Lage ein
Selbstkritisch geben sich auch manche Spitzengrüne aus Bayern, etwa Anton Hofreiter. Die Grünen haben im Vergleich der zugeschriebenen Parteikompetenzen zwischen 2019 und 2024 beim ureigenen Thema Klimaschutz massiv und beim Thema Migration deutlich verloren. Hofreiter räumt ein, das sei zum einen auf Fehler beim GEG, dem sogenannten Heizungsgesetz, zurückzuführen. Beim Thema Migration herrsche im Moment ein völlig gespaltenes Bild der Grünen in der Öffentlichkeit.
Ein Teil der Bevölkerung glaube, die Grünen wollten alle Grenzen offenhalten, während Menschen, die zum Beispiel bei NGOs mit Geflüchteten arbeiten, die Grünen für alle Verschärfungen der Asylpolitik mitverantwortlich machten. Dass das Thema Ukraine zu Stimmenverlusten beigetragen habe, glaubt Anton Hofreiter nicht. Besonders in Ostdeutschland hätten die Grünen als einzige offensiv um Unterstützung für die Ukraine geworben, das sei aus seiner Sicht eher ein Pluspunkt gewesen.
Nun soll es Robert Habeck als Spitzenkandidat richten. Auf dem Zukunftskongress erhält er viel Zuspruch. Doch auch die Partei-Austritte führender Köpfe aus der Grünen Jugend zeigen: ganz einfach wird es für ihn nicht, die Partei geschlossen in die Bundestagswahl zu führen.
Im Video: Nach Wahlniederlage - Grüne auf Kurssuche
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