Es war einmal eine junge Frau in London. Die war eigentlich eine Prinzessin, in so jemanden konnte sie sich mittels ihres Gesangs verwandeln. Aber dann lernte sie einen bösen Prinzen kennen, der nichts konnte, außer sich den Kopf abzuschrauben mit Drogen. Das ist es, was er dann auch unserer Prinzessin angetan hat, die immer mehr im Drogensumpf versank, bis sie nach zunächst erfolgreichem Entzug doch an einer Überdosis starb.
So ließe sich "Back To Black" zusammenfassen, das Biopic, das vor allem die Lebensgeschichte der Sängerin und tragischen Pop-Ikone Amy Winehouse zum Inhalt hat. Wichtige Kapitel ihrer musikalischen Entwicklung wie die Zusammenarbeit mit dem New Yorker Musik-Produzenten Mark Ronson für das epochale Back-To-Black-Album werden total ausgeklammert.
Amy Winehouse hauchte dem Jazz wieder Leben ein
Marisa Abela spielt Amy Winehouse gut gelaunt, mit großen Augen durch ein puppenstubenartiges London zappelnd. Tragik, Verzweiflung und Trauer sind ihre Sache nicht – wir sehen ein sogar bei Großaufnahmen erstaunlich ausdrucksarmes Gesicht.
Noch als Kind einer jüdischen Familie der englischen Arbeiterklasse begann Amy zu singen. Ihre Großmutter war schon Jazzsängerin, die mit Ronnie Scott zu tun hatte, dem Namensgeber des bekanntesten Jazzclubs Londons. Der Vater, ebenfalls Jazzfan, machte seine Tochter vertraut mit Billie Holiday, Sarah Vaughn und Dinah Washington – Jazz galt damals als hoffnungslos veraltet, bis Amy Winehouse feine Phrasierungskünste wieder zum Leben erweckte. Soweit die wahre Geschichte. Der Film erzählt sie mit einem anderen Fokus.
Unschuldiges Mädchen, das sich in den Falschen verliebt
Amy, das lustige Rock’n’Roll-Mädchen mit vernachlässigenswerten Schwierigkeiten wie Bulimie, trinkt gerne und macht einen drauf. Das liegt daran – das zumindest suggeriert der Film – dass sie noch nicht den Richtigen getroffen hat, einen Mann zum Anhimmeln, einen richtigen Kerl eben. Nach der Veröffentlichung des Debutalbums ist es so weit. In einer Kneipe lernt sie einen jungen Strizzi kennen, in den sie sich Hals über Kopf verknallt. Eine der stärksten Szenen des Films.
Leider ist Blake ein Typ, der sich gern die Kante gibt und zwar nicht nur mit Alkohol, sondern mit allem, was schwere Drogen hergeben. Jetzt nimmt das Unheil seinen Lauf: Blake trennt sich zwar nach einiger Zeit von Amy, woraufhin diese "Back To Black" aufnimmt, den Riesen-Welt-Erfolg, der mit seinem Flucht-in-die-Vergangenheit-Gestus blassen Amy-Nachfolgerinnen wie Adele den Weg weist. Blake sucht wieder den Kontakt zur Popmillionärin, weil er doch jemanden brauche, wie ihm ein Kumpel im Film rät, der seine Drogenrechnungen begleiche.
Ein eindimensionaler Film mit vielen Leerstellen
"Back To Black", das Filmmärchen, das Regisseurin Sam Taylor-Johnson in Zusammenarbeit mit dem Winehouse-Nachlass inszeniert hat, wirkt wie ein über-langer Videoclip über das traurige Leben einer Sängerin, die im Grunde kein Star sein wollte. Unverständlich bleibt, warum ein Auftritt in unzurechnungsfähigem Zustand als persönlicher Triumphzug dargestellt wird. Keine Erklärung erfolgt, warum eine labile Figur wie Winehouse nach erfolgreichem Entzug allein gelassen wurde und wie sie an derartige Mengen von Alkohol gelangen konnte, um sich letal zu vergiften.
Dieser Film wirkt so, als hätte man einen reißerischen Artikel der Boulevard-Presse verfilmt. Tenor: Unschuldiges Mägdelein, von fürchterlichem Hohlkopf in den Abgrund getrieben. So kommt dieses Biopic daher. Leider. Dass es sich hier um zwei co-abhängige Menschen handelte, die beide zu ihrem jeweiligen Unglück beitrugen, kommt viel zu wenig zur Sprache.
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