Draußen wurden am Montag noch fleißig Bodenplatten verlegt, es wurde geschuftet und gebaggert. Und auch drinnen herrscht geschäftiges Treiben, aber dort sieht das neue Bergson Kunstkraftwerk schon fast fertig aus. Vor allem im Kernbereich.
Ziel: Einen Kulturort für alle schaffen
Matthias Altmann verweist auf die Deckenhöhe des Atriums, 25 Meter immerhin. Altmann ist Geschäftsführer der Bergson GmbH. Das Atrium bezeichnet er als architektonische Herzkammer des Gebäudes und über 20.000 Quadratmeter großen Kulturareals. Eine Industriehalle wie eine Kathedrale. Historische Backsteinwände ringsum, überwölbt von einer Kassettendecke aus Sichtbeton. Eine breite Treppe führt hinauf zur so genannten Beletage. Vom Atrium erschließt sich auch der Rest des Baukomplexes, ein Restaurant unter anderem sowie ein Konzertsaal, der in einem neu errichteten Anbau untergebracht ist und erst im Herbst in Betrieb geht.
Einen Kulturort schaffen, an dem sich "ganz ganz viele Menschen wohlfühlen", das sei das Ziel des Bergson, erklärt Altmann. Anti-elitär – das bedeutet für ihn zunächst einmal: keine Unterscheidung zwischen sogenannter Hochkultur und populären Kunstformen. Keine Trennung, bei Konzerten zum Beispiel, von E- und U-Musik. Das Resident Orchestra des Bergson zum Beispiel ist die Jazzrausch Bigband, die klassische Blechbläsersätze mit elektronischen Sounds fusioniert. Jazzclub trifft Techno-Dancefloor.
Finanziert durch einen Tankstellen-Betreiber
Roman Sladek, einer der Köpfe der Jazzrausch Bigband, wird nicht nur als Musiker im Kunstkraftwerk auftreten. Er hat sich zudem als Artistic Director dem Team der Bergson-Programmmacher angeschlossen. Sladek schwärmt von der einmaligen Chance, ein Kunst- und Konzerthaus vom Fleck weg neu zu erfinden. Man habe dadurch "wahnsinnig viele Freiheiten", betont er.
Ermöglicht werden diese Freiräume – ganz ohne öffentliche Gelder – allein durch das Engagement der Allguth-Tankstellenbetreiber-Familie Amberger. Vorbildliches bürgerschaftliches Engagement, einerseits. Dass der finanzielle Treibstoff für kulturelle Innovation ausgerechnet von einem Mineralölkonzern kommt, weckt andererseits aber auch Vorbehalte. Bergson-Geschäftsführer Matthias Altmann freilich lässt derlei Kritik nicht gelten. Das Bergson sei dem Konzept der Nachhaltigkeit verpflichtet - das zeige sich schon am Bau selbst, der Instandsetzung einer Industrieruine.
Das Bergson bemüht sich um moderate Preisgestaltung
Ob dem Bergson Kunstkraftwerk nachhaltiger Erfolg auch in Sachen Zuschauerzuspruch beschieden sein wird – über den zu erwartenden Eröffnungshype hinaus – das dürfte nicht nur davon abhängen, ob es gelingt, Menschen mit der geplanten Mischung aus Konzerten, Kulinarik, Kunstausstellungen und Partys dauerhaft an den Münchner Stadtrand zu locken. Der eigene Anspruch, ein unelitärer Ort für alle Menschen zu sein, ist ebenfalls eine Herausforderung, sagt Roman Sladek, und vor allem eine Sache der Preisgestaltung: "Kann ich in ein Konzert schon ab 25 Euro gehen oder geht es erst bei 70 Euro los?"
Kurzum: Trotz des schicken Ambientes will das Bergson kein Ort für ein entsprechend betuchtes Publikum sein und sich daher um eine moderate Preisgestaltung bemühen, sowohl in der Gastronomie als auch bei den Tickets. Und ansonsten kann das Kunstkraftwerk vielleicht auch mit den Außenanlagen punkten. Dort muss über die Eröffnung hinaus noch einige Wochen weitergewerkelt werden. Was allen jenen sympathisch sein dürfte, die es nicht so gern edel und geschleckt haben.
Am Dienstagabend (9.4.) stieg die erste einer Reihe von „Housewarming Partys“ im neuen Bergson Kunstkraftwerk in München-Aubing. Am 20. April findet dann das zentrale Eröffnungs-Event statt: "Bergson’s Rise" – ein Konzert mit der Münchner Jazzrausch Bigband.
Dieser Artikel ist erstmals am 9. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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