Freitagabend, Punkt 19 Uhr. Bühne frei für "Fastnacht in Franken"! Gleich der Auftakt der Livesendung verlief turbulent. Erst gab Tobias Boeck mit dem Lied "Es lebe unsre Fasenacht!" den Ton an. Der Mittelfranke bewies bei seiner Premiere in Veitshöchheim, dass er sich neben der BR-Volkssängerrevue "Brettl-Spitzen" auch bestens auf die Fastnacht versteht.
Dann platzte eine feindliche Übernahme aus der Oberpfalz ins Eröffnungslied: Die Altneihauser Feierwehrkapell'n kaperte die Plätze des Elferrats und feuerte Breitseiten gegen "die Körperwelten B-Ware" ab. Gut, dass Saaldiener Michl Müller da war und Knoblauch reichte – das helfe auch gegen die Oberpfälzer. Die Feierwehrkapell'n räumte – zumindest vorläufig – das Feld, der Elferrat hatte seine Plätze und Sitzungspräsident Christoph Maul das Wort.
Feierwehrkapell’n nimmt Klimaschutz aufs Korn
Das Oberpfalz-Intermezzo zu Beginn gab den Startschuss für eine "Fastnacht in Franken" in Hochform: Knapp vier Stunden Programm, eine Mischung aus Musikcomedy und Tanzsport, Büttenreden, politischem Kabarett und Klamauk.
Die Altneihauser um Kommandant Norbert Neugirg beispielsweise teilten später in ihrer Bütt nicht nur gegen die fränkischen Nachbarn aus. Beim Rundumschlag bekamen auch die Umweltpolitik der Ampel-Regierung, E-Autos und Klimakleber ihr Fett weg. Schließlich wollen die Oberpfälzer auch künftig mit ihrem klapprigen Bus nach Veitshöchheim fahren: "Wir fassten also den Entschluss und fuhren mit dem Dieselbus rasant und frei weg von der Leber. Nirgendwo Schönwetterkleber. Gut, zwei, drei Korsos Güllefässer. Kein Problem, die riechen besser."
Sebastian Reich mit Amanda – und allein
Bauchredner Sebastian Reich war in Begleitung von Nilpferddame Amanda und hatte gleich mehrere umjubelte Auftritte. Weil Amanda als Wahrsagerin offenbar schwer beschäftigt und vorübergehend nicht mehr aufzufinden war, wagte sich der Bauchredner zwischendurch auf "Fastnacht in Franken"-Neuland. Denn eine Nummer absolvierte Sebastian Reich in Stand-Up-Manier allein, ganz ohne Amanda, und gab ulkige Anekdoten aus seinem Familienleben zum Besten. Doch dann die Überraschung: Der unterfränkische Bauchredner kann sogar mit zwei Puppen gleichzeitig begeistern.
Sandmännchen Oti Schmelzer
Eine besondere "Fastnacht in Franken" war der Abend für Oti Schmelzer. Der Schalk aus Oberschwappach feierte nämlich seinen 62. Geburtstag. Klar, dass sich der Gstanzlsänger da ein besonderes Bühnenoutfit einfallen ließ. Nach Auftritten als Münchhausen oder Struwwelpeter schwebte Oti Schmelzer heuer als Sandmännchen auf die Bühne. Zum Einschlafen war sein Auftritt keineswegs. Der Saal jubelte und sang bei Otis "Nasenbohrerlied" munter mit.
Wiedersehen mit Waltraud und Mariechen
Dann zeigte sich, dass zu "Fastnacht in Franken" neben minutiös geplanten Abläufen immer auch Spontaneität dazugehört. Volker Heißmann und Martin Rassau enterten den Saal. In ihren Paraderollen als Waltraud und Mariechen zogen die Improvisationskünstler durch die Reihen. Zum Beispiel zu den Vertretern der bayerischen Grünen und der SPD am "Barbie und Ken"-Tisch. Ein neues Wappentier für die Bayern-SPD wurde auch gleich auserkoren: "Ein Nilpferd habt ihr jetzt im Wappen. Dem steht das Wasser bis zum Hals… aber das Maul aufreißen."
Promi-Kostüme von Barbie bis Obelix
Es war im Vorfeld der Sendung wieder ein streng gehütetes Geheimnis, in welcher Verkleidung Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Veitshöchheim aufschlagen wird. Homer Simpson war er schon, Shrek, Marilyn Monroe oder Mahatma Ghandi. Nach seinem Kostüm als "Stammesältester" im vergangenen Jahr erschien Söder heuer als Reichskanzler Otto von Bismarck.
Passend zum Kostüm überreichten Waltraut und Mariechen dem Franken-Bismarck einen Hering – beinahe frisch, "vom letzten Club-Sieg". Und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), gekleidet als Handwerker? Der bekam auch einen Fisch von den Anarcho-Witwen: einen Bückling.
Auch die anderen Gäste aus Politik und Gesellschaft hatten sich närrisch ausstaffiert. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) gab sich als Dompteurin die Ehre, Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kam als Waldfee aus dem Spessart, Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) als Comic-Ikone "Wonder Woman". Mut zur Zweitverwertung zeigte Europapolitiker Manfred Weber (EVP). Wie schon 2019 kam Weber im "Europalook". Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) blieb seiner Rolle als "schwarzer Sheriff" treu.
Peter Kuhn als scharfzüngiger Richter
Der Schweinfurter Peter Kuhn von der Fastnachtsgesellschaft "Schwarze Elf" war in der Rolle eines Richters in der Bütt. Die geschliffenste Zunge Frankens ging mit der Bundesregierung ins Gericht – zum Beispiel wegen des 60-Milliarden-Lochs im Haushalt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das gereimte Urteil von Peter Kuhn: "Die versäumen ihre Pflichten und wir Richter dürfen's wieder richten."
Zum Schluss hielt Peter Kuhn ein Plädoyer gegen politischen Extremismus und für Toleranz: "Vielleicht merkt man auch, alles was Recht ist, dass unser Rechtsstaat hier gar nicht so schlecht ist! Das bleibt zum Schluss mein Plädoyer! Und damit vor Gericht (sowie auf Hoher See) Ihr Seelenheil sich nicht gefährdet: Richtet nicht, auf dass Ihr nicht gerichtet werdet."
Putzfraa Ines Procter im Kampf mit KI
Ines Procter berichtete in ihrer Bütt aus dem bewegten Leben einer fränkischen "Putzfraa" und setzte sich mit Künstlicher Intelligenz auseinander. KI, das stehe eigentlich für "Königliche Ines", so Frau Procter. Auch Phänomene wie der Therapie-Boom wurden durch den Kakao gezogen – ganz zu schweigen von den Plastikdeckeln, die jetzt fest an der Flasche hängen und "beim Trinken das Gesicht zerkratzen".
Klaus Karl-Kraus verabschiedet sich
Ein Wechselbad der Stimmungen erzeugte der Auftritt von Klaus Karl-Kraus aus Erlangen. Zunächst entführte er als Kioskbesitzer in vergangene Jahrzehnte, als Waldmeister-Brausepulver "das Ecstasy der 60er Jahre" war. Dann redete er sich in Rage und der Politik ins Gewissen. Dann wurde es emotional: Singend verkündete Klaus Karl-Kraus seinen Abschied von der "Fastnacht in Franken"-Bühne. 20 Jahre nach seinem ersten Auftritt bei der Prunksitzung sagte er "Ade". Mit roten Luftballonherzen kamen seine Künstlerkollegen auf die Bühne. Davon ahnte der Mittelfranke nichts. Es folgten Umarmungen, Tränen eines gerührten "KKK" und viel Applaus.
Premiere von Lubber und Babbo
Während Peter Kuhn oder Klaus Karl-Kraus zu den bekannten Gesichtern der "Fastnacht in Franken" gehören, feierten zwei Typen aus dem Landkreis Haßberge ihr Debüt vor einem Millionenpublikum: Thomas Krug und Matthias Schmelzer (der Neffe von Oti) gaben als Lubber und Babbo einen gelungenen Einstand und zeigten als Bergsteiger, dass sie das Zeug zur großen Bühne haben.
"Veitshöchheim Rock" von Gankino Circus
Auch die Debütanten vom vergangenen Jahr waren dabei: Die schrägen Vögel von Gankino Circus aus Dietenhofen brachten mit ihrem "Veitshöchheim Rock" und einer Schuhplatter-Einlage den Saal zum Kochen. Obendrein hatten sie kulinarische Weisheiten im Gepäck: "Mei Mutter sagt immer: Ohne Ketchup schmeckt alles gleich." Gankino Circus haben ihr Versprechen fulminant eingelöst, auf ihre Premiere von 2023 heuer noch eins draufzusetzen. Das Publikum honorierte das mit Standing Ovations.
Schmissige Musik und Michl Müllers "Ünnerhos"
Musikalische Höhepunkte gab es viele bei dieser "Fastnacht in Franken". Matthias Walz aus Karlstadt arbeitete sich als singender Koch am Klavier an vegetarischen Presssäcken und der K-Frage ab. Die A-Cappella-Band Viva Voce überzeugte mit einem Abba-Medley. Und Michl Müller gab im Anschluss an seine umjubelte Bütt feinstes Rhöner Liedgut zum Besten. Dieses Jahr glänzte der Dreggsagg mit einer Hymne auf die "Ünnerhos" – die Unterhose.
Hochkarätiger Tanzsport
Und was wäre die "Fastnacht in Franken" ohne hochklassigen Tanzsport? Auch heuer sorgten tänzerische Darbietungen für Begeisterung. Die Garde der Röttenbacher Besenbinder überzeugte mit einer mitreißenden Choreographie. Die Tanzsportgarde Coburger Mohr war in diesem Jahr gleich mit vier Tanzmariechen vertreten, als besondere Würdigung für die Leistung bei den Deutschen Meisterschaften im karnevalistischen Tanzsport. Da hatten die Mariechen die ersten vier Plätze belegt. Eigentlich sollten alle vier Tänzerinnen auf der Bühne wirbeln. Weil sich Aenne Rebhan verletzt hatte, nahm sie am Bühnenrand Platz, während ihre drei Tanzfreundinnen einen perfekt synchronisierten Auftritt hinlegten.
Lebenshilfe auf "Stamm-Platz"
Ein besonderes Erlebnis war "Fastnacht in Franken" für Sonja Grabs aus dem Würzburger Stadtteil Rottenbauer. Die 45-Jährige durfte als Ehrengast auf dem "Stamm-Platz" sitzen, der in Erinnerung an die im Oktober 2022 verstorbene Barbara Stamm vergeben wird.
Bei der Sendung 2023 hatte Volker Heißmann verkündet, dass künftig ein Stuhl in Erinnerung an die ehemalige Landtagspräsidentin im Saal stehen wird, besetzt mit einem sozial engagierten Menschen. Dafür wurde 2024 Sonja Grabs ausgewählt. Die 45-Jährige arbeitet für den Verein "Lebenshilfe", dem Barbara Stamm eng verbunden war.
Quotenrenner des BR Fernsehens
Die "Fastnacht in Franken" wird seit 1987 ausgestrahlt. Seit den 1990er-Jahren ist die Live-Fastnacht aus Veitshöchheim die erfolgreichste Sendung im BR Fernsehen. 2023 stellte die Sendung den bisherigen Rekord auf: 3,8 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer bundesweit sahen die "Fastnacht in Franken", in Bayern verfolgten 2,3 Millionen Menschen die Sendung.
Im ersten Jahr 1987 kam "Fastnacht in Franken" noch aus dem oberfränkischen Lichtenfels, seit 1988 findet sie in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim statt.
Die Sendetermine 2024 im BR Fernsehen:
"Fastnacht in Franken" – Prunksitzung des Fastnacht-Verbands Franken:
- Freitag, 2. Februar, 19.00 Uhr (live), Samstag, 3. Februar, 20.15 Uhr (Wdh.), Faschingsdienstag, 13. Februar, 12.30 Uhr (Wdh.)
Veitshöchheim außer Rand und Band – Prominente und Narren im Fastnachtsfieber:
- Samstag, 3. Februar, 19.30 Uhr, Faschingsdienstag, 13. Februar, 12.00 Uhr (Wdh.)
Fastnacht in Franken – jung und närrisch:
- Sonntag, 11. Februar, 18.45 Uhr, Rosenmontag, 12. Februar, 11.40 Uhr (Wdh.)
Alle Fastnachtssendungen sind nach Ausstrahlung in der ARD Mediathek zu finden.
Im Video: Oberfranken unter Oberpfälzern bei der Altneihauser Feuerwehrkapell'n
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