Zwei junge Frauen in historischer Kleidung lächeln auf einem Schwarz-Weiß-Foto in die Kamera.
Bildrechte: Neue Visionen Filmverleih
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Zwei Schwestern [Emma Appleton (re.) und Stefanie Martini als Martha] entwickeln eine Maschine, die Musik aus der Zukunft empfangen kann.

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Die Zukunft retten: "Lola" ist faszinierend eigenwilliges Kino

Die Zukunft retten: "Lola" ist faszinierend eigenwilliges Kino

Während des Corona-Lockdowns hat der irische Regisseur Andrew Legge einen eigenwilligen Retro-Science-Fiction-Film gedreht. "Lola" ist eine wilde Mischung aus Zeitgeschichte und Popkultur – gefeiert auf vielen Festivals. Nun auch im Kino. Sehenswert!

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Im Keller eines Landhauses im englischen Sussex wird 2021 ein Lager mit Filmrollen entdeckt. Bei den Aufnahmen scheint es sich um einen Film zu handeln, der 1941 aufgenommen wurde. Wie ein abstraktes Gemälde beginnt dieser 16-Millimeter-Schwarz-Weiß-Film "Lola".

Zu sehen sind Bilder, die nur aus Kratzern, Schrammen und Lichtblitzen bestehen, Found Footage [Gefundenes Filmmaterial, Anm. d. Redaktion], das wohl nicht richtig belichtet wurde oder durch Überbelichtung oder falsche Lagerung so geworden ist, wie es ist – grobkörnig, zerschunden, angegriffen.

Zeitreise gefällig?

Dann taucht leinwandfüllend das Gesicht einer jungen Frau auf. Mit Dringlichkeit spricht sie in die Kamera, adressiert ihre Worte an eine "Thom", eine Frau mit dem Namen Thomasin, die sie vor der Blendung durch deren eigene Genialität warnt. Dabei sei sie noch genialer, als ihr das bewusst wäre. Und auch gefährlicher. Sie wolle ihr nun zeigen, wie man Geschichte machen und auch wieder zurückdrehen könne.

Ein Mädchen erscheint und ködert uns mit dem Angebot, wir könnten in die Zukunft schauen. Ein Zeitsprung. Das Mädchen ist nun älter, um die 20. Es erfindet eine Apparatur, mit der es möglich ist, Funkwellen aus der Zukunft zu empfangen. Am 1. Oktober 1938 schaltet die junge Frau zusammen mit ihrer Schwester Martha die Maschine erstmals an. Zu Ehren der Mama bekommt sie den Namen LOLA. Als erstes Bild aus dem Orbit der entfernten Zeit empfangen die beiden David Bowie aus dem Jahr 1969 mit seinem Song "Space Oddity". Wie ein Alien erscheint der androgyne Musiker den Zuschauerinnen mit seiner Aufmachung 1938.

Clash aus Historienfilm und Gedankenspiel

Thomasin und Martha tanzen zu Bowie, während weitere Schnipsel aus der Zukunft an ihnen vorbeiflimmern. LOLA, der Apparat, macht die Schwestern reich, denn nun lässt sich verlässlich auf die Zukunft wetten. Ein Auto wird gekauft, ein Pferd. Urlaub gemacht. Doch LOLA zeigt ihnen nicht nur zukünftige Wunder und Ereignisse, sondern auch Grauen und Krieg. Die Nazis haben Paris besetzt, sie sind dabei, die jüdische Bevölkerung auszulöschen. Überall. Und sie nehmen Großbritannien ins Visier.

An diesem Punkt hat man erst gut fünf Minuten des faszinierenden Films gesehen. Der irische Regisseur Andrew Legge spielt in "Lola" wie ein Jongleur mit Zeitebenen. Die Bilder flirren, die Handlung springt, der Film ist eher Collage als Narration, flüchtig und doch berührend, mäandernd und doch durchdringend. Ein Clash aus Historienfilm und Gedankenspiel, eine wilde Mischung aus Zeitgeschichte und Popkultur. Wie verändern sich Sitten, Sprache und Musik, wenn man sie aus der Zukunft in die Gegenwart holt?

Abgedrehte Zeitreisen-Sause

"Lola", die verrückte Was-wäre-wenn-Geschichte im Retro-Science-Fiction-Stil, wird politisch relevant, wenn die beiden Schwestern sich klar werden, dass sie mit ihrem Wissen über die Zukunft in den Zweiten Weltkrieg eingreifen können. Ein existenzielles Spiel um Leben und Tod mit einem alternativen Geschichtsverlauf beginnt.

Der nur 80-minütige Film lotet das nicht bis in alle moralischen und philosophischen Tiefen aus – "Lola" bleibt als fiktionale Versuchsanordnung zu ethisch-gesellschaftlichen Themen eine eher an oberflächlichen Phänomenen interessierte Zeitreisen-Sause. Das aber abgefahren lockend und durchaus mit gedanklichen Nachwirkungen beim Publikum: Wie kann ich mich positionieren in Zeiten des Krieges? Was kann ich als Individuum bewirken? Welche Verantwortung trage ich? Was lehrt mich eine Zeitmaschine? Gerade im Übergang von einem Jahr zum anderen stellt "Lola" wichtige Fragen im Nachdenken über den Status quo und die Möglichkeiten eines Zeitenwechsels - wenn Vergangenheit und Zukunft sich durchdringen.

"Lola" - Irland, Großbritannien 2023. 79 Minuten. Regie: Andrew Legge. Mit Emma Appleton, Stefanie Martini & Rory Fleck-Byrne. Jetzt im Kino.

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