Ein Besuch im Kindertheater Rootslöffel im Nürnberger Stadtteil Gostenhof ist wie eine Zeitreise in die 1980er-Jahre. Ein selbst bespraytes Metallschild hängt am Eingang zu dem romantischen Hinterhof. Die Bühne steht in einer alten Schreinerei. Die kleinen Zuschauerinnen und Zuschauer sitzen auf rot gestrichenen Holzbänken und sind begeistert von meist selbst geschriebenen Stücken wie "Kasper und der Müllteufel".
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Bus für die Kulissen kaputt
Seit 1982 machen die Rootslöffel Theater. Etwa 200 Auftritte haben sie im Jahr, davon die Hälfte in Schulen und Kindergärten in der Region. Der Spielbetrieb finanziert sich durch Eintrittsgelder und einen jährlichen Zuschuss der Stadt Nürnberg. Reich werden die Theatermacher dadurch nicht, kommen aber über die Runden – es sei denn, es passiert etwas. So wie kürzlich, als der Bus kaputt ging, mit dem die Truppe ihre Kulissen und Kostüme vom Lager ins Theater oder vom Theater zu den Auftritten außer Haus transportiert werden.
Theater Rootslöffel braucht Spenden für neuen Bus
Der alte Bus ist inzwischen verschrottet – Geld für einen neuen nicht da. Das Kindertheater Pfütze hat dem Kindertheater Rootslöffel derzeit einen Transporter geliehen. Doch das ist nur eine vorübergehende Lösung. "Wir sind alle selbstständig hier im Theater, wir haben auch einen kleinen Etat, um das Haus zu unterhalten", berichtet Thomas Herr. "Aber darüber hinaus ist nichts möglich. Wir könnten uns keinen Bus kaufen." Das Theater Rootslöffel bittet daher um Spenden. Sonst sei der mobile Spielbetrieb gefährdet, heißt es.
Gostner Hoftheater: Spielzeit gefährdet
Auch das Gostner Hoftheater, nicht weit vom Theater Rootslöffel entfernt, braucht dringend Spenden. Derzeit fehlten 150.000 Euro, um die aktuelle Spielzeit beenden zu können. Diese Summe sei das Minimum, das gebraucht werde, erklärt die künstlerische Leiterin Christine Haas. Gespart werden müsse trotzdem. "Wenn wir das Geld nicht zusammenbekommen, sind wir im Februar zu oder im Sommer insolvent", verdeutlicht Haas die dramatische Situation. Nach der schwierigen Corona-Zeit machen dem Theater die Inflation, die hohen Energiepreise und auch die gestiegenen Gehälter für die Beschäftigten zu schaffen, die, im Gegensatz zum Theater Rootslöffel, fest angestellt sind.
Spendenaktion nicht wiederholbar
Anfang Dezember hatte das Gostner Hoftheater Alarm geschlagen. Seitdem sei schon ein Drittel der benötigten Summe eingegangen – durch Spenden, Sponsoring und Crowdfunding, so Haas. Wiederholen lasse sich eine solche Aktion aber nicht. "Für 2025 muss etwas passieren. So eine Spendenaktion können wir nicht jedes Jahr machen."
Theater Mummpitz: Rücklagen im Februar weg
Seit einem Jahr sind die freien Bühnen in Nürnberg – das Gostner, die Kindertheater Mummpitz und Pfütze sowie das Figurentheater Salz und Pfeffer – im Gespräch mit der Stadt Nürnberg, um eine Lösung zu finden. Denn die Situation ist bei allen vier Theatern ähnlich – im Übrigen wie bei fast allen Theatern in Deutschland, egal ob groß oder klein. Auch die Bayreuther Festspiele haben angekündigt, dass sie sparen müssen, internationales Renommee hin oder her.
"Im Februar sind unsere Rücklagen aufgebraucht", sagt die künstlerische Leiterin beim Theater Mummpitz, Andrea Maria Erl, im Gespräch mit BR24. Damit stehe nicht nur das Theater vor einer ungewissen Zukunft, sondern auch das renommierte, europäisch-bayerische Kindertheater-Festival Panoptikum, das eigentlich vom 6. bis zum 11. Februar stattfinden soll.
Schulen zu Theatern: "Wir brauchen euch"
Sollte eines der freien Theater schließen müssen, wäre dies nicht nur ein schwerer Schlag für die Kultur in Nürnberg, sondern auch für viele Schulen. Denn auf der Bühne werden Themen verhandelt, die für Kinder und Jugendliche wichtig sind und die ihnen helfen, die Welt, in der sie leben zu verstehen – Freundschaft, die erste Liebe, aber auch Flucht oder Tod. In der Corona-Zeit hätten viele Lehrerinnen und Lehrer gemerkt, wie wichtig Kultur sei, "die sagen alle, wir brauchen euch", berichtet Mummpitz-Leiterin Andrea Erl. "Es wird immer als so selbstverständlich gesehen, dass es uns gibt. Aber das ist es nicht."
Im Audio: Die Geschäftsführerin des Gostner Hoftheaters, Silke Würzberger, zur angespannten Finanzlage
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