Der Wunsch, Pfarrerin zu werden, ist bei Raphaela Holzinger aus Bad Staffelstein groß. Deshalb wagt sie einen ungewöhnlichen Schritt: Sie wechselt die Konfession. Obwohl sie durch und durch katholisch aufgewachsen ist.
"Ich weiß noch gut, 1982 habe ich als Ministrantin in Bad Abbach angefangen. Und der Pfarrer hat damals bei der Predigt gesagt: Vielleicht sind das nicht nur die ersten Ministrantinnen, sondern auch die ersten Pfarrerinnen in der katholischen Kirche. Aber ich glaube, der hat nicht gedacht, dass ich evangelische Pfarrerin werde."
Ein langer Weg bis zum Religionswechsel
In Eichstätt studiert Raphaela Holzinger katholische Theologie. Sie durchläuft während und nach dem Studium die gleiche Ausbildung wie künftige Pfarrer. Nur mündet ihre Ausbildung in den Beruf der Pastoralreferentin. Das heißt: Sie darf eine Pfarrgemeinde leiten, aber keine Sakramente spenden. Für sie war das schon immer unverständlich: "Gott schuf den Menschen als Mann und Frau, als Abbild Gottes. Und da gehört die weibliche Seite genau so dazu wie die männliche. Und heute geht es für mich noch viel weiter, weil man ja nicht immer genau das Geschlecht zuordnen kann. Es soll kein Mensch ausgeschlossen sein, denn jeder ist Abbild Gottes."
Dass sie der katholischen Kirche je den Rücken kehren würde, das ist lange undenkbar für sie. "Ich bin in einem katholischen Umfeld aufgewachsen und damit groß geworden. Man wechselt den Glauben ja nicht wie die Unterwäsche." So fehlt ihr nach wie vor die starke Symbolik, die es in der katholischen Kirche gibt. Die Gesten, um den Glauben anschaulicher zu machen. Wie beispielsweise das Weihwasser, die Erinnerung an die Taufe.
Raphaela Holzinger braucht Jahre, bis sie sich entschließt, die Konfession zu wechseln. Sie führt viele Gespräche und entscheidet schließlich, dass sie ihr Talent als Theologin ganz leben will. Und das geht nur, wenn sie evangelische Pfarrerin wird. "Der große Unterschied ist, wie es in der evangelischen Kirche heißt: Ich darf die Sakramente verwalten. Ich darf taufen und ich darf das Abendmahl feiern. Gott ist derjenige, der sie spendet, und wir sind praktisch seine Handlanger hier auf Erden."
Warum dürfen Frauen in der katholischen Kirche nicht Priester werden?
Die katholische Kirche führt es darauf zurück, dass Jesus nur Männer als seine Apostel berufen hat.
Wenn man aber einen Blick in die Urkirche wirft, wie es der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler tut, dann gab es jahrhundertelang kein Problem mit Frauen. "Es war klar, dass sie Gemeinden geleitet haben, dass sie eine Führungsrolle hatten", sagt er. "Wobei es nicht um die Position oder um die Macht geht. Sondern um die Befähigung. Und der Apostel Paulus hat im Galater-Brief geschrieben: Es gibt nicht mehr Juden und Griechen. Nicht mehr Sklaven und Freiheit. Nicht mehr Frauen und Männer."
Deshalb ist für Pfarrer Schießler, genau wie für Raphaela Holzinger, die Frage: Wie kann jemand, der das Talent besitzt, das Evangelium zu verkünden, ausgeschlossen werden, weil er auf der anderen Seite der Geschlechtertabelle steht? Weil er nicht männlich, sondern weiblich ist?
Auch der Synodale Weg, die Reformbewegung der katholischen Kirche, beschäftigte sich mit dem Thema Frauenpriestertum. Papst Franziskus erteilte dem im vergangenen Jahr allerdings eine klare Absage. Denn: In anderen Teilen der Welt sei das gar kein Thema.
Mehr zum Thema "Talent: Mach was draus" in der Sendung STATIONEN in der ARD Mediathek.
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